Eine Illustration der Voyager 1: An Bord sind auch Souvenirs – für den Fall, dass sie Außerirdischen in die Hände fällt. Foto: imago//Nasa

Seit 45 Jahren treiben die beiden Voyager-Sonden durchs All. Nun geht ihnen langsam die Kraft aus. Wie weit sind die Raumfahrzeuge in all der Zeit gereist, und was haben sie herausgefunden? Ein Rückblick.

Ihre Reise begann 1977 auf der Erde. Da waren Abba mit „Money, Money, Money“ in den Charts und die Eagles mit „Hotel California“, Jimmy Carter im Weißen Haus und Helmut Schmidt im Kanzleramt. Die zwei Voyager-Sonden starteten damals vom Kennedy Space Center in Florida aus in den Weltraum. Das Ziel: die äußeren Planeten des Sonnensystems besuchen und im Vorbeiflug Forschungsdaten sammeln.

Längst haben die Voyager, also die Reisenden, diese Himmelskörper hinter sich gelassen, ebenso das Sonnensystem. Voyager 1 ist das menschgemachte Objekt, das am weitesten von der Erde entfernt ist: 157,5 Astronomische Einheiten, also 157,5-mal die Entfernung Erde–Sonne. Das sind rund 23,5 Milliarden Kilometer. Ein Lichtteilchen oder ein Funksignal braucht 21 Stunden und 49 Minuten zu uns. Voyager 2 kommt auf 130,7 Astronomische Einheiten und rund 18 Stunden Signallaufzeit.

Die Atombatterien der Voyager werden immer schwächer

Noch senden sie Daten, doch die beiden Raumfahrzeuge sind altersschwach. Schrittweise schalten die Nasa-Techniker weitere Geräte ab, um Strom zu sparen und die Sonden am Leben zu erhalten, berichtet das Magazin „Scientific American“. Dass ihnen der Saft ausgeht, liegt an den Atombatterien. Für Missionen so fern der Sonne sind Solarzellen ungeeignet, deshalb haben die Sonden je drei Radioisotopen-Thermoelektrische Generatoren (RTG) dabei.

Im Inneren sind viereinhalb Kilo Plutonium, die durch den radioaktiven Zerfall Wärme abgegeben. Diese wird über ein Thermoelement in Strom umgewandelt. Jede Sonde hatte anfangs 470 Watt zur Verfügung, womit man einen kleinen Küchenmixer betreiben könnte. Durch den fortschreitenden Zerfall der Radioisotope und der Thermoelemente ging die Leistung zurück – nun wird es eng. Elf von zwanzig Apparaten sind abgeschaltet. Was an Daten noch hereinkommt, wird am Jet Propulsion Laboratoty (JPL) der Nasa in Pasadena im US-Bundesstaat Kalifornien archiviert und ausgewertet. Aber manches davon ist verwirrend. So hatte das System zur Lagekontrolle von Voyager 1 monatelang falsche Positionsdaten geschickt. Der Bordcomputer habe die Daten verstümmelt, so das JPL.

Einmal durchs Sonnensystem – „das hatte es noch nicht gegeben“

„Voyager ist eine Ikone“, sagt Karl-Heinz Glaßmeier von der Universität Braunschweig, der Magnetfelddaten der Missionen ausgewertet hat. „Eine Reise durch das komplette Sonnensystem, das hatte es bis dahin nicht gegeben.“ Mit Voyager wurde dazu erstmals die Schwerkraft der Planeten genutzt, um die Sonden zu beschleunigen, wie Glaßmeier sagt.

Während Glaßmeier – inzwischen emeritiert – die Voyager-Starts als Student von Ferne verfolgte, war Fritz Neubauer, zuletzt an der Universität zu Köln, damals persönlich dabei. Mit ihrem Vorschlag für ein Magnetinstrument hatte sich seine Arbeitsgruppe gegen die Konkurrenz aus den USA durchgesetzt. „Die Vorbeiflüge an den Planeten waren die Höhepunkte der Mission“, erinnert er sich. Schon Wochen zuvor war das Team nach Pasadena gekommen, hatte Büros am JPL bezogen und gemeinsam mit anderen Teams die Datennahme vorbereitet. Dann hieß es bangen, ob alles klappt.

Sie erlebten viele Überraschungen. „Der Jupitermond Io galt lange als vulkanisch inaktiv“, nennt Neubauer ein Beispiel. „Dann stellte sich heraus, dass es der aktivste Körper im gesamten Sonnensystem ist.“

Beim Abschiedsfotos war die Erde nicht mal einen Pixel groß

1990 endet der planetare Teil der Mission. Ein letztes Mal fotografiert Voyager 1 im Februar des Jahres seinen Ursprung, die Erde. In sechs Milliarden Kilometer Entfernung nimmt sie nicht mal ein vollständiges Pixel auf dem Abschiedsbild ein.

Der interstellare Teil der Mission beginnt. Neubauer, Glaßmeier und viele weitere Wissenschaftler wechselten zu anderen Projekten, um ihre Planetenforschung voranzutreiben. Je nach Fragestellung schauen sie noch bis heute in die alten Voyager-Daten, derzeit welche vom Neptun, so Glaßmeier.

Obwohl jahrzehntealt, müssten die Instrumente den Vergleich mit modernen nicht scheuen, sagt der Forscher. Jüngere Entwicklungen hätten sich vor allem darauf konzentriert, die Geräte kleiner, leichter zu machen sowie weniger empfindlich gegen Störungen, sagt Glaßmeier.

Aber es gibt noch einen Unterschied zu aktuellen Missionen: Neben wissenschaftlichen Instrumenten leistete sich die Nasa, auch Souvenirs mitzunehmen – für Außerirdische. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Sonden in deren Hände (oder was auch immer) geraten, extrem gering ist, haben die Raumfahrzeuge vergoldete Platten mit Informationen über die Menschheit dabei. 30 Zentimeter groß sind sie, eine Nadel sowie eine Abspielanleitung – binär codiert – ist beigefügt. Wer’s entziffern kann, erfährt, dass die Platte mit 16 2/3 Umdrehungen pro Minute rotieren muss, um zu hören, was auf die Audiospur gepackt ist. Musik von Bach, Beethoven, Chuck Berry und Louis Armstrong ist dabei, ebenso Geräusche von Wind und Donner und eine Grußbotschaft der Vereinten Nationen. Zusätzlich sind Bilder gespeichert von der Anatomie des Menschen, einem Fetus bei der Geburt sowie von Landschaften der Erde. Die Sowjetunion ist mit einem Foto von Walerij Borsow vertreten, wie er den 200-Meter-Sprint bei Olympia 1972 anführt.

In ein paar Jahren werden die Voyager-Zwillinge verstummen

Dass die beiden Voyager-Raumfahrzeuge bis heute durchhalten, ist ein kleines Wunder. Doch mit wachsender Distanz werden deren Signale immer schwächer und sind kaum mehr zu erkennen, wie der „Scientific American“ berichtet. Theoretisch kann das Deep Space Network die beiden Sonden bis Mitte der 2030er Jahre verfolgen. Ob sie dann noch genug Energie haben, um Signale zu senden, ist ungewiss. Aktuell gehen die Nasa-Fachleute davon aus, dass wenigstens ein wissenschaftliches Instrument je Sonde bis 2025 einsatzfähig bleiben kann.

Botschaft in vielen Sprachen

Pioneer
 Schon die Sonden Pioneer 10 und Pioneer 11, die 1972 und 1973 gestartet wurden, hatten vergoldete Platten mit Informationen über die Menschheit mit an Bord. Die Platte wurde vom sogenannten Voyager-Golden-Record-Team um den Astrophysiker und Schriftsteller Carl Sagan entworfen.

Grußbotschaft
 Die Botschaft der Voyager-Sonden wurde in 55 verschiedenen Sprachen aufgezeichnet. Dazu wurden 115 Bilder von der Erde gepackt.