Herbert Idler am Stammtisch seiner Weinstube in Stetten Foto: Ingrid Sachsenmaier

Herbert Idler feiert in Kernen seinen 80. Geburtstag. In seiner Weinstube fühlten sich schon John Cranko und Arnold Schwarzenegger wohl. Gunter Sachs erlaubte sich sogar einen derben Spaß.

Gefragt worden sei er nicht, ob er Metzger werden wolle, sagt Herbert Idler. „Das war damals halt so.“ Idler ist Jahrgang 1942, an diesem Dienstag feiert er seinen 80. Geburtstag. Er ist jeden Tag in der Weinstube. Meist sitzt er am Stammtisch. Mit 14 Jahren hat er die Ausbildung zum Metzger beim Vater begonnen und mit 20 die zum Koch im Parkhotel in Stuttgart.

Der Beruf hat seine Spuren hinterlassen, 66 Jahre als Metzger und 60 als Koch sind eine lange Zeit. Die Wirbelsäule wurde vor ein paar Jahren mit Platin-Blättchen stabilisiert, das Gefühl in den Händen ist dennoch nicht zurückgekommen. Am Herd steht jetzt Sebastian, der Sohn seiner zweiten Frau Anita. Fürs Abschmecken und die Rezepte der Soßen ist aber weiterhin der Senior zuständig. „Bei meinem Mann geht nix ohne Soße“, sagt Anita Idler.

John Cranko war Stammgast

John Cranko war Stammgast im Idler und aß am liebsten Ochsenschwanzragout. Dazu trank der Choreograf Rotwein aus dem Remstal, oft bis in die frühen Morgenstunden. „Das Stuttgarter Ballett ging bei uns ein und aus.“ Der Stammtisch der Weinstube hat legendäre Zeiten und Gäste erlebt. Idler schmunzelt, wenn er von Gunter Sachs erzählt, der mehrmals mit seinen Eltern dagewesen sei und einmal die Türklinken der Gaststube mit Senf eingeschmiert habe. Er erinnert sich an Vorstände von Daimler, ob Zetsche, Schrempp oder Niefer, die vor allem den Rostbraten bestellten und gerne am Stammtisch saßen.

Auch die Rennfahrer Fangio und Neubauer kehrten bei ihm ein, Arnold Schwarzenegger genoss mehrfach die elegante, schwäbische Küche. Für die ist die Weinstube in der Ortsmitte von Stetten bekannt. Auch Innereien dürfen nicht fehlen – die Nierle mit einer pfeffrigen Soße, die Leber mit Kartoffelpüree. Beliebt sind auch der Sauerbraten mit hausgemachten Semmelknödeln und das echte Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch. Und natürlich die Maultaschen nach Omas Rezept, abgeschmelzt und mit zimmerwarmem, schlonzigem Kartoffelsalat.

Den Beruf immer gerne gemacht

Herbert Idler sagt, er habe seinen Beruf immer gerne gemacht. In der fünften Generation gibt es die Weinstube. Aber jetzt ist wahrscheinlich bald Schluss, Anitas Sohn will sich neu orientieren. „Wir bekommen kein Personal mehr“, sagt der Jubilar. Man merkt ihm an, dass ihm das zusetzt.

Die Gaststube ist wie ein Schmuckkästle, dunkles Holz, bleiverglaste Fenster, alle Tische mit weißem Leinen eingedeckt und dazu Stoffservietten und frische Blumen. Ein Jammer, dass damit bald Schluss sein soll. „Ich kann nachts schon nicht mehr schlafen“, sagt Herbert Idler. Man hätte ihm schönere Gedanken zu seinem runden Geburtstag gewünscht. Er und seine Frau werden das Haus, zu dem zehn Hotelzimmer, eine Gäste-Terrasse und ihre eigene Wohnung gehören, wohl verkaufen. Es gibt keine Nachfolger.

Anita Idler, die seit mehr als zwei Jahrzehnten den Service stemmt, wird der Kontakt mit den Gästen ebenso fehlen wie ihm. Nachdenklich hält Herbert Idler das bemalte Stammtisch-Schild aus Holz in der Hand. „Das hat Professor Hans Schlegel einst für uns gemacht.“ Es seien andere Zeiten gewesen, sagt er. „Jede Woche machen wir noch zwischen 200 und 300 Kilogramm Maultaschen“. Abnehmer gibt es viele, zum Beispiel in der Markthalle in Stuttgart, in Winterbach oder Ludwigsburg. Früher wurden sie sogar nach Singapur geliefert. „Wir waren mal die modernste Privatmetzgerei in ganz Baden-Württemberg und haben außer dem Laden neben der Gaststube noch eine Filiale am Kegelplatz gehabt“, erzählt er.

Mit Großvater Robert hat alles angefangen

Im Jahr 1876 hat damals alles angefangen, mit Großvater Robert. Herbert Idler und sein Bruder Rainer, ebenfalls gelernter Metzger und Koch, haben dann Geschäft und Gastronomie von Vater Herbert übernommen und einige Jahre zusammen betrieben. Herbert Idler junior hat später mit seiner ersten Frau Brigitte alleine weitergemacht. „Wir waren mit acht Mann in der Küche und haben zig kalte Platten gemacht. Die großen Firmen in Waiblingen und im Remstal haben alle bei uns bestellt. Wir haben die Theaterbewirtung im Wilhelma-Theater in Stuttgart gemacht und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bekocht. Das Fernsehen war regelmäßig bei uns und hat in der Gaststube gedreht.“

Dem Jubilar würden noch viele Geschichten einfallen. Herbert Idler ist in Stetten eine Institution. Die Weinstube sowieso. Zu Kopf gestiegen ist ihm das nie, er ist immer bescheiden geblieben – und dankbar. Was er sich zum runden Geburtstag wünscht? Dass ihm die Gemeinde Kernen beim unweigerlich anstehenden Verkauf der Immobilie keine Stolpersteine in den Weg legt.