Gisela Meister-Scheufelen, die Vorsitzende des Normenkontrollrats, will die Handwerker von unnötiger Bürokratie entlasten Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Wenn sie weniger Formulare bearbeiten müssten, könnten die Handwerker im Land Geld in dreistelliger Millionenhöhe sparen. Für die Bäcker hat der Normenkontrollrat Vorschläge parat.

Stuttgart - Das Problem der überbordenden Bürokratie für Bäckerbetriebe ist über die Branche hinaus anerkannt. „Ich kenne einen Bäcker, der hat eine Mitarbeiterin im Verkauf, die noch nie in der Backstube war – trotzdem muss er für diese Mitarbeiterin eine Gefährdungsbeurteilung machen, selbst wenn sie auch künftig nicht in der Backstube arbeiten wird“, sagt Gisela Meister-Scheufelen. Dies ist nur ein Punkt, den die Vorsitzende des Normenkontrollrats erwähnt, wenn es um die Eindämmung der Bürokratie geht.

Das Bäckerhandwerk begrüßt die Vorschläge dieses Gremiums, das die Landesregierung beim Bürokratieabbau beraten soll. Bei einer gemeinsamen Diskussion war man sich einig, dass der Normenkontrollrat mit seinem 20-Punkte-Papier zur Bürokratiebelastung bei den Bäckern Schritte in die richtige Richtung aufzeigt.

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So sollten nach Meinung von Meister-Scheufelen „die Beiträge zur Sozialversicherung erst am 10. des folgenden Monats bezahlt werden müssen, nicht schon am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats“. Erst am Ende des Monats wisse man, wie lange geringfügig Beschäftigte gearbeitet hätten, und könne sich Korrekturen ersparen.

Mehr Digitalisierung nötig

Dass die Verwaltung noch viel stärker digitalisiert werden soll, darin ist sich der Normenkontrollrat mit dem Baden-Württembergischen Handwerkstag einig. Da zudem manche Betriebe bundesländerübergreifend tätig sind – wie etwa im baden-württembergischen Ulm und im angrenzenden bayerischen Neu-Ulm –, wäre eine bundesweite Plattform nach Meinung des Hauptgeschäftsführers Peter Haas die beste Lösung.

Auf dieser Plattform sollen alle Daten der betreffenden Person von der Geburt bis zur Gewerbeanmeldung und dem Eintrag in die Handwerksrolle abgespeichert werden – und die Behörden sollen darauf zugreifen können, statt immer wieder Anfragen bei den Handwerkern starten zu müssen. Zudem müssten die Formulare vereinfacht werden: „Weniger Juristerei – mehr an die Adressaten denken“, fordert Haas. Das Staatsministerium will noch im ersten Quartal 2022 einen Workshop zum Bürokratieabbau einrichten.

Höchste Zeit für konkrete Schritte

Im Augenblick sehe er die Gefahr, dass jedes Bundesland seine eigene digitale Plattform für das Handwerk entwickle, sagt Haas. „Die Handwerker oder ihre Mitarbeiter sitzen eineinhalb bis zwei Tage in der Woche an den Formularen. Diese Zeit zu halbieren wäre ein attraktives Ziel“, meint der Hauptgeschäftsführer. Ähnlich wie bei den Bäckern gebe es auch in anderen Handwerken erhebliche Einsparmöglichkeiten bei den Bürokratieaufwendungen. Eine genaue Schätzung für das gesamte Handwerk im Südwesten sei schwierig, es dürfte sich aber „schnell um einen dreistelligen Millionenbetrag handeln“.

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Dass die Landesregierung einen Workshop mit Vertretern aus verschiedenen Ministerien und dem Handwerk einrichten wolle, sei zu begrüßen. „Ein Dreivierteljahr nach der Unterzeichnung des grün-schwarzen Koalitionsvertrags wird das aber auch höchste Zeit.“ Die Landesregierung hat in dieser Vereinbarung erklärt, sie strebe Einsparungen bei den Bürokratiekosten von bis zu 500 Millionen Euro an. Laut einer Umfrage des Handwerkstags rangiert das Thema Bürokratieabbau bei den wichtigsten Problemen für das Handwerk auf Platz zwei nach dem Mangel an Fachkräften.