Kandidiert Joe Biden für eine zweite Amtszeit als US-Präsident? Foto: dpa/Patrick Semansky

Amtsinhaber Joe Biden, ein Comeback von Donald Trump oder kommt der Generationenwechsel? Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2024 halten sich Demokraten wie Republikaner ungewöhnlich bedeckt. Aus guten Gründen.

Bislang läuft im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2024 wenig nach Plan. Statt ein Vollbad im erwarteten Erfolg der Republikaner bei den Zwischenwahlen im November nehmen zu können, bereitete der Ausgang der Midterms Donald Trump eine kalte Dusche. Die Wähler wiesen Trump und dessen „Make America Great Again“-Agenda (Maga) erneut zurück. Das Timing für die offizielle Ankündigung, einen weiteren Anlauf auf das Weiße Haus nehmen zu wollen, könnte kaum schlechter sein.

Joe Biden seinerseits hatte öffentlich angekündigt, über Weihnachten und Neujahr eine Entscheidung darüber treffen zu wollen, ob er für eine zweite Amtszeit antreten würde. Dies hatte er 2020 noch ausdrücklich ausgeschlossen, als der damals 78-Jährige mit dem Versprechen antrat, das Land als „Übergangspräsident“ zurück in die Normalität zu führen. Die Ankündigung lässt bis heute auf sich warten.

Neuauflage Biden gegen Trump?

Eine Neuauflage Joe Biden gegen Donald Trump gilt unter Analysten in Washington wegen der Gravitationskräfte in beiden Parteien noch immer als die wahrscheinlichste Variante bei den Präsidentschaftswahlen im November 2024.

Obwohl es innerhalb der eigenen Partei nur wenig Enthusiasmus für den zu Beginn einer zweiten Amtszeit 82 Jahre alten Biden gibt, traut sich von den potenziellen Schwergewichten bislang niemand, den amtierenden Präsidenten herauszufordern. Solange sich der Präsident nicht erklärt, bleibt das Bewerberfeld eingefroren. Dabei wünschen sich selbst unter den demokratischen Wählern nur 44 Prozent eine erneute Kandidatur des Amtsinhabers.

„Wir stürzen uns nicht in den Wahlkampf, bevor wir es müssen“, spielt ein Berater des Präsidenten Spekulationen herunter, er könnte sich gegen eine zweite Amtszeit entscheiden. Bill Clinton und Barack Obama hätten sich bis April Zeit gelassen, ihre Wiederwahlkampagne anzukündigen, George W. Bush sogar bis Mai. Der demokratische Stratege Mark Longabaugh denkt, Biden habe maximal bis zum Sommer Zeit. „Dann muss er sich entscheiden.“

Entscheidung erst im Sommer?

Die Gouverneure Gavin Newsom aus Kalifornien, J. B. Pritzker aus Illinois und Gretchen Whitmer aus Michigan halten sich alle Optionen offen, ebenso wie Verkehrsminister Pete Buttigieg und die Senatorinnen Elizabeth Warren und Amy Klobuchar. Denkbar bleibt auch, dass Vizepräsidentin Kamala Harris Ansprüche anmelden wird, obwohl sie viele in der Partei enttäuscht hat.

Die einzig erklärte Herausforderin, Marianne Williamson, eine „spirituelle Führerin“ mit Quacksalber-Image, nimmt derweil niemand ernst. Nur Fox, der Haussender der Republikaner, räumt ihr Sendefläche ein, um Streit bei der Konkurrenz zu schüren.

Trumpismus ohne Trump

Auftrittsmöglichkeiten bietet der Sender auch einem, der bessere Aussichten hat: dem aufsteigenden Star der Konservativen, Ron DeSantis. Der 44-jährige Gouverneur aus Florida gilt als Hoffnungsträger der Republikaner, er verspricht „Trumpismus“ ohne Trump. Während der Sender, der 2016 maßgeblich beim Aufstieg Trumps mithalf, dessen Auftritte zunehmend ausblendet, bewirbt Fox DeSantis wenig verdeckt als Alternative. Wie jeder potenzielle Kandidat in den USA hat der gerade mit großer Mehrheit wiedergewählte Gouverneur ein Buch veröffentlicht („The Courage to be Free“). Erschienen ist es bei Harper Collins, einem Verlag, der wie Fox zum Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch gehört.

DeSantis zog es auch vor, nicht das CPAC-Spektakel („Conservative Political Action Conference“) in Washington zu besuchen, bei dem sich Trump feiern ließ. Der offiziell noch nicht erklärte Herausforderer wusste, dass der Ex-Präsident dort ein Heimspiel haben würde. Andere potenzielle Bewerber wie Mike Pence und die Gouverneure Glenn Youngkin aus Virginia und Chris Sununu aus New Hampshire hielten sich ebenfalls fern.

„Ich bin eure Vergeltung!“

Ihnen wäre an der Maga-Basis das gleiche Schicksal widerfahren wie Nikki Haley, die für einen Generationswechsel warb. „Wir lieben Trump“, skandierten die Trump-Fans zum Ende ihrer Rede. Der Ex-Präsident versprach seinen Anhängern derweil „Rache“ für 2020. „Ich bin euer Krieger, ich bin eure Gerechtigkeit, ich bin eure Vergeltung“, rief er der Menge zu, während er potenzielle Gegner als Verräter charakterisierte. Dass er selbst nur unwesentlich jünger wäre als Amtsinhaber Biden, spielte Trump (76) unter Berufung auf seinen ehemaligen Leibarzt Ronny Jackson herunter. „Er hat mir gesagt, dass ich 200 Jahre alt werde.“

Weit problematischer als sein Alter sind für Donald Trump die Probleme an der rechtlichen Front: Es drohen Anklagen wegen seiner Rolle bei dem versuchten Putsch am 6. Januar im Bundesstaat Georgia und möglicherweise durch den Generalbundesanwalt.

Nicht zuletzt deshalb halten sich ehemalige Verbündete und Geldgeber mit öffentlichen Unterstützungserklärungen für Trump zurück. Umfragen sehen DeSantis in einer erstaunlich starken Position, und in den Umfragen liegt der abgewählte Ex-Präsident zudem unter den schwachen Zustimmungswerten Bidens. Alles bleibt also möglich für 2024: ein Wettbewerb der ältesten Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA oder ein Generationswechsel.