Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) arbeitet mit Hochdruck an einem Gesetzentwurf für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Koalition nimmt die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Angriff: Eine Einbürgerung soll bereits nach fünf Jahren möglich werden, bisher sind es acht. Auch ein Leben mit mehreren Pässen wird gestattet.

Die von der Berliner Ampelkoalition geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts nimmt konkrete Formen an. Der Gesetzentwurf dazu sei „so gut wie fertig“ und werde in Kürze in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben, teilte ein Sprecher von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag mit. „Diese Bundesregierung sieht Deutschland als vielfältiges Einwanderungsland an.“

Mit der Reform soll die Einbürgerung hier lebender Ausländer deutlich vereinfacht werden. Es handelt sich um ein zentrales gesellschaftspolitisches Vorhaben von SPD, Grünen und FDP. Dieses wird ergänzt durch weitere Projekte im Bereich Migration und Zuwanderung. So ist etwa auch geplant, die Hürden für den Zuzug ausländischer Fachkräfte deutlich zu senken.

„Noch aus der Kaiserzeit“

Die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat sagte unserer Redaktion, es gehe bei der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts darum „endlich der Lebensrealität vieler Menschen in unserem Land“ gerecht zu werden. Unter anderem werde der „noch aus der Kaiserzeit stammende, völlig überkommene Fokus auf das Abstammungsprinzip durch eine Ausweitung des Geburtsortsprinzips“ ergänzt. Der CDU-Innenpolitiker Thorsten Frei hingegen warnte in der Bild-Zeitung davor, deutsche Pässe zur „Ramschware“ zu machen.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien im vergangenen Jahr die nun geplante Reform bereits detailliert vorgezeichnet. So soll nicht nur der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtert, sondern auch eine Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglicht werden. Bislang sind dafür enge Grenzen gesetzt. „Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll nach drei Jahren erworben werden können“, heißt es im Koalitionsvertrag. Bislang können Ausländer, die sich einbürgern lassen wollen, das erst tun, wenn sie sich seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Sie müssen dafür in der Regel auch ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben, wobei es aber Ausnahmen gibt.

Im Koalitionsvertrag ist auch vereinbart, dass in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern mit ihrer Geburt automatisch deutsche Staatsbürger werden sollen, sofern ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Land hat. Auch hier gilt bislang eine Frist von acht Jahren.

Anerkennung für Gastarbeiter

Auch die Einbürgerung von Angehörigen der so genannten „Gastarbeitergeneration“ will die Koalition erleichtern – also etwa von Menschen, die in den 1960er und 1970er Jahren aus der Türkei, Griechenland oder Italien nach Deutschland gekommen sind. „In Anerkennung ihrer Lebensleistung“ und angesichts des Umstands, dass die Integration dieser Gruppe lange Zeit nicht unterstützt worden sei, will die Koalition hier „das nachzuweisende Sprachniveau senken“. Weiter heißt es im Koalitionsvertrag, das Einbürgerungserfordernis der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ werde „durch klare Kriterien“ ersetzt.

Die letzte größere Reform des Staatsangehörigkeitsrechts liegt acht Jahre zurück. Bis 2014 mussten sich unter anderem Kinder ausländischer Eltern, die die Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland erworben hatten, mit Erreichen der Volljährigkeit zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Diese so genannte Optionspflicht fiel für diejenigen Betroffenen weg, die in Deutschland aufgewachsen sind.

Das Geburtsortsprinzip gilt für Kinder ausländischer Eltern hierzulande ohnehin erst seit dem Jahr 2000. Bis dahin galt ausschließlich das Abstammungsprinzip: Deutscher war nur, wer mindestens ein deutsches Elternteil hat. Dies änderte ehedem die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Sie stieß damals aber auf erbitterten Widerstand der Union, die unter anderem mit Unterschriftenaktionen gegen die doppelte Staatsangehörigkeit Wähler mobilisierte.