Keine Chance für den marokkanischen Torwart Bono: Theo Hernández zieht ab und trifft zum frühen 1:0 für Frankreich. Foto: imago/

Am Erfolgsrezept der Franzosen hat sich seit dem Titelgewinn von 2018 nicht viel geändert. Dabei geht es nicht nur um individuelle Stärken einzelner Spieler.

Emmanuel Macron eilte nach dem Abpfiff in die Kabine. Der französische Staatspräsident wollte sich die Party in den Umkleideräumen des Al-Bayt-Stadions offenbar nicht entgehen lassen. Er nutzte seinen Besuch, um den einen oder anderen Plausch zu führen und die Nationalmannschaft auf den Titelgewinn einzuschwören. „Merci, les Bleus! Jetzt den Pokal!“, twitterte Macron nach dem 2:0 im Halbfinale gegen Marokko.

Auch mit Trainer Didier Deschamps hat der Staatspräsident gesprochen. Worüber, das wollte der Coach nicht verraten. „Es bleibt unter uns“, sagte Deschamps. Der 54-Jährige steht zum zweiten Mal in Folge mit Frankreich im Endspiel einer Fußball-WM. Vor vier Jahren in Russland schlug die Equipe Tricolore Kroatien mit 4:2 und holte den Titel.

Frankreich gegen Argentinien – ein Traumfinale für viele

Nun geht es gegen Argentinien und Superstar Lionel Messi. Es ist ohne Zweifel ein Traumfinale, das da am Sonntag (16 Uhr/ARD) im 90 000 Zuschauer fassenden Lusail-Iconic-Stadion steigt. Frankreich könnte sich erneut die Krone aufsetzen. Sollte es so laufen wie bisher.

Ihre Gegner an die Wand gespielt hat die Deschamps-Elf während der Endrunde in Katar nicht. Im Gegenteil: Im Viertelfinale gegen England (2:1) und im Halbfinale gegen Marokko (2:0) war es vielmehr ein Ritt auf der Rasierklinge. Jeweils mit dem besseren Ende für den Titelverteidiger, der sein Erfolgsrezept trotz einiger personeller Änderungen im Vergleich zur Weltmeisterschaft 2018 nicht sonderlich geändert hat.

Dann heißt es warten auf die Fehler des Gegners

Den Ball überlassen die pragmatischen Franzosen gerne mal dem Gegner. Man zieht sich zurück, vertraut mit einer Seelenruhe auf die defensive Stärke, auf seine Balleroberer im Mittelfeld wie Aurelien Tchouameni und den einmal mehr überzeugenden Antoine Griezmann.

Dann gilt es zu warten auf die Fehler des Kontrahenten, die die Equipe diesem in der Regel nicht verzeiht. Engländer und Marokkaner wurden mit schnellen Angriffen über die Außen überrumpelt, auf denen wiederum in Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé zwei Sprinter im TGV-Tempo unterwegs sind.

Gerade noch mal gut gegangen, sagen die einen. Trainer Didier Deschamps wählte eine andere Formulierung. Er sollte nach dem Sieg gegen das Überraschungsteam aus Marokko von einem „gewaltigen Match“ und „Sieg der Qualität und Erfahrung“ sprechen. Doch es war genau genommen ein Spiel mit dem Feuer. In der zweiten Halbzeit wackelte die Führung des Favoriten bedenklich. Die Marokkaner kamen mächtig auf, der Ausgleich lag in der Luft.

In der Schlussphase schlug Frankreich eiskalt zu

Bis Frankreich in der Schlussphase auch dank kluger Wechsel eiskalt zuschlug. Den Ausschlag gab – mal wieder – die individuelle Klasse von Ausnahmeangreifer Kylian Mbappé. Er zog bei einem Dribbling mehrere Gegenspieler auf sich. Sein etwas verunglückter Schuss landete bei Kolo Muani. Der Stürmer von Eintracht Frankfurt war erst wenige Minuten auf dem Feld und schob den Ball über die Linie. 2:0, das Spiel war entschieden, starke Nordafrikaner waren geschlagen.

Erfahrung, Qualität und Effizienz dürften auch im großen Finale gefragt sein. Schließlich geht es am Sonntag gegen euphorische Argentinier und einen Lionel Messi in Galaform, den besten Fußballer der Welt, wie nicht nur Argentiniens Coach Lionel Scaloni sagt. Gegen ein Argentinien, das seinem inzwischen 35 Jahre alten Kapitän in dessen vermutlich letztem Spiel in einer Weltmeisterschaft unbedingt den Titel bescheren möchte.

Titelverteidiger Frankreich hat Respekt vor den Südamerikanern, lässt sich aber nicht verrückt machen, vertraut ganz auf seine bislang so erfolgreiche Methode. Abwarten, cool bleiben, zum richtigen Zeitpunkt einen Punch setzen. Kapitän Hugo Lloris jedenfalls sagte: „Argentinien ist eine große Mannschaft, mit einem Spieler, der die Geschichte seines Sports geprägt hat. Aber wir haben Argumente.“

Das hörte Staatspräsident Emmanuel Macron gerne. Er strich dem zehn Jahre älteren Coach Didier Deschamps väterlich über die Wange. Für Macron ist die Sache vor dem Showdown am Wochenende eh schon klar: „Aller guten Dinge sind drei! Wir gewinnen das Ding“, twitterte er. Nach 1998 und 2018 könnte Frankreich zum dritten Mal Weltmeister werden.