Die Brenz Band verabschiedet sich nach 50 Jahren von der Bühne. Das inklusive Projekt hat gezeigt, dass Musik Grenzen überwinden kann – und Herzen sich öffnen, wenn Menschlichkeit die Oberhand gewinnt
Alles hat seine Zeit. Auch das Gute. Spätestens am Samstagabend wurde dies den zahlreichen Fans der Brenz Band im Ludwigsburger Scala schmerzlich bewusst. Der letzte öffentliche Auftritt der ungemein beliebten inklusiven Band, die gern mit dem Slogan „Wir spielen euch in Grund und Boden“ antrat, stand nämlich auf dem Programm. Und wie Landrat Dietmar Allgaier zur Begrüßung sagte: „Es ist und es wird ein besonderer Abend, den wir heute erleben. Heute feiern wir eine Band, die in den letzten Jahrzehnten weit mehr als Musik gemacht hat.“
Denn die 1974 aus einem visionären Schulprojekt entstandene Gruppierung – übrigens eine der ersten inklusiven Bands in ganz Deutschland – habe viele Zeichen gesetzt, so Allgaier: „Für Vielfalt, für Zusammenarbeit und für den Mut, Barrieren abzubauen.“ Nach 50 Jahren und rund 2000 Auftritten, zahlreichen Auszeichnungen wie etwa „Künstler für den Frieden“ von der Unesco, die Landesehrennadel Baden-Württemberg oder auch das Bundesverdienstkreuz, nimmt diese Erfolgsgeschichte nun ein Ende.
Eigene Version der VfB-Stadionhymne
Die Extra-Portion Herzlichkeit, mit der die Band es regelmäßig geschafft hat, Menschen aller Altersstufen mitzureißen, ist schon längst Legende. Zum Abschied vor einem ausverkauften Haus schwang nachvollziehbarerweise viel Wehmut mit. Aber auch Freude. Die Freude bei den Musizierenden, es noch einmal so richtig krachen zu lassen, obwohl das Alter freilich sichtbare Zeichen gesetzt hat. Die Freude auch darüber, mit lieb gewonnenen Weggefährten – Dale Wilde, die mit in China war, das Duo Dulcimus, das oft Konzertpartner war, sowie die Band Die Fraktion, die 2018 gemeinsam mit der Brenz Band die inklusive Version der VfB-Stadionhymne aufnahm – sie alle ließen es sich nicht nehmen, das Bühnenprogramm zu bereichern und gemeinsam Adieu zu sagen.
Und nicht zuletzt auch die Freude des Publikums, Teil eines großen Ganzen zu sein. Denn wer ein Konzert der Brenz Band besucht, der ist auch Teil dieser großen Familie, die durch ein unsichtbares, aber deutlich spürbares Band miteinander verbunden ist. Das machte auch Peter Hömseder mit seiner musikalischen Klasse 3 der Blankensteinschule Steinheim deutlich: Schülerinnen und Schüler aus 12 Nationen, die kess und mit umwerfendem Sympathiefaktor als „Vorglüher“ gesungene und getanzte Schulbuchgeschichten zu Beginn des Konzerts aufführten und das Publikum restlos begeisterten.
Stärker als „Lärm der Unterschiede“
Brenz-Band-Konzerte sind Begegnungen zwischen Kulturen und Geschichten. „Die Band hat in all diesen Jahren unzählige Menschen inspiriert. Von hier bis Ecuador, von der Cannstatter Kurve bis nach China“, so Allgaier. „Und sie hat gezeigt, was möglich ist, wenn wir uns wirklich füreinander öffnen, alle Vorurteile beiseitelegen und uns einfach aufeinander einlassen. Der Klang der Musik ist immer stärker, als der Lärm der Unterschiede.“
Und mindestens vier Menschen dürfen bei dieser Erfolgsstory nicht ungenannt bleiben: Horst Tögel, der Rektor der Schule am Favoritepark, der mit seiner Vision den Stein ins Rollen brachte und bis heute das Herz der Truppe bildet. Sein Schützling Salvatore Pugliese, dessen Talent und Geschichte den Startschuss gaben und das Ehepaar Gitte und Jürgen Dietl, das von Oberbürgermeister Matthias Knecht mit der Kulturehrung der Stadt Ludwigsburg ausgezeichnet wurde. Beide engagieren sich nicht nur als Musiker, auch die Organisation der Reisen fiel unter ihre Aufgaben. Und dann ging der Zauber los: mit dem charakteristischen Soundteppich der Brenz Band und vielen unnachahmlichen Showeinlagen ihrer Mitglieder.