So sieht das berühmte Opernhaus La Fenice in Venedig 25 Jahre nach dem Großbrand aus. Foto: dpa/Annette Reuther

Vor 25 Jahren machten Flammen Venedigs Oper La Fenice zum Trümmerhaufen. Eine der bekanntesten Bühnen der Welt findet die Kraft zum Wiederaufbau – nicht nur einmal. Nach der Corona-Krise will der Intendant neue Wege einschlagen.

Venedig - Donna Leon ließ in ihren Krimis Commissario Guido Brunetti in der Oper von Venedig ermitteln. Touristen fotografierten sich stolz auf den Stufen des ehrwürdigen Portals von La Fenice, zumindest bis die Corona-Pandemie kam. Echte Venezianer fühlen sich ohnehin eng verbunden mit dem Theater und dessen bewegter Geschichte: überflutet, abgebrannt und immer wieder aufgestiegen zu neuem Glanz. Das letzte zerstörerische Feuer fegte vor 25 Jahren durch das weltberühmte Haus – es konnte der Faszination keinen Abbruch tun.

Der Brand vom 29. Januar 1996, als die Flammen durchs Dach schlugen, habe der internationalen Musikwelt einen „Schock“ versetzt, erzählt Intendant Fortunato Ortombina. „Und jetzt, mitten in der Corona-Pandemie, fühlt es sich seltsam an, daran zu erinnern. Das Haus hat eine so lange Reise seither hinter sich.“ Erst die lange Phase des Wiederaufbaus. Dann die Neuausrichtung der Produktionen. „Wir hatten einen wachsenden Zuspruch des Publikums“, sagt er am Telefon.

Und jetzt? Es herrscht Corona-Ausnahmezustand. Aufführungen laufen als Streaming-Veranstaltungen im Internet – wie in vielen Theatern. „Die Stadt ist so leer“, stöhnt der 60-Jährige. Seit 2007 ist er fester Künstlerischer Leiter der Bühne, die wie die Scala in Mailand zu den bekanntesten Opernhäusern weltweit zählt.

In Venedig wurden große Opern von Verdi, Rossini und Donizetti erstmals aufgeführt

Am 16. Mai 1792 erstmals eröffnet, erlebten Werke von Giuseppe Verdi, Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini und Gaetano Donizetti dort Uraufführungen.

Violinistin Daniela Santi hat die verkohlte Ruine noch gut vor Augen, genau wie die Trauer und den Zuspruch vieler Venezianer danach. „Es ist, als wäre es gestern passiert.“ Zerstört wurde vor einem Vierteljahrhundert nicht nur ein symbolischer Ort: „Es war wie eine Person“, erzählt die pensionierte Musikerin im Blatt „La Nuova Venezia“.

Das Entsetzen wuchs, als sich Brandstiftung als Ursache abzeichnete. Bei Renovierungsarbeiten waren zwei Elektriker in Verzug geraten. Sie wollten mit dem Feuer Mängel vertuschen und eine Konventionalstrafe abwenden. Es hagelte weitere Vorwürfe, etwa wegen Problemen mit dem Löschwasser und der Feuerwehr.

Fenice heißt Phönix – und wie dieser sagenhafte Vogel hebt sich die Oper aus der Asche

Venedigs große Oper lag aber nicht dauerhaft am Boden. Wie der sagenhafte Feuervogel Phönix – italienisch: fenice – erhob sie sich zu neuen Höhen. „Damals kamen Solidarität und Gelder aus der ganzen Welt“, sagt Intendant Ortombina. „Heute, in der Covid-Krise, sind nicht nur wir betroffen.“ Die halbe Welt stecke in Nöten, das mache einen großen Unterschied.

Nach typisch italienischen Verzögerungen war es rund acht Jahre nach dem Großfeuer, im Dezember 2003, soweit: Mit einem Festkonzert, dirigiert von Riccardo Muti, öffnete die modernisierte Oper wieder. An der Rekonstruktion hatte Stararchitekt Aldo Rossi mitgewirkt. Das Logentheater mit seinem hohen Zuschauerraum glänzte mit viel Blattgold und Cremeweiß in alter Pracht.

Dabei handelte es sich nicht um die erste Wiedergeburt: La Fenice war bereits in der Nacht vom 12. zum 13. Dezember 1836 ein Raub der Flammen geworden. Damals gelang der Neustart nach rund einem Jahr.

Im November 2019 überschwemmte ein Hochwasser das historische Zentrum Venedigs

Noch gar nicht so lange her ist das schlimme Hochwasser vom November 2019. Es überschwemmte große Teile des historischen Zentrums der Lagunenstadt. Das Untergeschoss der Oper, wo Elektrik und Computer untergebracht sind, lief voll. Das Aufräumen ging schnell, schon kurz nach der Flut konnten die Zuhörer wieder Aufführungen genießen.

In absehbarer Zukunft, nach der Corona-Pandemie und dem erzwungenen Musizieren ohne Live-Publikum, wird etwas Neues beginnen. Da ist sich Intendant Ortombina sicher. Doch wie wird es aussehen? „Wir suchen nach veränderten Strategien“, sagt er. Die Klassik-Konzerte im Internet hätten durchaus über 20 000 Zuhörer gehabt. „Die Welt wird anders sein.“ Und, wie um sich selbst zu vergewissern, stellt er klar: „Livemusik wird immer ein Teil unserer Kultur bleiben.“