Voll präsent: Christian Eriksen ist wieder auf dem Platz. Foto: AFP/NATALIA KOLESNIKOVA

Bei der EM im vergangenen Jahr hatte Christian Eriksen während des Vorrundenspiels gegen Finnland einen Herzstillstand erlitten. Diese WM spielt er für Dänemark – mit einem Herzschrittmacher.

Wenn Kasper Hjulmand über Christian Eriksen spricht, gerät der dänische Nationalcoach ins Schwärmen. „Christian ist ein toller Spieler und ein großartiger Mensch“, sagt der 50-Jährige. Eriksen sei das „Herzstück“ seiner Mannschaft.

Im Juni 2021 hatte das Herz Eriksens aufgehört zu schlagen. Plötzlich und unerwartet. Während des EM-Vorrundenspiels zwischen Dänemark und Finnland brach der Mittelfeldspieler zusammen und blieb regungslos liegen. Es war ein Schock. Tausende Zuschauer im Stadion in Kopenhagen und Millionen vor den TV-Bildschirmen bangten um den Spieler. Fünf Minuten lang stand das Herz des Profis still. Das beherzte Eingreifen von Mitspielern, Betreuern und Ärzten rettete ihm das Leben. Eriksen wurde reanimiert. „Ich war fünf Minuten tot“, sagte der Däne selbst in einem Interview einige Wochen nach dem Vorfall.

Gegen Australien geht es um alles

Nun, 17 Monate nach dem Zusammenbruch, steht Eriksen wieder auf dem Platz. Als Profi, für Dänemark, bei der Fußball-WM in Katar. An diesem Mittwoch (16 Uhr) geht es gegen Australien um alles. Dänemark, vor dem Turnier von vielen Fachleuten als Geheimfavorit gehandelt, steht unter Zugzwang. Die Dänen sind derzeit mit einem Punkt Gruppenletzter, müssen das Spiel gegen die Socceroos unbedingt gewinnen, um den Einzug in Achtelfinale zu schaffen.

Die Australier hoffen ihrerseits auf den ersten K.-o.-Runden-Einzug bei einer WM seit 16 Jahren. Mit einem Sieg wäre die Mannschaft um Mittelfeldspieler Jackson Irvine vom Zweitligisten FC St. Pauli und Ex-Bundesliga- und Zweitliga-Profi Mathew Leckie (FSV Frankfurt, Borussia Mönchengladbach, FC Ingolstadt, Hertha BSC) sicher weiter, womöglich auch schon mit einem Unentschieden. Die Euphorie in Down Under ist nach dem 1:0 im zweiten Gruppenspiel gegen Tunesien riesig.

„Er ist der Rhythmus unseres Teams“

Kasper Hjulmand, dessen dänisches Team es nach dem Eriksen-Schock bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr bis ins Halbfinale schaffte, weiß: Das Spiel gegen die so leidenschaftlich kämpfenden Australier wird hart. „Sie werden uns permanent anlaufen und attackieren. Darauf aber sind wir eingestellt.“

Auf Christian Eriksen wird es am Mittwoch besonders ankommen, sagt sein Trainer. „Er ist der Rhythmus unseres Teams. Er versteht die Spielweise und den Fußball, er versteht die Intensität eines Matches.“ Eriksen hatte unmittelbar nach seinem Herzstillstand einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen.

Grünes Licht der Mediziner

Der Weg zurück in den Profisport war für Eriksen nicht einfach. Eine Zeit lang blieb unklar, ob er überhaupt wieder Leistungssport betreiben könnte. Doch dann, nach etwa sechs Monaten, trainierte der zweifache Familienvater bei seinem Jugendklub in Odense mit. Zuvor hatte er Einzeltraining absolviert, seinen Körper langsam an die steigenden Anforderungen gewöhnt – stets unter Aufsicht der Ärzte, versteht sich. Diese gaben schließlich grünes Licht. Christian Eriksen ist wieder voll belastbar, sagten die Mediziner Anfang dieses Jahres. Für viele ein Wunder. Nach wie vor.

Zum Zeitpunkt seines Kollapses stand Eriksen bei Inter Mailand unter Vertrag. Dort jedoch konnte der Däne nicht weiterspielen. Profis mit implantierten Herzschrittmachern erhalten in Italien keine Spielerlaubnis. So sehen es die Statuten der Serie A vor. Also wechselte der Däne, der einst für Tottenham Hotspur gespielt hatte, zurück nach England, zurück in die Premier League. Zunächst zum FC Brentford, dann zu Manchester City. Dort ist er eine feste Größe.

Das Leben schätzen und trotzdem alles geben

„Wir sind alle happy und dankbar, dass er wieder da ist“, sagt Simon Kjaer (AC Mailand), der Kapitän des dänischen Teams über seinen Freund Eriksen. „In puncto Qualität und Leidenschaft für das Spiel ist er einer der Besten, die ich je gesehen habe. Dass er wieder dabei ist, ist nur ein Plus für Dänemark“.

Für sein Nationalteam will Eriksen bei dieser WM alles geben. Tore, Siege, Titel sind wichtig, klar, die Gesundheit aber steht über allem. Wer wüsste das besser als Christian Eriksen? Der 30-Jährige sagt: „Die einfache Tatsache, am Leben zu sein und bei meiner Familie zu sein, weiß ich jetzt in jeder Hinsicht zu schätzen.“