Ungezügelt: Neuhaus und Graf. Foto: Granville

Wie in besten Fusion-Zeiten: Mit seinem Groove Project liefert der Schöckinger Saxofonist Klaus Graf beim Leonberger Jazzclub ein furioses Konzert ab.

Auf dem Land, da kennt man sich. So kommt ein Zuhörer aus Hirschlanden auf den Hauptakteur zu, der nebenan in Schöckingen lebt. Beide begegnen sich beim Leonberger Jazzclub, wo Klaus Graf gerade ein mitreißendes Konzert gegeben hat. Der Gast bedankt sich besonders für die Zugabe: eine intensive Instrumentalversion von Stings Klassiker „Fragile“

Klaus Graf ist froh, wieder daheim zu sein. Die letzten Monaten waren stressig, erzählt er nach dem umjubelten Auftritt in der einmal mehr ausverkauften Steinturnhalle. Eine Tournee durch Indien, viele Konzerte und Einspielungen, da und dort. Das Leben eines Profimusikers ist nicht eben geruhsam. Da mutet die Distanz zwischen Ditzingen und Nürnberg, wo er an der Musikhochschule Saxofon unterrichtet, fast gering an.

Über die Aufwärtsentwicklung des Jazzclubs ist Graf mehr als erfreut. „Ich bin zwar viel unterwegs, aber ich lese Zeitung. Deshalb bin ich bestens informiert“, hält der Musikprofessor ein Plädoyer für das heimische Qualitätsmedium. „Gerade in diesen Zeiten sollte man unbedingt Zeitung lesen“, rät er seinem Publikum, um dann sein Saxofon sprechen zu lassen. Sein Instrument, so scheint es, ist ein Teil des fast 61-Jährigen.

Diesen Eindruck gewinnt man auch von seine Mitspielern: Christoph Neuhaus spielt so Gitarre, wie es die älteren Zuhörer von Fusion-Musikern aus den Siebzigern kennen. Durch scheinbar in Vergessenheit geratene Effektgeräte wie Wah-Wah oder Verzerrer erzeugt der 39-Jährige schier unglaubliche Töne. Bisweilen klingt der Sound des Stuttgarter so, als würde eine Geige singen.

Graf und Neuhaus sind zwar altersmäßig weit auseinander, haben dafür andere wichtige Gemeinsamkeiten. Beide unterrichten den Nachwuchs an ihren jeweiligen Instrumenten. Graf war 1981 Landesjazzpreisträger, Neuhaus 40 Jahre später. Und beide spielen in der renommierten SWR-Bigband.

All das schmälert Expertise und Spielfreude der anderen Musiker keineswegs. Thomas Bauser spielt ein mittlerweile seltenes Instrument: die Hammond-Orgel, mit ihren vielen Fußpedalen. Das gute Stück ist mit mehr als 60 Jahren älter als der Pianist selbst. Der ersetzt an ihr einen kompletten Bass und setzt musikalische Akzente, die punktuell an Keith Emerson erinnern. Damit der Rhythmus stimmt, bedient Johann Polzer ein minimalistisches Gretsch-Schlagzeug mit großer musikalischer Wirkung. Die Vier weben einen intensiven, ungezügelten Klangteppich, der das Publikum begeistert.