Das Notfallkoordinationszentrum (CCE) hatte die Regenwarnstufe an der gesamten Küste und im Landesinneren nördlich von Valencia, wo die Warnstufe Orange galt, auf Rot erhöht. Foto: dpa/Jorge Gil

Nach den heftigen Regenfällen in weiten Teilen Spaniens finden Rettungskräfte die ersten Leichen. Weitere Menschen werden noch vermisst. Besonders schlimm ist die Lage in beliebten Touristengebieten.

Die schweren Unwetter in Spanien mit Extrem-Regen und Überschwemmungen haben mindestens 72 Menschen das Leben gekostet. Nach den heftigen Unwettern in weiten Teilen Spaniens steigt die Zahl der Toten weiter. Alleine in der Mittelmeerregion Valencia kamen vorläufigen Angaben zufolge mindestens 70 Menschen ums Leben, wie der spanische Staatssender RTVE unter Berufung auf die Behörden berichtete. Allein in Paiporta könnte es Dutzende Tote geben, erklärte Bürgermeisterin Maribel Albalat gegenüber Medien. Zwei weitere Leichen wurden in der Region Kastilien-La Mancha gefunden.

Dutzende Menschen galten als vermisst. Vielerorts konnten Rettungskräfte aufgrund überschwemmterDutzende Menschen galten als vermisst. Vielerorts konnten Rettungskräfte aufgrund überschwemmter oder anderweitig blockierter Straßen nicht mit Fahrzeugen zu Einsatzorten vordringen. Aus Rücksicht auf die Angehörigen waren zunächst keine genauen Opferzahlen bekanntgegeben worden, bevor es dann erste Schätzungen gab.

Unwetter-Drama in Valencia

Extrem ist die Lage in den bei Urlaubern beliebten Mittelmeerregionen Andalusien, Murcia und Valencia. Dort wurden vielerorts Straßen, Häuser und Felder überflutet, Autos und Bäume von den Wassermassen mitgerissen. In einigen Gebieten waren Anwohner in ihren Häusern eingeschlossen und setzten über soziale Medien Notrufe ab, wie die Zeitung „El País“ berichtete.

Medienberichten zufolge gelten die Unwetterwarnungen inzwischen für 10 der insgesamt 17 autonomen Gemeinschaften des Landes. Neben heftigen Regenfällen gab es auch Hagel und starke Windböen, wie der Wetterdienst Aemet mitteilte. Flüsse traten über die Ufer, überschwemmten Siedlungen und Felder. Auch Mallorca und die Nachbarinseln waren Anfang der Woche betroffen. Dort hat sich die Lage aber inzwischen etwas beruhigt.

Unwetter von Mallorca bis Andalusien

Am Dienstag waren starke Regenfälle auf Ost- und Südspanien niedergegangen, hatten Straßen mit schlammigen Wassermassen geflutet und den Flug- sowie Zugverkehr beeinträchtigt. In in einigen Gegenden fiel nach spanischen Medienberichten an einem einzigen Tag mehr als die sonst in einem Monat übliche Niederschlagsmenge. Es handele sich um eine „noch nie dagewesene Situation“, hieß es.

In der Ortschaft Letur in der östlichen Provinz Albacete würden Einsatzkräfte die ganze Nacht über mit Drohnen nach sechs Vermissten suchen, sagte die Vertreterin der Zentralregierung in der Region Kastilien-La Mancha, Milagros Tolón, am Dienstag dem spanischen Rundfunk TVE. „Die Priorität ist, diese Menschen zu finden.“

In L’Alcudia in der östlichen Region Valencia suchte die Polizei unterdessen nach eigenen Angaben nach einem Lastwagenfahrer, der seit Dienstagnachmittag vermisst wird.


Unwetter-Krisenstab in Spanien

Die spanische Regierung in Madrid richtete einen Krisenstab ein, der am späten Dienstagabend erstmals zusammenkam, um über die Reaktion auf das Unwetter zu beraten. Madrid hat eine auf Rettungseinsätze spezialisierte Militäreinheit nach Valencia entsandt, um die örtlichen Dienste zu unterstützen.

„Ich verfolge mit Sorge die Berichte über vermisste Personen und die Schäden, die der Sturm in den letzten Stunden verursacht hat“, erklärte der spanische Regierungschef Pedro Sánchez im Onlinedienst X und rief die Bevölkerung auf, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. „Seien Sie sehr vorsichtig und vermeiden Sie unnötige Fahrten.“

Unwetter stoppt Spanien-Flüge und AVE-Zug

Wegen der starken Regenfälle und Winde seien zwölf Flüge, die auf dem Flughafen Valencia landen sollten, in andere spanische Städte umgeleitet worden, erklärte der spanische Flughafenbetreiber Aena. Weitere zehn Starts und Landungen seien gestrichen worden.

Für Mittwoch seien der Schulunterricht sowie alle Sportveranstaltungen abgesagt worden, teilte das Rathaus von Valencia mit. Auch die Parks blieben geschlossen. Der nationale Bahnbetreiber ADIF erklärte, der gesamte Zugverkehr in der Region Valencia sei eingestellt, bis sich die Lage normalisiert habe. Zudem würden die AVE-Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Madrid und der Stadt Valencia bis „mindestens“ 10.00 Uhr am Mittwoch gestrichen.

Wo waren die Überschwemmungen in Spanien am schlimmsten? Foto: StZN/dpa/Locke

Unwetter-Regionen in Spanien

  • Mallorca
  • Ibiza
  • Formentera
  • Valencia
  • Andalusien
  • Murcia
  • Kastilien-La Mancha

Hubschrauber-Einsatz bei Unwetter in Spanien

In Alora in der südlichen Region Andalusien retteten Einsatzkräfte mit Hubschraubern Menschen aus Autos und Häusern, nachdem ein Fluss über die Ufer getreten war. In Andalusien entgleiste nach Angaben der Regionalregierung auch ein Hochgeschwindigkeitszug mit 276 Passagieren, verletzt wurde niemand.

Der staatliche Wetterdienst AEMET rief für die Region Valencia die Alarmstufe Rot und für Teile Andalusiens die zweithöchste Alarmstufe aus. In beiden Regionen waren mehrere Straßen wegen Überschwemmungen blockiert.


„Kalter Tropfen“ bringt Unwetter in Spanien

Die Regenfälle sollen mindestens bis Donnerstag anhalten. Auslöser des Unwetters war nach Angaben von Meteorologen kalte Luft, die über das warme Wasser des Mittelmeers zog und Regenwolken entstehen ließ. Das Phänomen ist auch als „Gota Fría“ (Kalter Tropfen) bekannt und tritt regelmäßig beim Übergang vom Sommer zum Herbst auf. Der wissenschaftliche Name ist „DANA“ (Depresión aislada en niveles altos, zu Deutsch „isoliertes Höhentief“). Der staatliche Wetterdienst Aemet in Valencia sprach in einer ersten Bilanz von einem „historischen Unwetter“. Es habe sich um den schlimmsten „Kalten Tropfen“ (gota fría) dieses Jahrhunderts in der Region Valencia gehandelt, schrieb Aemet auf X.