Dünne Schutzhülle und verletzliche Haut der Erde: Der Mensch tritt den Boden mit Füßen, behandelt ihn wie Dreck, missbraucht ihn als Mülldeponie. Er wird vergiftet und versiegelt, er erodiert und wird weggeschwemmt. Foto: Tom Weller/dpa

Durch Raubbau, Versiegelung, Verschmutzung und Erosion wird der Boden immer mehr ausgelaugt – auch in Deutschland. Dabei ist die Erde unter unseren Füßen unser kostbarstes Gut, ohne das wir nicht überleben können.

Amherst - Seit der Ansiedlung der Europäer im Mittleren Westen der USA hat die Region riesige Mengen an fruchtbarem Boden verloren. Das belegt ein Team um Evan Thaler von der University of Massachusetts in Amherst. Es analysierte den Bodenverlust im sogenannten Maisgürtel, der sich über mehrere US-Bundesstaaten erstreckt, unter anderem mit verschiedenen Satellitendaten.

Rund 35 Prozent der Ackerfläche hätten bereits den ursprünglichen Mutterboden verloren, schreibt das Team in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS). Die Region sei einst Prärie mit einer dicken Schicht an Mutterboden gewesen.

Das Phänomen trete überall auf, wo es viel Landwirtschaft gebe, sagt Agrarwissenschaftler David Wüpper von der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETH). Es sei extrem schwierig, Bodenerosion großflächig genau zu messen, doch die Studie habe eine ganz neue Herangehensweise.

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Ursachen des Bodenschwunds

Auch in Deutschland habe der Bodenverlust spürbare Folgen, betont Karl Auerswald von der Technischen Universität München, Standort Freising-Weihenstephan. „Die hohen Abträge sind wohl ein wesentlicher Grund, warum die Ernteerträge die letzten 20 bis 30 Jahre nicht mehr gestiegen sind“. Das gelte für Mais, aber auch für Weizen und praktisch alle landwirtschaftlichen Kulturen.

Über die Ursachen des Bodenschwunds sind sich die Forscher einig. Erosion ist vor allem eine Folge der häufigen und intensiven Bodenbearbeitung, die zweierlei bewirkt: Zum einen wird der Boden selbst mit jeder Bearbeitung ein wenig hangabwärts verlagert, was man Bearbeitungserosion nennt. Zum anderen schafft die Bearbeitung unbedeckte, instabile Böden. Die können bei Starkregen leicht vom Wasser weggespült werden, dann kommt es zur Wassererosion.

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1,4 Milliarden fruchtbarer Boden im Maisgürtel der USA erodiert

Nach Berechnungen der US-Forscher sind durch die Landwirtschaft rund 1,4 Milliarden Tonnen Boden hauptsächlich auf den Erhebungen und an den Hängen im Maisgürtel verloren gegangen. Dieser Verlust bezieht sich jedoch nur auf Bereiche, wo der ursprüngliche Mutterboden komplett verschwand.

Flächen in Zwischenstadien haben die Forscher, die unter anderem reflektierte Strahlen der Bodenoberflächen verglichen, nicht analysiert. Allein dieser Bodenverlust sei wesentlich größer, als bislang durch direkte Bodenuntersuchungen angenommen. Durch diesen Verlust ergebe sich eine um sechs Prozent verminderte Ernte in der Region und somit ein wirtschaftlicher Schaden von rund 2,8 Milliarden Dollar pro Jahr (2,3 Milliarden Euro).

Zudem hat das Düngen seine Grenzen. „Es gibt keinen Nährstoffmangel auf diesen Äckern, sondern einen Wassermangel, weil der Boden nicht mehr so viel Wasser speichern kann“, erläutert Auerswald auch mit Blick auf entsprechende Böden in Deutschland. „Die großen Trockenzeiten hatten wir, weil wir mit dem Boden so umgegangen sind, dass er Wasserspeicherkapazität verloren hat. Jetzt puffert er weniger, und er wird heißer, weil kein Wasser mehr verdunsten kann.“

Zerstörung der Lebensgrundlage

Jedes Jahr gehen durch falsche Nutzung rund 224 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren. Nach UN-Angaben wird „alle fünf Sekunden das Äquivalent eines Fußballfeldes des Erde abgetragen“. Allein in Deutschland werden pro Tag mehr als 70 Hektar mit Fabrikhallen, Häusern und Straßen zugepflastert. Das sind über 100 Fußballfelder.

Laut UN sind bereits mehr als 33 Prozent der Böden der Erde degradiert. 90 Prozent könnten sich bis 2050 verschlechtern. Damit ist Folgendes gemeint: Die Verschlechterung der Bodeneigenschaften durch Erosion oder trockene Sommer ist ein natürlicher geologischer Vorgang. Doch durch Überweidung, Entwaldung, Intensiv-Landwirtschaft sowie Straßen- und Siedlungsbau wird dieser Prozess so stark beschleunigt, dass unsere Lebensgrundlage ernsthaft in Gefahr gerät.