Mal durchzählen – wie viele Kleider sind im Schrank? Foto: britta60 - stock.adobe.com/Gerda von Stroheim

Zwischen 100 und 150 Kleidungsstücke besitzt jeder Mensch in Deutschland im Schnitt. Das hat erhebliche Folgen für die Umwelt. Warum Secondhand-Shopping nicht automatisch besser ist.

Gleich vorab: Der Kleiderschrank trägt zum Klimawandel bei. Laut Daten der UN Conference on Trade and Development ist die Textilbranche für rund zehn Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich, sie verschlingt 93 Milliarden Kubikmeter Wasser im Jahr, und durch die Produktion von immer neuen Kollektionen gelangen etwa 500 000 Tonnen Mikroplastik in die Weltmeere. Was aber hat das mit dem Kleiderschrank des Einzelnen zu tun? Wer seine Shirts und Shirts mal durchzählt, dürfte staunen.

Im Schnitt besitzt jeder Mensch in Deutschland zwischen 100 und 150 Kleidungsstücke, sagt Jochen Strähle, Professor an der Texoversum Fakultät Textil der Hochschule Reutlingen. Problematisch wird das Ganze, weil in Deutschland pro Kopf rund 1000 Euro im Jahr für neue Anziehsachen ausgegeben werden. „Wir triggern das System durch unseren Konsumhunger“, sagt der Experte. Aber auch durch den Geschmack, der sich etwa alle zwei, drei Jahre ändere. Dann ist das Lieblingsstück „old fashion“ und schafft es nicht mehr ans Tageslicht oder wird gar weggeworfen.

Global werden 100 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr produziert

Wie viele Kleidungsstücke es auf der Erde gibt, wisse keiner genau, sagt Strähle. Aussagen wie die, dass man die Erde dreimal mit den vorhandenen Textilen einwickeln könne, seien reine Mutmaßungen. „Man schätzt da vor sich hin.“ Man gehe aber davon aus, dass global rund 100 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr produziert werden. Er gibt zu bedenken: „Unsere Konsummenge funktioniert nur, weil die Kosten externalisiert werden.“ Er meint: Weil die Menschen in den Herstellerländern ein Bruchteil der hiesigen Löhne erhalten. Ist es denn vor dem Hintergrund dieser Zahlen nachhaltiger, Mode aus zweiter Hand zu kaufen?

Nein, sagt Strähle. Nachhaltiger wäre der Kleiderkauf aus zweiter Hand nur dann, wenn der Kunde unter dem Strich auch nur genauso viel oder weniger kaufen würde. Wenn er also das eingesparte Geld nicht in weitere Kleidungsstücke investiere, sondern in etwas Sinnvolles oder etwas Umweltfreundliches. Dass sich eine relevante Mehrheit in diese Richtung bewege, „da habe ich derzeit kurzfristig keine große Hoffnung“, sagt Strähle. Anderes legt eine Studie der Umweltorganisation Greenpeace nahe: Demnach seien zwei Drittel der Leute in Deutschland bereit, weniger Kleider zu kaufen. Laut Strähle sei es nötig, dass Kinder bereits in der Schule lernen, welche Folgen Kleidershopping habe, da passiere bisher zu wenig, findet er.