Hände hoch: VfB-Interimstrainer Michael Wimmer feiert den Sieg gegen Augsburg. Foto: IMAGO/Michael Weber

Im Stadion herrschte nach dem späten Siegtor zum 2:1 gegen den FC Augsburg Ekstase pur – in den Katakomben herrschte später Einigkeit unter den VfB-Profis: Unser Trainer, der ist ein Guter!

Es läuft die Nachspielzeit, als Waldemar Anton noch mal alle Kräfte mobilisiert. Es sind die letzten, wie sich wenige Augenblicke später herausstellen wird. Aber egal. Ein letztes Mal: Augen zu und durch. Oder besser: Augen zu und rein. Ein Schuss, ein Tor – der Anton! Mit rechts trifft der Abwehrmann von halbrechts ins Stuttgarter Glück. Antons 2:1 gegen den FC Augsburg lässt das Stadion beben. Womöglich haben die Baggerschaufel auf der Baustelle namens Mercedes-Benz-Arena auch ein bisschen mitgewackelt nach dem späten Siegtor, wer weiß.

Am Ende wackelte jedenfalls Waldemar Anton, und das bedenklich. „Ich habe beim Schuss einen Krampf bekommen“, sollte er später berichten, vorher hatte er sich bei seiner Auswechslung in den Schlusssekunden immer wieder den linken Oberschenkel gehalten. Michael Wimmer, der Interimstrainer des VfB, freute sich über genau dieses Bild der totalen Erschöpfung – weil er daher wusste, dass Anton vorher totales Engagement gezeigt hatte. „Genau so muss es sein, dann soll er zum Schluss einen Krampf kriegen, dann wechseln wir ihn aus“, sagte der Coach: „Dann sind die Fans zufrieden, dann können wir die mitnehmen und es ist niemand böse, wenn mal ein Spiel in die Hose geht. Die Bereitschaft, die wir heute an den Tag gelegt haben, muss die Benchmark für die nächsten Spiele sein.“

Der Lohn für den Kampf samt dominanter Schlussphase gegen Augsburg: Mit elf Punkten verlässt der VfB die Abstiegsränge – und rehabilitierte sich mit dem 2:1-Erfolg für das 0:5 in der Vorwoche bei Borussia Dortmund. „Es war ein hochverdienter Sieg“, sagte Stürmer Luca Pfeiffer: „Das Spiel hat hintenraus nur einen Sieger verdient, und das waren wir. Wir können uns nur vorwerfen, dass wir das Spiel nicht früher entschieden haben.“ Das stimmt wohl bei dieser Fülle an Chancen, aber am Ende war das aus VfB-Sicht egal, weil Anton ja noch traf.

Der Dreier war auch ein weiterer Erfolg für Interimstrainer Wimmer. Drei seiner bisherigen vier Pflichtpartien hat der 42-Jährige nun gewonnen. „Die Bilanz spricht für sich, Michi geht sehr auf die Spieler zu, führt viele Gespräche, holt alle ins Boot“, lobte Pfeiffer. Man sei auf einem „guten Weg“. Wenig später setzte auch der Siegtorschütze Anton zu einer kleinen Lobesrede auf den Coach an: „Michi ist ein Super-Typ. Er kennt jeden Spieler, das ist ein wichtiger Punkt“, sagte Anton über Wimmer, der laut Sportdirektor Sven Mislintat einer von derzeit drei Kandidaten ist, die VfB-Profis ab Mitte November dauerhaft zu übernehmen.

Mit welchem Trainer auch immer – der Weg wird nach der WM-Pause wohl weiter ein steiniger sein. Mit nur elf Punkten liegt der VfB nun immerhin knapp vor den Abstiegsplätzen. Aber auch gegen Augsburg sei „nicht alles gut gewesen“, sagte Wimmer. „Wir haben nicht einen überzeugenden Super-Sieg gezeigt, sondern auch Phasen im Spiel gehabt, in denen vieles zu verbessern ist.“ Zu Beginn beider Halbzeiten etwa hatte der VfB massive Probleme – und in der 57. Minute Glück, dass die Gäste keinen Elfmeter bekamen. Borna Sosa hatte den Ball an den Arm bekommen.

Von Minute 65 an aber dominierte der VfB das Spiel, zeigte sich vorne griffig und bissig – und kam zu etlichen Großchancen. Dann kam Antons später Schuss ins Glück, und am Ende hüften die Spieler in weiß und rot vor der freudetrunkenen Cannstatter Kurve

Ob so ein emotionaler Sieg nun ein Wendepunkt sein kann? „Auf jeden Fall“, sagte Anton. „Für unser Selbstbewusstsein ist er enorm wichtig.“ Nach den ersten beiden Erfolgen unter Wimmer gegen Bochum (4:1) und im Pokal gegen Bielefeld (6:0) hatten die Stuttgarter beim 0:5 in Dortmund einen heftigen Rückschlag erlitten. „So etwas wie in Dortmund passiert in 20 Spielen vielleicht einmal, hoffe ich zumindest“, sagte Anton am Ende: „Wir müssen zusehen, dass wir gegen andere Mannschaften unsere Punkte holen.“ Die nächste Gelegenheit gibt es am Freitag bei Borussia Mönchengladbach.

Die Bilder zum Spiel gegen Augsburg – viel Spaß mit unserer Galerie!