Der Angeklagte (links) muss mehrere Jahre ins Gefängnis. Foto: dpa/Uli Deck

Über Jahrzehnte führte er ein Leben als unbescholtener Bürger. Wohl einen Gutteil seines restlichen Lebensabends muss ein Rentner wegen versuchten Mordes nun im Gefängnis verbringen - und kommt trotz allem noch glimpflich davon.

Karlsruhe - Das Urteil nimmt er gefasst und wegen seiner Schwerhörigkeit sehr konzentriert auf: Ein 88 Jahre alter Mann muss wegen versuchten Mordes an seinem Schwiegersohn und schwerer Brandstiftung fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Auch wegen gefährlicher Körperverletzung sprachen ihn die Richter des Landgerichts Karlsruhe am Dienstag für schuldig. Der Deutsche hatte im März 2021 erst die Terrasse des Hauses seiner Tochter in Malsch (Kreis Karlsruhe) und dann seinen hinzueilenden Schwiegersohn mit einem Brandbeschleuniger übergossen und angezündet.

„Sie schnippten einfach ein Streichholz in seine Richtung“, sagte der Vorsitzende Richter, Fernando Sanchez-Hermosilla, in seiner knapp einstündigen Urteilsbegründung. „Sie hatten sich damit abgefunden, dass er verbrennt und es war Ihnen egal.“

Opfer erleidet Brandwunden an Armen und Händen

Ausführlich erläuterte Sanchez-Hermosilla, wie sehr der Angeklagte von „blankem Hass“ und blinder Wut getrieben gewesen sei, als er den Entschluss zur Tat fasste. „Wagen gemietet, Eimer gerichtet“, so lautete ein Kalendereintrag des 88-Jährigen kurz vor dem Brandanschlag. Mit dem mit Benzin gefüllten Eimer fuhr er zum Haus, schüttete den Brennstoff auf die Terrasse und den Schwiegersohn, der nur wegen des Krachs an die Tür getreten war.

Der 60-Jährige, der als Nebenkläger auftrat, erlitt Brandwunden an Armen und Händen und ist bis heute traumatisiert. Ihm wurden 12 000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Der Schaden am Haus beläuft sich auf rund 1,4 Millionen Euro.

Der 88-Jährige sei der Überzeugung gewesen, seine Tochter habe ihn finanziell ruiniert und betrogen. Zuvor hatte er ihr aus steuerlichen Gründen seine Immobilien überschrieben, er wollte die Schenkung rückgängig machen und bedrohte das Paar schon vor dem verhängnisvollen Abend im März massiv. Sein Denken sei völlig verengt gewesen auf das Feindbild Tochter und vor allem den verhassten Schwiegersohn.

Unauffälliges Leben geführt

Gerade diese fanatische Fixierung darauf, den beiden eine Lektion zu erteilen, sei aber auch ein Zeichen einer möglichen beginnenden Demenz. Das konnte laut Gericht jedenfalls der psychiatrische Sachverständige nicht ausschließen - die Folge: „Wir gehen also davon aus, dass Sie vermindert schuldfähig waren“, so der Vorsitzende Richter.

Die relativ milde Strafe - das Gericht war im Großen und Ganzen dem Antrag des Verteidigers des Mannes gefolgt - entsprang auch weiteren Erwägungen: Der 88-Jährige sei nun selber ruiniert, habe mehr oder weniger gestanden und zuvor ein unauffälliges Leben geführt. Auch sein hohes Alter hielten die Richter dem 88-Jährigen zugute: Es müsse die Hoffnung bleiben, sein Leben auf freiem Fuß weiter zu leben. „Diese Hoffnung dürfen wir Ihnen nicht nehmen.“