Von angeblicher Notwehr ließ sich der Richter nicht überzeugen. Foto: Imago//Oleksandr Latkun

Ein 28-Jähriger muss für den Angriff auf einen Bekannten für drei Jahre in Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

Mit einer vergleichsweise milden Strafe von drei Jahren Gefängnis ist ein 28-Jähriger aus Großbottwar für seine begangene gefährliche Körperverletzung am Mittwoch vor der 1. Schwurgerichtskammer am Landgericht Heilbronn weggekommen. Damit blieb der Richter deutlich unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von fünf Jahren. Dem erhofften Freispruch von Seiten der Verteidigung aufgrund einer angeblichen Notwehrsituation wurde dagegen eine klare Absage erteilt.

Die Worte des Richters waren allerdings noch nicht vollständig verklungen, als der Verurteilte sichtlich erblasst zunächst einen Wachmann anblaffte, der versuchte, ihm den Blick auf das Opfer zu verstellen. Er drohte dem 35-Jährigen, der als Nebenkläger am Verfahren teilnahm, daraufhin offen: „Auf dich wartet eine Überraschung.“ Dabei hatte der Vorsitzende Richter Martin Liebisch dem 28-Jährigen in seiner Urteilsbegründung noch unmissverständlich klar gemacht: „Sie sitzen hier mitnichten wegen dem Nebenkläger, sondern aufgrund ihres eigenen Handelns in der Situation.“

Richter kritisiert Polizei und Zeugen

Vor der Urteilsbegründung hatte Liebisch zunächst wortreich seinem Unmut sowohl über die lückenhaften Ermittlungen der Polizei nach der Tat als auch über die Art und Weise der Zeugenaussagen Luft gemacht: „Tatspuren wurden oberflächlich gesichert und viel zu spät durchsucht, aber auch die zahlreichen dreisten und unverfrorenen Lügen, die dem Gericht aufgetischt wurden, waren in ihrer Dichte nur schwer erträglich und zeugten von einer völligen Gleichgültigkeit gegenüber gesetzlichen Regeln.“

Aus Sicht der Kammer war an dem Sommerabend im Jahr 2022 der Angeklagte auf seinen sieben Jahre älteren Bekannten, der mit seinem Hund unterwegs war, zugelaufen und hatte gezielt eine Konfrontation oder wenigstens einen verbalen Streit gesucht. Da er ein Messer mit sich führte, habe er aus Sicht der Richter dabei auch „keinen Grund für ein friedliches Gespräch geliefert, Sie wollten ihm eine Abreibung verpassen, eine Tötungsabsicht ist nicht nachzuweisen“.

Die Hintergründe bleiben im Dunkeln

Doch auch der 35-Jährige habe mit seinem Verhalten – er soll unter anderem mit der Hundeleine zugeschlagen – nicht zu einer Deeskalation beigetragen, und letztlich auch vor Gericht mit seinen „nicht durchgängig verlässlichen Angaben“ offenbar versucht, das Verfahren zu steuern. Am Ende trug das Opfer eine leichte Wunde an der Wade, sowie zwei Schnittwunden am Oberbauch und am Handgelenk davon, die je im Krankenhaus genäht werden mussten. Der tatsächliche Hintergrund der Auseinandersetzung bleibt Liebisch zufolge auch weiterhin im Dunkeln, allerdings bestehe der Verdacht, es ging um Drogengeschäfte.

Zugunsten des Angeklagten, der noch zu Beginn der Urteilsverkündung immer wieder seiner Mutter und zahlreichen Freunden im Zuschauerraum zuzwinkerte, werteten die Richter die Tatsache, dass er eingeräumt hatte, das Messer eingesetzt zu haben und dass er am Ende mit Hilfe von Freunden zur Besinnung gekommen sei. Letztlich hatte er sich außerdem entschuldigt. Negativ sah die Kammer die Tatsache, dass der 28-Jährige in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist – und die Tat in einer Bewährungszeit beging.