Winfried Kretschmann besucht die Schweiz (Archivbild). Foto: dpa/Patrick Seeger

Die Schweiz ist wichtig für Baden-Württemberg. Aber Ministerpräsident Kretschmann macht sich große Sorgen um die Beziehungen zwischen dem Nachbarland und der EU. Gerät die Schweiz ins Abseits?

Allein die Zahl der Besuche verdeutlicht die Bedeutung des Nachbarlands für Baden-Württemberg: Bereits zum zehnten Mal tritt Winfried Kretschmann als Regierungschef nun eine Reise in die Schweiz an. Am Donnerstag geht es zunächst nach Zürich, wo der Grünen-Politiker den Regierungsrat des gleichnamigen Kantons trifft. Dann will er sich an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, kurz ETH Zürich, unter anderem über künstliche Intelligenz, medizinische Forschung und Robotik informieren. Am Abend spricht Kretschmann bei einer Podiumsdiskussion zu den Themen Klimawandel und Versorgungssicherheit. Am Freitag geht es dann für ihn nach Basel.

Die Schweiz ist nicht EU-Mitglied, nimmt aber weitgehend am EU-Binnenmarkt teil. Die Beziehungen stehen nach dem Scheitern eines EU-Abkommens unter keinem guten Stern. Kretschmann will sich vor Ort für bessere Beziehungen einsetzen. Etwa in der Wissenschaft: Kretschmann drängt zu einer vollen Assoziierung der Schweiz mit dem EU-Forschungsprogramm „Horizon“. Die Schweiz gilt bei dem EU-Forschungsprogramm derzeit nur noch als „nicht-assoziierter Drittstaat“. Für diese Länder gibt es kaum noch Finanzierungshilfen. Das „Horizon Europe“-Programm dauert von 2021 bis 2027 und ist mit einem Gesamtbudget von gut 95 Milliarden Euro das weltweit größte Forschungs- und Innovationsförderprogramm.

Kretschmann sieht unter anderem den Handel bedroht

Die EU wollte mit einem Rahmenabkommen eine engere Bindung der Schweiz an die EU erreichen und dabei die bisherigen bilateralen Verträge einbeziehen. Nach jahrelangen Verhandlungen verweigerte die Regierung in Bern aber im vergangenen Jahr die Zustimmung. Strittig waren dabei Staatshilfen, Maßnahmen zum Schutz der hohen Schweizer Löhne und der Zugang von EU-Bürgern zu Schweizer Sozialkassen. Die EU war konsterniert. Ohne Rahmenabkommen will die EU die bilateralen Abkommen nicht einzeln aktualisieren. Sie veralten dann und sind irgendwann nicht mehr anwendbar.

Kretschmann sieht unter anderem den Handel mit den Nachbarn bedroht. Die Schweiz ist einer der wichtigsten Handelspartner des Südwestens - bei den Exporten aus Baden-Württemberg steht das Land nach den USA und China etwa auf Platz 3. Es gibt 131 Hochschulkooperationen. Mehr als 57 000 Grenzgänger pendelten im Jahr 2020 von Baden-Württemberg in die Schweiz - das sind laut Staatsministerium 92 Prozent aller Pendler aus Deutschland in die Schweiz.