Der Klimawandel bedroht die Idylle des deutschen Waldes immer stärker. Foto: dpa/Arne Dedert

Der diesjährige Hitzesommer hat dem Wald in Baden-Württemberg enorm zugesetzt – knapp die Hälfte aller Bäume im Land ist geschädigt. Alarmierend ist, dass selbst Hoffnungsträger wie die Eiche schwächeln. Forstminister Peter Hauk (CDU) hält aber an seinem Klimakonzept fest.

Noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1985 war der Verlust an Nadeln und Blättern an den baden-württembergischen Waldbäumen so hoch wie in diesem Jahr – das ist eines der erschütternden Ergebnisse des neuen Waldzustandsberichtes, den Forstminister Peter Hauk und Innenminister Thomas Strobl (beide CDU) am Montag im Degerlocher Haus des Waldes vorgestellt haben. Der Verlust gilt als wichtiger Indikator für die Gesundheit der Bäume. Er beträgt nun im Mittel 28,4 Prozent.

Die zweite zentrale und nicht weniger alarmierende Zahl lautet: 46 Prozent der Waldfläche im Land ist deutlich geschädigt. Das bedeutet nicht, dass alle Bäume in diesen Gebieten absterben – allerdings konnte man bei Buchen im Neckartal oder am Oberrhein beobachten, dass ihre Kronen zunehmend komplett vertrocknen und die Bäume nicht mehr zu retten sind.

Die Esche wird bei uns komplett aussterben

Schuld an dieser Entwicklung sind verstärkt seit dem Jahrhundertsommer 2003 lange Hitzewellen, heftige Dürreperioden und milde Winter, mithin also klare Folgen des Klimawandels. Die ohnehin geschwächten Bäume können dann Schädlingen wie dem Borkenkäfer, Misteln oder Pilzen kaum noch etwas entgegensetzen.

Ein Blick auf einige Baumarten verdeutlichen klar diesen Trend. Bei den Buchen sind mittlerweile 58 Prozent deutlich geschädigt, während umgekehrt nur noch neun Prozent als ganz gesund gelten. Die Esche, die eigentlich gut mit Hitze und Trockenheit zurecht kommt und auf die man im Klimakampf gerne verstärkt gesetzt hätte, ist seit dem Auftreten eines Pilzes im Jahr 2008 dem Tod geweiht: „Die Esche gibt es bald bei uns nicht mehr“, sagte Peter Hauk.

Douglasie schneidet besser ab – und ist dennoch bedroht

Und selbst die Eiche, die wegen ihrer tief gründenden Wurzeln die Hoffnungsträgerin schlechthin darstellt im Klimawandel, hat in diesem Jahr massiv gelitten: 71 Prozent der Bäume, so viel wie bei keiner anderen Baumart im Südwesten, gelten als deutlich geschädigt. Der Unterboden sei so ausgetrocknet gewesen, dass selbst die Eichenwurzeln nicht mehr an das Wasser herangekommen seien, sagte der Forstminister.

Die Douglasie, ebenfalls eine klimarobuste Baumart, hat in diesem Jahr dagegen gut abgeschnitten; zudem bestätigt eine neue Studie der Universität Freiburg deren „hohe Trockenheitstoleranz“. Doch auch hier droht Gefahr: Bei der Douglasie breitet sich ein aggressiver Pilz aus, der in anderen Bundesländern schon viele Bestände vernichtet hat.

Junge Bäume überstehen den Trockenstress besser

Was also tun, um dieser Entwicklung, die auch Peter Hauk als besorgniserregend bezeichnet, entgegenzuwirken? Das Land sieht sich mit seiner bisherigen Waldstrategie weiter auf dem richtigen Weg. Es gehe erstens darum, den Anteil artenreicher Mischwälder zu erhöhen, da dann Schädlinge weniger Angriffsfläche hätten. Zweitens müsse man mehr klimaresiliente Arten aktiv anpflanzen. Dazu gehörten die Esskastanie, der Nussbaum, die Hainbuche, der Spitzahorn oder auch die Weißtanne und die Douglasie. Diese Arten würden „tragende Rollen“ übernehmen, so Hauk. Und drittens müsse verstärkt geforscht werden, um besser zu verstehen, welche Baumarten an welchem Standort gut wachsen. Hoffnung mache der Zustand der jungen Bäume im Südwesten, deren Nadel- und Blattverlust mit 19,8 Prozent im Mittel deutlich geringer sei als bei den älteren Bäumen mit 36 Prozent.

Während Peter Hauk noch immer mit moderaten Worten den Zustand des Waldes beschreibt, wird der Nabu-Landeschef Johannes Enssle deutlicher: „Das ist erst der Anfang einer gefährlichen Entwicklung.“ Wenn es nicht gelinge, den Klimawandel zu bremsen, „werden wir den Wald, wie wir ihn kennen und lieben, bald nicht wiedererkennen.“

Kooperation von Forst und Feuerwehr wird verstärkt

Odile Bour, die Geschäftsführerin des Landeswaldverbands, spricht von „verheerenden Wirkungen des Klimawandels“. Sie betonte, dass die Waldstrategie des Landes zwar richtig sei, allerdings würden Forstleute fehlen, die den Umbau des Waldes begleiteten. Peter Hauk musste einräumen, dass auch im neuen Haushalt keine zusätzlichen Stellen vorgesehen sind. „Wir müssen mit dem vorhandenen Personal zu Streich kommen“, so der Minister. Das Geld für Aufforstung und Beseitigung der Schäden sei aber vorhanden – insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Deutschland bis 2025.

Innenminister Thomas Strobl war zur Vorstellung des Waldzustandsberichtes hinzugekommen, um über das Thema Waldbrand zu berichten, dessen Gefahr im Klimawandel wächst. „Es gibt aber keinen Grund zum Alarmismus“, sagte Strobl. Dennoch arbeiteten Forst und Feuerwehr seit fünf Jahren intensiver zusammen, um sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

So soll jetzt in jedem Landkreis ein Tandem aus Forst- und Feuerwehrmann gebildet werden als Dreh- und Angelpunkt im Brandfall. 1000 allradgetriebene Tanklöschzüge seien schon vorhanden, zudem könnten bei speziellen Lagen Löschwasserbehälter an Polizeihubschrauber montiert werden. Vorrangiges Ziel sei es aber, Waldbrände vom Boden aus zu bekämpfen. „Wir haben keine großen Gewässer im Südwesten, aus denen Flugzeuge Löschwasser aufnehmen könnten“, erklärte Thomas Strobl.