Kommen die Geisterspiele beim VfB Stuttgart wieder? Foto: imago images/Eibner

Die besorgniserregende Corona-Lage hat die Debatte um die flächendeckende Rückkehr der Geisterspiele in der Fußball-Bundesliga neu entfacht. Ein Überblick.

Frankfurt am Main - Der Zuschauer-Plan steht zwar noch – doch an die Umsetzung glaubt fast niemand mehr. Dass am Samstag tatsächlich 67.000 Fans das Topspiel der Fußball-Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und Bayern München live im Stadion erleben werden, erscheint angesichts der beängstigenden Corona-Lage äußerst unrealistisch. Viel mehr rückt das flächendeckende Comeback der Geisterspiele immer näher – exakt ein halbes nach dem von der Politik deren Ende proklamiert worden war.

„Auch wenn ich Fußball-Fan bin: In den Größen, in denen die Stadien jetzt besetzt sind, geht das nicht“, sagte FDP-Parteichef Christian Lindner in der ARD-Talkshow Anne Will. Der designierte Finanzminister dürfte vor der nach AFP-Informationen für Dienstag angesetzten Spitzenrunde von Bund und Ländern mehr wissen als die Öffentlichkeit – und so könnte das zurückliegende Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach (4:1) vorerst die letzte Partie mit vollen Tribünen gewesen sein.

Die Begegnung am Samstag vor 50.000 Zuschauern hat die Debatte um die Geisterspiele entscheidend befeuert. Zahlreiche Spitzenpolitiker und Experten äußerten ihr Unverständnis. Neben Lindner fordern unter anderem Markus Söder und Karl Lauterbach stark reduzierte Zuschauerzahlen oder den erneuten Komplett-Ausschluss der Fans. Auch Sprecher Steffen Seibert artikulierte am Montag das fehlende Verständnis der Bundesregierung.

VfB gegen Hertha ohne Zuschauer?

Als Folge wird erwartet, dass nach Sachsen auch Baden-Württemberg unter der Woche die Rückkehr zu Spielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschließen wird. Bayern hat bereits die Zahl der erlaubten Besucher in den Stadien stark reduziert, andere Bundesländer wollen nachziehen.

In Nordrhein-Westfalen sollen am Dienstag auch Maßnahmen mit Blick auf Großveranstaltungen beschlossen werden. Laut NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst passen volle Stadien und eingeflogene Patienten aus anderen Bundesländern nicht zusammen. „Und an solche Sachen werden wir rangehen“, sagte der CDU-Politiker im ARD-Mittagsmagazin.

Von Geisterspielen in Baden-Württemberg wären am Wochenende die TSG Hoffenheim (gegen Eintracht Frankfurt) und der VfB Stuttgart (gegen Hertha BSC) betroffen. Die Schwaben sind bereits alarmiert. 

Vorstandsboss Thomas Hitzlsperger warnte eindringlich vor Begegnungen ohne Zuschauer oder gar einem „Fußball-Lockdown“. „Geisterspiele sind für uns wirklich dramatisch“, sagte der frühere Nationalspieler im SWR und bezeichnete die finanzielle Lage „immer mehr prekär“.

DFB setzt auf eine einheitliche Linie

Die ersten Erfahrungen mit der Rückkehr der Partien vor leeren Rängen hat RB Leipzig bereits am Sonntag gemacht. Dabei hat nicht nur das Ergebnis gegen Bayer Leverkusen (1:3) die Bosse desillusioniert.

„Fakt ist, dass man müde wird, nicht nur wir im Fußball, sondern auch jeder andere Bürger im Land, mit immer wieder neuen Einschränkungen und Hoffnungen, die einem gemacht werden. Dann droht doch wieder der nächste Lockdown“, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff bei DAZN: „Natürlich ist es sportlich und wirtschaftlich ein großer Nachteil, den wir im Vergleich zu den Bundesligisten haben, die in vollen oder halbvollen Stadien spielen.“

Immerhin diesen Nachteil könnte es schon bald nicht mehr geben. Für Söder sind deutschlandweite Kontaktbeschränkungen unumgänglich. „Was die Leopoldina fordert, braucht das ganze Land. Wir müssen jetzt entschlossen handeln“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag im ZDF-Morgenmagazin.

Die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) setzt auf eine einheitliche Linie. „Es ist sehr schwer vermittelbar, dass 50.000 Zuschauer in Köln im Stadion sind – und einen Tag später keiner in Leipzig“, sagte Co-Interimspräsident Rainer Koch am Montag: „Der Fußball muss sichtbar machen, dass er sich seiner Verantwortung bewusst ist. Wir müssen aber auch schauen, dass die Vereine wirtschaftlich überleben können.“