Die Fans fieberten mit ihrem VfB. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Das Drama geht weiter! Der VfB Stuttgart muss in die Relegation und strapaziert auch in der Fankneipe die Nerven seiner Fans.

Dass es genauso kommen wird, schwant Jan schon auf dem Weg zum Stadion: „Ich muss Vorglühen, anders erträgst du das nicht. Beim VfB ist immer alles möglich“, orakelt der Mann aus Kirchheim/Murr und steckt sich das Nachfolgebier in die Gesäßtasche. Kollektives Stöhnen löst die Frage nach einem Tipp für das Spiel gegen die TSG Hoffenheim beim Trio aus Vaihingen aus: „Keine Ahnung!“ Bei Carina ist der Puls schon vor dem Anpfiff „auf 140“. Kaum die Mühe gemacht hat sich die Wurstbude vor dem Stadion, um den alten Preis unkenntlich zu machen. Der um einen Euro erhöhte Tagespreis ist einfach drüber geschmiert: „Der Preis für den Nicht-Abstieg“, sagt die Wurstfrau charmant lächeln.

Ganz andere Aufschläge werden für Schwarzmarkt-Tickets aufgerufen. 200 Euro für einen Stehplatz will Patrick aus Schwäbisch Hall aber nicht zahlen. „Die kriegt er nicht weg, der kommt nochmal. Und dann nimmt er die 150, die ich geboten habe“, ist er sich sicher. Wer kein Ticket ergattert hat, pilgert zum „Palm Beach“, der großen Fankneipe direkt am Stadion. Über zwei Dutzend Bildschirme lässt sich das Spiel drinnen und draußen perfekt verfolgen. Hunderte sehen so das Saisonfinale, jede Sitzgelegenheit ist genutzt, auch auf den „Stehplätzen“ draußen geht es eng zu. Und weil das Stadion keinen Steinwurf weit weg ist, ist kaum zu unterscheiden, ob die Fan-Gesänge und Begleitgeräusche aus den Bildschirmen kommen oder aus der Stadionschüssel herüberschwappen.

Meister-Rennen ist egal

Wie verkoppelt wirken so die beiden Orte. Beifall für die erste Balleroberung, Pfiffe für das rüde Foul des Hoffenheimers Rudy, die Arme hochgerissen mit einem Ansatz zum Torschrei beim ersten Schussversuch der Roten. Abkühlend wirkt, als durchsickert, dass Bochum führt: „Jetzt sind wir in der Relegation“, stellt Sascha aus Bad Saulgau fest und fürchtet, dass die zweite Halbzeit „schlimm werden könnte für die Nerven“. Dass Dortmund von der Tabellenspitze gerutscht ist? „Mir doch schnuppe, wer Meister wird! Ich will nur, dass der VfB gewinnt!“ Kurz vor der Pause hat Silas die Führung auf dem Schlappen, die Szenerie kocht hoch: „Die muss rein, die muss!“

Für Max aus Waiblingen ist das bisher aber „nur ein müder Sommerkick“, weil sie „hinten gut sind, vorne aber ohne Feuer“. Dennis platzt gar der Kragen: „Hör mir auf! Hör mir auf! Diese Pflaumen kriegen keinen rein! Da kannst du nicht mehr nüchtern bleiben!“ Wieder stöhnen die Fans frustriert auf und raufen sich die Haare, als kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit die nächste Chance versiebt wird. „Das gibt`s doch nicht! Aus sieben Metern!“ Spannung und Anspannung sind mit Händen zu Martin aus Plochingen tippt auf ein „sehr spätes Tor, wie vor einem Jahr. Dass Geilste, was ich je erlebt habe“.

Nachsitzen ist angesagt

Jetzt aber beginnt für die Fans die finale emotionale Achterbahnfahrt. Ein „Probe-Jubel“ nach einer VfB-Chance, dann die eiskalte Dusche: Tor für Hoffenheim. Fast der Ausgleich bei einem Lattenschuss, schließlich zappelt der Ball im Netz: Grenzenloser Jubel, dann Erstarrung, weil der Video-Beweis läuft: „Das war nichts! Gar nichts! Null, nada, niente!“ Der Schrei könnte bis zum Kölner Keller gelangt sein. Dann der Bestätigungsjubel und Anfeuerungschöre: „Auf geht`s, VfB-e-ee!“ Hilft aber nichts, und nach dem Abpfiff fluten die Scharen im weißen Shirt mit rotem Brustring zügig davon: „Gibt ja nix zu feiern!“ sagt Uli, während sein Freund flucht: „Die machen mich fertig! Die kriegen den Sack einfach nicht zugemacht, und jetzt müssen wir nachsitzen.“