Oft hört man, mit Flipflops dürfe man nicht Auto fahren. Stimmt diese Aussage oder stimmt sie nicht? Foto: Adobe Stock/Chris Stoneborn

Sie sind nicht auszurotten wie Unkraut und ansteckend wie Schnupfen: Mythen im Verkehrsrecht. Hier kommen die sieben hartnäckigsten – inklusive der Richtigstellung.

Stuttgart - Wer kennt sie nicht und gibt sie womöglich auch noch an seine Kinder weiter? Uralte Verkehrsmythen wie „In der Bundesrepublik herrscht Winterreifenpflicht“ oder „Mit Flipflops fahren ist untersagt“. Wir sagen, was im deutschen Bußgeldkatalog wirklich gilt.

1 Wer auffährt, der hat Schuld

Das ist wohl der Klassiker. Stimmt aber nicht. Denn auch den Vorausfahrenden kann die Schuld treffen. Oft ist eine Teilschuld des vorausfahrenden Autofahrers möglich. Es sei denn, er hätte den Auffahrunfall provoziert, indem er zum Beispiel grundlos scharf gebremst hat. Dann kann ihm sogar die volle Schuld zugesprochen werden.

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2 Es besteht Winterreifen-Pflicht

Diese Aussage ist so nicht richtig. Denn in der Bundesrepublik Deutschland gibt es lediglich die „situative“ Winterreifen-Pflicht. Zwar darf bei Schnee und Eis nur mit Winterreifen gefahren werden. Wenn aber die Sonne scheint und die Straßen trocken sind, geht das auch straffrei im Januar mit Sommerreifen.

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3 Warten, bis die Polizei kommt

Nach einem „einfachen Unfall“ muss nicht zwingend die Polizei gerufen werden. Hier genügt eine einfache Unfallmeldung an die Versicherung. Wichtig kann es nämlich auch sein, die Straße schnell zu räumen, um andere Autofahrer nicht zu gefährden. Vorher sollten mit dem Smartphone Fotos von der Unfallstelle und von der Position der Autos gemacht werden. Hier gilt natürlich, dass es sehr auf den Einzelfall ankommt.

4 Rechts darf nicht überholt werden

Diese immer wieder vorgetragene Ansicht stimmt auch nicht. Bei zäh fließendem Verkehr auf der Autobahn kann auch rechts überholt werden, beispielsweise wenn sich eine große Lücke auftut. Dabei muss das Tempo allerdings ähnlich wie auf der linken Spur sein. Und: Es muss besonders vor- und umsichtig gefahren werden. Was gilt innerorts? Gibt es für jede Richtung mehrere markierte Fahrstreifen auf der Fahrbahn, so dürfen sie grundsätzlich frei gewählt werden. Somit ist es dort auch erlaubt, rechts zu überholen.

5 Mit Flipflops fahren ist untersagt

Falsch. Generell darf auch barfuß, in Socken oder mit Stöckelschuhen ein Auto gefahren werden. Eine gesetzliche Regelung für das Schuhwerk beim Fahren gibt es nicht. Barfuß fahren ist keine Ordnungswidrigkeit, sodass bei einer Verkehrskontrolle allein dafür kein Bußgeld fällig wird. Aber: Rutscht ein „Barfußfahrer“ zum Beispiel vom Kupplungspedal ab und verursacht dadurch einen Unfall, so kann ihm das den Vorwurf der „Fahrlässigkeit“ einbringen. Deswegen ist es also trotzdem wichtig, am Steuer „geeignetes“ Schuhwerk zu tragen.

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6 Die Lichthupe ist Nötigung

Nicht zwingend. Fährt jemand auf der linken Spur der Autobahn langsam, so darf ein nachfolgendes Fahrzeug per Lichthupe signalisieren, dass es überholen möchte. Das gilt, solange nur stoßweise und sehr kurz „gehupt“ wird. Zudem muss der Mindestabstand gewahrt werden. Wer sich nicht daran hält, kann wegen Nötigung belangt werden.

7 Unter zwölf muss man in den Kindersitz

Das stimmt nicht ganz. Denn es gibt eine zweite Möglichkeit: Ist das Kind schon früher größer als 1,50 Meter, so darf auf den Sitz verzichtet werden. Umgekehrt gilt: Kinder, die mindestens zwölf Jahre alt, jedoch nicht „groß genug“ sind, dürfen ohne Sitz mitfahren. Experten raten jedoch dazu, bis zu einer Körpergröße von 1,50 Meter eine Erhöhung zu benutzen.

Das sagt der neue Bußgeldkatalog

Geldstrafen
 Verkehrssünder werden seit Jahresbeginn härter bestraft. Der neue Bußgeldkatalog sieht höherer Geldstrafen bei Verstößen im Straßenverkehr vor. Wer beispielsweise innerorts 16 bis 20 Kilometer pro Stunde (km/h) zu schnell fährt und geblitzt wird, zahlt 70 Euro statt wie bisher 35. Mehr bezahlen müssen auch jene, die verbotswidrig auf Geh- und Radwegen parken, unerlaubt auf Schutzstreifen halten oder in zweiter Reihe parken und halten.

Flensburg
Neu ist außerdem eine Geldbuße von 55 Euro für unberechtigtes Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge und Carsharing-Fahrzeuge. Dagegen bleiben die Regelungen zu Punkten in Flensburg bei zu schnellem Fahren unverändert.

Rettungsgasse
Die unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse wird laut Verkehrsministerium nun genauso verfolgt und geahndet wie das Nichtbilden einer Rettungsgasse. Es drohen Bußgelder zwischen 200 und 320 Euro sowie ein Monat Fahrverbot.