Ein Mann geht mit einem Regenschirm vor aufziehenden dunklen Wolken spazieren. Foto: dpa/Martin Gerten

Die Natur freut sich über den ausgiebigen Regen, doch viele sehnen Sonnenschein und Wärme herbei. Wir erklären, ob das Frühjahr in Deutschland wirklich so verregnet ist und was das heimische Wetter mit dem Klima-Phänomen El Niño zu tun hat.

Regen, Regen, nichts als Regen. Das Frühjahr scheint in diesem Jahr vor allem nass-kalt und regnerisch zu sein. Die Meldungen über Dauerregen, Hochwasser und Gewitter häufen sich. Und auch im restlichen Mai dürfte es in Baden-Württemberg eher wechselhaft, unbeständig und ungemütlich werden.

Was ist los mit dem Wonnemonat Mai?

Der Wonnemonat Mai fällt in diesem Jahr wohl buchstäblich ins Wasser. Zwar strömt Warmluft aus dem unter einer extremen Hitzewelle leidenden Spanien nach Südwesten und lässt die Temperaturen lokal auf sommerliche Werte steigen. Jedoch kommen bei Gewittern samt Hageln und Starkregen kaum Sommergefühle auf.

„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ wird sich so mancher fragen und hat dabei den zeitlosen Ohrwurm von Rudi Carrell (1934-2006) aus dem Jahr 1975 im Sinn.

Ist das Wetter nur gefühlt so schlimm?

„Die objektive Wetterwirklichkeit und die subjektive Wahrnehmung klaffen oft weit auseinander“, stellt Peter Walschburger, emeritierter Professor für Biopsychologe an der Freien Universität Berlin, fest. „Das Wetter ist oft nicht so schlimm, wie wir es empfinden. Ein vermeintlich verregneter Sommer weckt Emotionen.“

Das Wetter muss also als Prügelknabe herhalten, wenn der Mensch unzufrieden und gestresst ist.

„Wenn es ein paar Tage 30 Grad ist, kommen Klagen. Wenn die Temperaturen sinken, wird gemeckert“, sagt der Professor aus Berlin. Wenn es den ganzen Tag regnet, empfänden wir dies als einen „Störimpuls“, auf den wir unsere ganze Aufmerksamkeit lenken. „Diese Wahrnehmung verstärkt sich und bleibt eine Zeit lang in unserem Bewusstsein hängen.“

Was hat der Dauerregen im Südwesten mit El Niño zu tun?

Nach einer Prognose der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf muss sich die Welt wegen des nahenden Klimaphänomens El Niño bereits in diesem Jahr auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen. Schon jetzt sei das Oberflächenwasser im zentralen und östlichen Pazifik höher als im langjährigen Durchschnitt, und dies gehe immer mit höheren Temperaturen an Land einher, berichtet die WMO.

Die WMO-Experten sind sich sicher: Zusätzlich zum Klimawandel durch menschengemachte Treibhausgase kommt nun das Wetterphänomen El Niño mit bis zu 80 Prozent Wahrscheinlichkeit auf die Welt zu.

Mit Blick auf 2024 und 2025 seien wegen El Niño sogar Temperaturrekorde zu befürchten, warnt WMO-Chef Petteri Taalas. „Die Entwicklung eines El Niño erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Temperaturrekorde gebrochen werden.“

Was bewirken El Niño und La Niña?

El Niño und das Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf. Bei beiden verändern sich die Meeres- und Luftströmungen im und über dem süd-südöstlichen Pazifik.

Je nach Weltregion erzeugt dies vermehrte Niederschläge oder Dürren. Weil die Erwärmung der Küstengewässer vor Peru immer zum Jahresende besonders hoch waren, nannten Fischer das Phänomen El Niño (das Christkind).

El Niño steht dabei für eine Phase, in der eine bestimmte Region im Pazifischen Ozean besonders warme Wassertemperaturen aufweist. La Niña für die besonders kalte Phase. Die beiden Zyklen wechseln sich durchschnittlich alle drei Jahre ab.

Ein Extrem löst das andere Extrem ab

In den vergangenen drei Jahren sei das globale Klima von La Niña beeinflusst worden, erklärt Taalas. „Das wirkte wie eine Bremse auf den globalen Temperaturanstieg.“ Wie lange El Niño anhält oder wie stark die Folgen sind, könnten Fachleute nicht voraussagen.

El Niño hat Einfluss auf das Wetter weltweit, weil er Hoch- und Tiefdrucksysteme, Winde und Niederschläge beeinflusst – auch in Deutschland. Aufgrund der größeren Energiemenge, die El Niño weltweit liefert, sind auch neue und extremere Hitzerekorde und möglicherweise besonders heftiger Starkregen von den Alpen bis zur Nordsee wahrscheinlich.