Der Kellner bringt schon mal die Vorspeise: Restaurant auf der griechischen Insel Mykonos Foto: imago/Robert Harding

Die griechischen Hoteliers und Tavernenwirte erwarten in diesem Jahr einen neuen Reise-Rekord. Aber die Branche kämpft mit einem großen Problem: Es fehlt an Kellnern und Zimmermädchen.

Spyros Servos sagt: „So viele Buchungen hatten wir noch nie.“ Gemeinsam mit seiner Frau betreibt der 48-Jährige auf der Insel Korfu ein kleines Drei-Sterne-Hotel. „Für Juni bis August sind unsere 22 Zimmer fast durchgehend ausgebucht“, erzählt der Hotelier. Aber in die Freude über die gute Saison mischt sich eine große Sorge: „Wir kriegen einfach kein Personal“, klagt Servos. Seit Wochen sucht er vergeblich nach drei Beschäftigten für das Housekeeping und den Frühstücksraum. „Im schlimmsten Fall müssen unsere beiden Töchter in den Sommerferien eben mit anpacken“, sagt der Familienvater.

So geht es derzeit fast allen Hoteliers und Gastronomen in Griechenland. Nachdem der Tourismus nach der zweijährigen Corona-Flaute bereits 2022 wieder kräftig zulegte, erwartet die Branche in diesem Jahr einen neuen Rekord bei den Gästezahlen. Tourismusminister Vasilis Kikilias rechnet mit einem Plus von zehn bis 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Die beliebtesten Destinationen sind praktisch ab April voll gebucht“, sagt der Minister.

Hoteliers melden für den Sommer 50 Prozent mehr Buchungen

Auch die Reiseveranstalter melden eine wachsende Nachfrage. „Wenn Sie in diesem Jahr Ferien auf Rhodos, Kos, den Kykladen oder Zakynthos machen wollen, müssen Sie so bald wie möglich buchen“, sagt Tui-Vertriebschef Benjamin Jacobi. Viele Hoteliers melden für den Sommer 50 Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr zu dieser Zeit.

Aber wer serviert den Gästen das Frühstück, wer macht die Betten? Schon im vergangenen Jahr konnten von 263 000 Stellen in der griechischen Hotellerie und Gastronomie 60 000 nicht besetzt werden. In diesem Jahr werden wohl 80 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen. Allein 7360 „Kamarieres“ werden gesucht – so nennt man in Griechenland die Beschäftigten, die den Gästen die Zimmer herrichten. Bei den Kellnerinnen und Kellnern melden die Betriebe 5164 offene Stellen. Auch 6126 Köchinnen und Köche sowie 2729 Barkeeper werden gesucht.

Während Corona suchte sich das Personal bessere Jobs

Eine Untersuchung des Verbandes der griechischen Tourismusunternehmen (Sete) ergab: Ein Fünftel bis ein Viertel der Stellen kann derzeit nicht besetzt werden. Besonders die kleineren Hotels, die nur während der Touristensaison öffnen, suchen vergeblich nach Personal. In den großen Stadthotels, die das ganze Jahr über geöffnet sind, ist die Lage etwas entspannter.

Der Grund für den Personalmangel: Während der Coronapandemie sind viele in andere Berufe mit besserer Bezahlung und geregelteren Arbeitszeiten abgewandert. „Die Pandemie hat den Arbeitsmarkt radikal verändert, nicht nur in Griechenland“, sagt Giannis Retsos, Hotelier und Präsident des Tourismusverbandes Sete. „Die Hoteliers und Gastwirte in Südfrankreich, Spanien und Italien kämpfen mit demselben Problem“, sagt Retsos. In Griechenland verdienen die meisten Saisonkräfte im Tourismus nur den monatlichen Mindestlohn von 780 Euro brutto.

Saisonkräfte finden keine Wohnungen

Ein großes Problem ist auch die Unterbringung des Personals. Die meisten saisonal Beschäftigten kommen vom Festland auf die Ferieninseln. Dort gibt es aber kaum mehr erschwingliche Unterkünfte, weil viele Besitzer ihre Wohnungen lieber über Plattformen wie Airbnb und Booking.com an Touristen vermieten. Auf Inseln wie Mykonos, Santorin oder Paros müssen deshalb viele Beschäftigte in stickigen Wohncontainern hausen. Die Regierung plant jetzt Visa-Erleichterungen, um Arbeitskräfte aus Bangladesch, Pakistan, Indien und Ägypten anzuwerben.

Giorgos Chotzoglou, Vorsitzender des Verbandes der Tourismus-Gewerkschaften, hält das nicht für eine gute Lösung: Damit würden „die Rechte der Arbeitnehmer ausgehöhlt und die Löhne gedrückt“. Wenn die Hoteliers und Gastwirte höhere Gehälter zahlen und bessere Arbeitsbedingungen bieten, könnten die 80 000 offenen Stellen mit griechischen Beschäftigten besetzt werden, meint der Gewerkschafter.

Derselben Meinung ist auch Regierungschef Kyriakos Mitsotakis von der liberal-konservative Partei Nea Dimokratia. „Zahlt mehr und ihr werdet Personal finden. Das ist, was ich den Unternehmern sage, die sich beklagen“, hatte der konservative Politiker bereits im Januar im Fernsehen den Hoteliers beschieden.