Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs, das sich inmitten eines galaktischen Nebels befindet. Foto: Imago/Depositphotos

Stürzt das Universum in ferner Zukunft in sich zusammen? Oder wird es von der Dunklen Energie zerrissen? Ein Forschungsprojekt soll nun die Zukunft des Weltalls klären. Ein Überblick über die aktuell diskutierten kosmologischen Szenarien.

Die Dunkle Energie ist die dominierende Macht im Kosmos und bestimmt über sein Schicksal. Wie genau dieses aussieht, soll ein gewaltiges Forschungsprojekt nun herausfinden. Sicher ist nur eins: Die Zukunft dürfte sehr düster werden.

Die Idee könnte von George Lucas, dem Schöpfer von „Star Wars“, stammen: Dunkle Mächte beherrschen unser Universum. Alles, was wir mit unseren Sinnen erfassen – die uns vertraute Welt, von Lebewesen über Planeten hin zu Sternen und Galaxien – macht nur fünf Prozent des Universums aus.

Kosmisches Meer aus Dunkler Materie und Dunkler Energie

Diese Welt ist nichts als Schaum auf einem kosmischen Meer aus Dunkler Materie und Dunkler Energie. Während die Dunkle Materie den Kosmos zusammenhält, treibt die Dunkle Energie ihn auseinander.

Noch wissen Forscher nicht, welche der beiden Mächte einst die Oberhand gewinnt. Doch ein gewaltiges Forschungsprojekt bringt sie der Zukunft des Universums näher: DESI – „Dark Energy Spectroscopic Instrument“ – lieferte erste, wenn auch noch schwache, Hinweise darauf, dass die Dunkle Energie an Kraft verliert.

Supermassives Schwarzes Loch im Weltraum. Foto: Imago/Panthermedia

Dunkle Energie

Entwicklung des Universums. Foto: Imago/© Carlos Clarivan/ Science Photo Library

Kommen und Gehen des Universums

Die Grafik zeigt, wie sich das Universum entwickelt hat und wie es weitergehen könnte: Auf den Urknall (1.) vor rund 13,8 Milliarden Jahren folgte eine Zeit rascher Ausdehnung (2.). Auch im derzeitigen Zustand (3.) expandiert das Weltall.

Radikal unterscheiden sich die Szenarien von der Zukunft des Universums:

  • Beim Big Freeze (4./5.) expandiert der Kosmos unendlich lange. Materie und Energie verdünnen sich, die Temperatur nähert sich dem absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius an.
  • Beim Big Rip (6 .) dehnt sich das Universum immer schneller aus und zerreißt schließlich jegliche zusammenhängende Materie.
  • Der Big Crunch (7.) tritt ein, falls die Gravitation die Expansion bezwingt. Dann fällt das Universum wieder in sich zusammen.

Was umfasst die Dunkle Materie?

Die Dunkle Materie gehört zu den größten Rätseln der modernen Physik. Sie ist nicht sichtbar und wurde noch nie direkt beobachtet. Allerdings wissen die Forscher, dass sie da ist. Denn sie macht sich über ihre Schwerkraft bemerkbar. Ohne die zusätzliche Schwerkraft der Dunklen Materie würden beispielsweise viele Galaxien durch die Fliehkraft auseinander gerissen werden, da sie sich viel zu schnell drehen.

Alle Sterne in unserer Galaxie, der Milchstraße, zusammengenommen machen nur nur etwa 15 Prozent der (sichtbaren) Masse aus. Der Rest – rund 85 Prozent – ist Dunkle Materie. Im Universum gibt es mehr Schwerkraft, als auf Grundlage der sichtbaren Teile angenommen würde, erklärt der französische Astrophysiker David Elbaz.

„Die Sonne dreht sich mit einer so hohen Geschwindigkeit um das Zentrum der Milchstraße, dass sie aus der Galaxie ausbrechen sollte. Und wenn sie nicht ausbricht, heißt das, dass sie von einer anderen Masse, die wir nicht sehen, angezogen wird“, so Elbaz weiter. Das sei die dunkle Materie. Dunkle Energie hingegen beschreibe eine Art Anti-Schwerkraft, durch die Galaxien sich abzustoßen scheinen.

Spurensuche nach der Dunklen Energie

Die Geschichte der Dunklen Energie beginnt bereits 1917. Der Physiker Albert Einstein (1879-1955) hatte gerade seine Allgemeine Relativitätstheorie entwickelt und auf das Universum angewendet - allerdings nicht so erfolgreich, wie er erhofft hatte: In seiner Theorie dehnte sich der Kosmos stets entweder aus oder zog sich zusammen.

Zu jener Zeit galt es jedoch als selbstverständlich, dass das Universum unveränderlich wäre. So führte Einstein eine zusätzliche Größe in seine Theorie ein: die sogenannte Kosmologische Konstante - eine dem Weltraum innewohnende Energie, die den Kosmos stabilisieren sollte.

3D-Karte unseres Universums: Die Erde befindet sich in der Mitte - in dem vergrößerten Ausschnitt ist die Struktur der Materie in unserem Universum gut zu erkennen. Foto: dpa/Claire Lamman/DESI/custom colormap package by cmastro

Einsteins „größte Eselei“?

Doch der Kosmos ist nicht unveränderlich, wie sich bald zeigte: Je weiter Galaxien von uns entfernt sind, desto schneller scheinen sie sich von uns fortzubewegen. Tatsächlich bewegen sich die Galaxien nicht, sondern es ist der Weltraum, der sich ausdehnt. So, wie es die Allgemeine Relativitätstheorie ursprünglich gezeigt hatte.

Die Kosmologische Konstante schien also überflüssig und wurde von Einstein als „größte Eselei“ seines Lebens bezeichnet. Zu früh, wie sich jedoch erst lange nach seinem Tod zeigen sollte: In den 1990er Jahren erlebte die Kosmologische Konstante als Dunkle Energie ihre Renaissance.

Big Bang: Geburtsstunde des Universums

Zunächst mussten sich nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Öffentlichkeit an das neue Weltbild gewöhnen. Verfolgt man die Expansion des Kosmos rückwärts, gelangt man zu einem extrem dichten und heißen Anfangszustand.

Eine solche Erschaffung des Kosmos erschien manchen Forschern eher religiös als wissenschaftlich. Spöttisch bezeichnete etwa der britische Astrophysiker Fred Hoyle diesen Urzustand als „Big Bang“, als großen Knall, woraus dann auf Deutsch treffender der Urknall wurde.

Entwicklungsstadien des Universums. Foto: Nasa/WMAP

Astronomen weisen neue Art Schwarzer Löcher nach

Dieser Urknall fand, wie moderne Messungen zeigen, vor 13,8 Milliarden Jahren statt. Aber was löste den Urknall aus? Gab es überhaupt ein Vorher? Diese Fragen sind bis heute unbeantwortet und immer noch Gegenstand moderner Forschung.

Zunächst plagte die Astronomen jedoch ein anderes Problem: Alle untersuchten Galaxien drehen sich viel zu schnell. Und in Galaxienhaufen, Ansammlungen aus Hunderten oder gar Tausenden von Galaxien, bewegen sich diese Sterneninseln mit viel zu hoher Geschwindigkeit. Allein die Schwerkraft der sichtbaren Materie kann weder Galaxien noch Galaxienhaufen zusammenhalten. Sie müssten auseinanderfliegen.

Künstlerische Darstellung von Gravitationswellen im Weltall. Foto: Imago/Depositphotos

Kosmologische Rolle der Dunklen Materie

Es muss also eine zusätzliche Substanz geben, Dunkle Materie genannt, die mit ihrer Anziehungskraft für Stabilität sorgt. Und nicht wenig davon: gut fünfmal so viel wie gewöhnliche Materie. Forscher vermuten, dass es sich bei der Dunklen Materie um bislang unbekannte Elementarteilchen handelt. Zwar bieten physikalische Theorien Spielraum für die Existenz solcher Teilchen, bislang blieb die Suche jedoch erfolglos.

Die Hypothese der Dunklen Materie änderte jedoch nichts am kosmologischen Weltbild: Die Expansion des Weltalls würde, so waren sich Forscher sicher, durch die Anziehungskraft der gesamten Materie im Kosmos langsam abgebremst. Vielleicht kommt sie irgendwann zum Stillstand - oder kehrt sich gar um zu einer Kontraktion. Weitere Messungen an fernen Galaxien sollten diese Frage beantworten.

Was hinter dem Mysterium der Dunklen Energie steckt

Doch dann kam der Schock: Bei ihren Versuchen, die Expansion des Kosmos mithilfe von Supernovae genau zu vermessen, stießen zwei Forscherteams in den 1990er Jahren unabhängig voneinander auf ein unerwartetes Ergebnis: Die Expansion verlangsamt sich keineswegs wie erwartet. Im Gegenteil: Sie beschleunigt sich sogar.

Die Leiter der beiden Forscherteams – die US-Physiker Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess – erhielten 2011 gemeinsam den Physik-Nobelpreis für ihre Entdeckung.

Wohin geht die Expansion des Kosmos?

Aber was treibt die Beschleunigung der Expansion an? Forscher folgerten, dass dem Raum eine eigene Energie innewohnt. Dehnt sich der Raum aus, so nimmt diese Energie zu, wodurch sich der Raum noch schneller ausdehnt.

Der US-Astrophysiker Michael Turner prägte für das mysteriöse Phänomen den Begriff Dunkle Energie. Damit kam die vermeintliche „Eselei“ Einsteins, eine zusätzliche Größe in die Relativitätstheorie einzuführen, erneut zu Ehren. Diese Dunkle Energie ist die dominierende Macht im Kosmos: Sie macht 69 Prozent seines gesamten Inhalts aus Materie und Energie aus.

Was ist die Dunkle Energie?

Hier tappen Physiker nach wie vor im sprichwörtlichen Dunkeln. Es könnte – wie ursprünglich von Einstein angenommen – eine konstante Energie des Raums sein. Oder die Dunkle Energie könnte sich zeitlich verändern, zunehmen oder abnehmen. Nur eines ist sicher: Die Zukunft unseres Universums hängt von der Dunklen Energie ab.

Die beschleunigte Expansion führt dazu, dass der mit Teleskopen beobachtbare Teil des Kosmos immer kleiner wird. Denn die Abstände zu weiter entfernten Galaxien wachsen schließlich so schnell an, dass uns deren Licht niemals erreichen kann.

Das Unsichtbare sichtbar machen: Künstlerische Darstellung von Energieströmen im All. Foto: Imago/Depositphotos

Zukunft des Universums: Hightech soll Rätsel lösen

Unsere Milchstraße und das Sonnensystem würden allerdings durch die Schwerkraft zusammengehalten und nicht durch die Dunkle Energie auseinandergetrieben werden. Jedenfalls, wenn die Dunkle Energie immer gleich stark bleibt. Nimmt sie jedoch zu, könnte die immer rasanter verlaufende Expansion in ferner Zukunft auch Galaxien, unser Sonnensystem und sogar Atome zerreißen.

Hier kommt DESI, das Dark Energy Spectroscopic Instrument, ins Spiel. Mit diesem Instrument möchten Astrophysiker herausfinden, was die Dunkle Energie ist und wie die Zukunft des Kosmos aussieht. Das am vier Meter großen Mayall-Teleskop an der Sternwarte Kitt Peak in Arizona installierte Gerät liefert jeden Monat präzise Daten von über einer Million Galaxien.

Strukturen der Unendlichkeit

Anhand dieser Beobachtungen rekonstruieren Himmelsforscher die großräumige Struktur des Universums, die Anordnung von Galaxien und Galaxienhaufen entlang filamentartiger Strukturen, die große, nahezu leere Regionen umhüllen.

Diese Strukturen gehen auf kleine Schwankungen in der heißen Materie des Urknalls zurück. Deshalb können die Wissenschaftler aus ihnen herauslesen, woraus der Kosmos besteht und wie sich die einzelnen Bestandteile im Laufe der Zeit verändern.

Über 900 Wissenschaftler aus 70 Ländern arbeiten derzeit an dem gewaltigen Vorhaben, das über fünf Jahre läuft. Unlängst hat das DESI-Team die Daten des ersten Beobachtungsjahres veröffentlicht.

Abstrahierende Darstellung zweier Schwarzer Löcher mit Sternennebel. Foto: Imago/Depositphotos

Nimmt die Dunkle Energie wieder ab?

„Diese Daten bestätigen zunächst mit großer Genauigkeit unser bisheriges Wissen über den Kosmos“, erklärt DESI-Direktor Michael Levi. „Aber wir sehen auch einige möglicherweise interessante Abweichungen. Sie könnten ein Hinweis darauf sein, dass sich die Dunkle Energie verändert.“

Das Observatorium mit hinein retuschierten DESI-Instrument. Foto: Lawrence Berkeley National Lab/KPNO/NOIRLab/NSF/AURA

Möglicherweise ist die Dunkle Energie im heutigen Kosmos geringer als in früheren Zeiten. Doch Levi bleibt vorsichtig: „Diese Abweichungen können, wenn wir mehr Daten haben, entweder bestehen bleiben oder verschwinden.“

Es gilt also abzuwarten, was DESI in den kommenden Jahren an Daten liefert. Vielleicht nimmt die Dunkle Energie tatsächlich ab, und die Schwerkraft dominiert irgendwann die Entwicklung des Universums. So könnte die Expansion zum Stillstand kommen. Möglicherweise stürzt der Kosmos dann auch wieder zusammen. Zurück zu einem dichten Urzustand, aus dem vielleicht ein neues Universum hervorgeht.

Info: Das Weltall – Szenarien des Untergangs

Big Crunch
Der Big Crunch (englisch: Das große Zusammenkrachen) ist in der Kosmologie – ein theoretisches zeitliches Ende des Universums. Dabei kollabiert das Universum unter der Wirkung der Gravitationskraft immer stärker, bis es schließlich in einem umgekehrtem Urknall (Big Crunch) endet und völlig verschwindet. Welches der drei hypothetischen Modelle eintritt, hängt von der Dichte der Dunklen Materie ab, die sich im Universum befindet. Die momentane Datenlage deutet auf eine ewige Expansion des Universums hin.

Big Rip
Der Big Rip (englisch: Das große Zerreißen) ist in der Kosmologie eine der drei meistdiskutierten Hypothesen vom Ende des Universums. Dabei nimmt die Expansionsrate immer schneller zu und kulminiert schließlich in einem Big Rip genannten singulären Ereignis. Das Universum zerreißt demnach von den größten zu den kleinsten Strukturen. Zuerst betrifft dieser Vorgang Galaxienhaufen, dann Galaxien, dann Planetensysteme, dann Planeten, Atome und letztlich Elementarteilchen. Verursacht werden soll die steigende Expansionsrate durch eine Zunahme der Dichte der Phantomenergie, einer Form Dunkler Energie.

Big Freeze
Der Big Freeze (englisch: Das große Einfrieren), auch als Big Chill (Die große Kühle) oder Big Whimper (Das große Wimmern) bezeichnet, ist eine Hypothese der Kosmologie über die Entwicklung des Universums. Aktuelle Beobachtungen weisen darauf hin, dass die Expansion des Universums unendlich fortdauern wird. In diesem Fall wird das Universum umso kühler, je mehr es sich ausdehnt, und die Temperatur nähert sich mit der Zeit asymptotisch dem absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius. Die Bezeichnung Big Freeze bzw. Big Chill rührt von dieser Kühle her.

Big Splat
Einer weiteren Theorie zufolge existiert das Universum auf einer vierdimensionalen Membran, die sich durch einen Raum mit noch mehr Dimensionen bewegt. Stößt die Membran mit einer anderen zusammen, löst der Aufprall (englisch: Splat/Klatsch) ein dramatisches Geschehen aus: Das bestehende Universum stürzt in einem Big Crunch in sich zusammen. Daraus folgt ein Urknall, der ein neues Universum gebiert. Dieses Szenario geht davon aus, dass sich Phasen des Entstehens und Vergehens in einem zyklischen Universum fortlaufend und unendlich abwechseln.