Europameister André Thieme stürzt spektakulär aus dem Sattel seiner Stute Chakaria. Foto: imago/Stefan Lafrentz

Bundestrainer Otto Becker und seine Equipe bleiben bei den Weltmeisterschaften im dänischen Herning ohne Medaille und schaffen nur mit Mühe die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

Als Christian Ahlmann vor diesen Weltmeisterschaften im dänischen Herning gefragt wurde, wen er für den Favoriten hält, antwortete er ohne Zögern: „Henrik von Eckermann. Sein Pferd King Edward springt seit Wochen in bestechender Form.“ Genau das tat der zwölfjährige Wallach, als es am Sonntag um das Finale der 20. Einzel-WM der Springreiter ging. Am Ende der zwei schweren Parcours triumphierte der 41-jährige Ex-Schüler und Chefbereiter von Ludger Beerbaum in Riesenbeck – mit nur 0,58 Strafpunkten ist er Schwedens erster Weltmeister im Springreiten.

Eckermann baut führende Position aus

Eckermann, der vor einem Jahr in Tokio mit dem schwedischen Team die Goldmedaille geholt hatte und in der Nacht zum Samstag das WM-Gold, hatte Tränen in den Augen: „Mein Pferd, das ich von meiner Frau übernommen habe, ist für mich das beste der Welt. Was dieser Wallach im Parcours leistet, ist unglaublich.“ Eckermann hat seine Position als Nummer eins der Weltrangliste unterstrichen und ausgebaut. Silber und Bronze gingen an den Belgier Jerome Guery auf Hus (3,35 Strafpunkte) und den Niederländer Maikel van der Vleuten auf Beauville (5,96).

Ohne Euphorie, aber halbwegs versöhnlich war der Abschluss für die deutsche Equipe. Die Leistungen des von Bundestrainer Otto Becker nominierten Quartetts über die WM-Woche mit ihren fünf schweren Parcours waren schwankend gewesen: „Wir hatten uns viel vorgenommen, aber der Sturz von André Thieme war bitter für uns. Ich bin am Ende froh, dass wir mit dem fünften Platz in der Teamwertung unser Minimalziel erreicht haben: die wichtige Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.“

Thieme stürzt, Ahlmann verzichtet, Wargers freut sich

Europameister André Thieme war in der Nacht zum Samstag beim Teamfinale bereits am dritten Hindernis von seiner Stute Chakaria spektakulär aus dem Sattel katapultiert worden: „Alles ging in Bruchteilen einer Sekunde. Meine Stute ist mit ihrem enormen Springvermögen so steil in die Höhe gesprungen, dass ich mich nicht mehr im Sattel halten konnte. Für unsere Mannschaft tut mir das sehr leid.“ Thieme und Chakaria blieben unverletzt, schieden aber aus.

Im Einzel-Finale, zu dem statt der möglichen 25 nur 21 Reiter antraten, standen zwei Deutsche, nachdem Christian Ahlmann zur Schonung seines Hengstes Dominator verzichtet hatte: Jana Wargers, die für die Ashford Farm im belgischen Bocholt reitet, mit ihrem von Ralf Pawlowski in Heidenheim gezüchteten zwölfjährigen Holsteiner Wallach Limbridge sowie Marcus Ehning aus Borken mit seinem elfjährigen Oldenburger Hengst Stargold. Wargers hatte nur einen Abwurf in zwei Runden, was ihr den neunten Rang einbrachte: „Es war der Wahnsinn. Mein Pferd bleibt unverkäuflich, obwohl man bereits drei Millionen Euro geboten hat.“

Altmeister Ehning, der bei seiner sechsten WM-Teilnahme noch den fünften Platz erkämpft hatte, strahlte: „Ich bin stolz auf meinen Hengst, ich glaube, wir haben die Nominierung gerechtfertigt. Heute war ich müder als er.“ Bundestrainer Otto Becker lobte: „Das gute Abschneiden von Jana und Marcus ist aus meiner Sicht ein versöhnlicher Abschluss. Ich bin stolz auf meine Truppe. Wir müssen weiter konzentriert mit den Pferden arbeiten, um 2024 in Paris mal wieder eine Medaille zu gewinnen.“

Auf den Bundestrainer wartet eine kritische Bilanz

Nach dieser Springreiter-WM, bei der das deutsche Quartett so schwach abgeschnitten hat wie zuletzt 1986, wird es wohl zu einer kritischen Bilanz kommen: Janne Friederike Meyer-Zimmermann, die vom Bundestrainer nur als Reserve berufen war, hat Kritik geübt – sie war der Ansicht, nach ihren Vorleistungen einen Startplatz verdient gehabt zu haben. Auch Gerrit Nieberg, der vor kurzem sensationell den Großen Preis von Aachen gewann, war enttäuscht, von Becker nicht berufen zu werden. Der Bundestrainer sagte dazu: „Unsere Nominierung war besonders schwierig, denn wir haben gegenwärtig acht Reiter, die einen WM-Start verdient gehabt hätten.“ Der nächste Test sind das Finale zum Nationscup im September in Barcelona und die EM 2023 in Mailand.