Hitlers Gauleiter in der Steiermark: Sigfried Uiberreither (ganz links). Foto: Archiv

Wie es Sigfried Uiberreither gelingen konnte, in Sindelfingen die neue Identität von Friedrich Schönharting anzunehmen, ist bis heute mysteriös. Am 15. November soll ein Vortrag mehr Licht ins Dunkel über den ehemaligen NS-Gauleiter Hitlers in der Steiermark bringen.

Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting – NS-Gauleiter und Reichsstatthalter. Ein ranghoher NS-Funktionär taucht nach dem Krieg in Sindelfingen unter“: Unter dieser Überschrift steht ein Vortrag von Professor Stefan Karner am Dienstag, 15. November, um 19.30 Uhr im Odeon der Schule für Musik, Theater und Tanz (SMTT), Wolboldstraße 21, in Sindelfingen.

Über 77 Jahre liegen das Ende des Zweiten Weltkriegs und die NS-Diktatur zurück, ihre Spuren reichen mitunter bis weit in die Nachkriegszeit. Bald nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 wurde Dr. Sigfried Uiberreither von Hitler zum Gauleiter und Reichsstatthalter in der Steiermark, 1941 zum Chef der Zivilverwaltung Untersteiermark (Slowenien) und 1944 zum Reichsverteidigungskommissar ernannt. Er stieg damit in die oberste Führungsriege des NS-Systems auf.

1945 wurde Uiberreither von den Briten inhaftiert und nach Nürnberg gebracht, wo er im internationalen Kriegsverbrecherprozess als „Zeuge“ aussagte. Eine Verurteilung war in einem Kriegsverbrecherprozess in Ljubljana/Laibach vorgesehen, wohin er überstellt werden sollte. Während der Überstellung gelang ihm unter bisher ungeklärten Umständen die Flucht aus alliiertem Gewahrsam. 1947 ließ er sich mit einer neuen Identität als „Friedrich Schönharting“ in Sindelfingen nieder.

Frau und Kinder zogen nach – in Lohn und Brot bei Bitzer und der Deutschen Bahn

Seine Frau und seine Kinder konnten in der Folge nachziehen. Uiberreither arbeitete bei der Firma Bitzer, später bei der Deutschen Bahn. 1984 ist er in Sindelfingen gestorben, ohne dass seine wahre Identität öffentlich geworden ist. 2017 hat die lokale Presse die Geschichte aufgegriffen. „Die Stadtverwaltung hat zugesagt, sich um die historische Aufarbeitung zu bemühen und kooperiert dazu mit der Historischen Landeskommission der Steiermark“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Historische Landeskommission der Steiermark hat Universitätsprofessor Stefan Karner gebeten, eine Biografie über Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting zu verfassen. Die Stadt Sindelfingen unterstützt dieses Forschungsprojekt, „da an der Aufarbeitung der Geschichte Uiberreithers ein hohes lokalgeschichtliches Interesse besteht“. Stefan Karner hat sich seit den 1980er Jahren mit dem Nationalsozialismus in der Steiermark befasst und als erster bereits 1986 auf den Tod Uiberreithers in Deutschland im Jahr 1984 hingewiesen und seine Rolle beleuchtet. Damals war man in der historischen Forschung von einem Verbleib Uiberreithers in Südamerika ausgegangen.

Forschungen dauern an – nach wie vor werden Zeitzeugen gesucht

Am Dienstag, 15. November, wird Karner um 19.30 Uhr im Odeon der SMTT einen Vortrag zu „Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting – Gauleiter und Reichsstatthalter“ halten. Da die Forschungen noch andauern, werden Zeitzeugen gesucht, die zu „Schönhartings“ Zeit in Sindelfingen (1947-1984) Hinweise geben können. Ansprechpartner bei der Stadtverwaltung Sindelfingen ist Stadthistoriker Horst Zecha, der in den Vortrag einführen wird und ebenfalls für Fragen und Informationen zur Verfügung steht. Der Eintritt zum Vortrag ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.