Entscheidung am Verwaltungsgericht Stuttgart Foto: imago images

Ein ehemals in der Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen untergebrachter Flüchtling klagt gegen das Land. Er richtet sich gegen Polizeigewalt bei einer Razzia, die 2018 bundesweit Schlagzeilen machte. Die Richter geben ihm nun teilweise Recht.

Stuttgart - Die Klage eines Flüchtlings gegen das Land Baden-Württemberg wegen ungerechtfertigter Polizeigewalt hatte teilweise Erfolg (Az.: 1 K 9602/18). So stellte das Gericht in einer Entscheidung am Freitag fest, dass die „Personenfeststellung, das Betreten und Durchsuchen des Zimmers des Klägers, das Durchsuchen und das Festsetzen des Klägers unter Anlegen von Einmal-Handschließen“, rechtswidrig gewesen sei, wie es in einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts Stuttgart hieß.

Die Maßnahmen der Polizei bei der Razzia in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Ellwangen im Mai 2018 seien unverhältnismäßig gewesen, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Sie stellten fest, dass das Zimmer des Mannes in der Flüchtlingsunterkunft für sie keine Wohnung im Sinne des Grundgesetzes darstelle. Der Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht sei dennoch „nicht angemessen“ gewesen. Dabei habe das Gericht auch berücksichtigt, dass die Polizei das Zimmer des Mannes um 5.19 Uhr und damit nachts betreten habe.

Razzia in Ellwangen sorgte bundesweit für Schlagzeilen

Die Klage des Mannes gegen die polizeilichen Maßnahmen bei seiner Abschiebung im Juni 2018 hatte dagegen keinen Erfolg. Auch hier war die Polizei in das Zimmer des 31-jährigen Flüchtlings gekommen und hatte ihn später mit Gewalt in ein Polizeiauto gebracht. Diese Maßnahmen waren aus Sicht des Gerichts „zur Durchsetzung der Ausreisepflicht gerechtfertigt“.

Lediglich das zeitweise Einbehalten des Geldbeutels des Mannes rügten die Richter in ihrer Entscheidung. In einer mündlichen Verhandlung hatten am Donnerstag der Kläger und als Zeugen an den Einsätzen beteiligte Polizisten ihre Eindrücke der beiden Einsätze geschildert.

Die Razzia in Ellwangen hatte 2018 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nur wenige Tage zuvor war die geplante Abschiebung eines Togolesen abgebrochen worden, weil sich mehr als hundert Flüchtlinge damals mit dem Mann solidarisiert und zum Teil gewaltsam versucht hatten, die Abschiebung zu verhindern. Polizisten sahen sich durch die Menge bedroht und zogen sich zurück. Mit Hunderten Beamten rückte die Polizei daraufhin erneut an. An der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes entzündete sich in der Folge eine Debatte. Der 31-jährige Kameruner hatte nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Dezember 2018 eine Klage gegen die Polizeimaßnahmen eingereicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.