Millionen Tonnen Verpackungsmüll landen jedes Jahr im Abfall. Das soll sich nach dem Willen der EU bald ändern. Foto: dpa/Peter Kneffel

Trotz Recyclings produzieren die Menschen immer mehr Müll. Eine Ursache ist der Onlinehandel. Nun will die EU dieser Entwicklung gegensteuern.

In Europa wachsen die Müllberge. Allein in Deutschland fallen in den Haushalten jedes Jahr pro Kopf fast 500 Kilogramm Abfall an. Vom ausgelöffelten Joghurtbecher über den Rest Bratkartoffeln oder die zerschlagene Weinflasche landet vieles im Mülleimer. In der ganzen Republik wurden 2021 über 40 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle eingesammelt. Das sei der höchste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2004, schreibt das Statistische Bundesamt.

Zwar nimmt auch die Recyclingquote ständig zu, doch der besagte Müllberg wächst wesentlich schneller, als die weggeworfenen Stoffe wiederverwertet werden. Aus diesem Grund hat sich die EU entschlossen, das Übel an der Wurzel zu packen. Das Motto in Brüssel lautet: Der beste Abfall ist jener, der vermieden wird.

Die alte EU-Richtlinie ist längst überholt

In den Blickpunkt rücken in diesem Fall die Verpackungen. Mit der derzeitig geltenden Richtlinie aus dem Jahr 1994 „konnten die negativen Umweltauswirkungen“ nicht verringert werden, räumt die EU-Kommission ein. Damals allerdings war die Entwicklung des Markts mit den inzwischen gängigen Lieferangeboten von Amazon bis zum Pizzaservice kaum abzuschätzen. Inzwischen fallen in Europa rund 180 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr an, der nach Überzeugung der EU-Verantwortlichen in den meisten Fällen vermieden werden kann. Besonders ins Gewicht fällt, dass die Verpackungen häufig aus sogenannten Primärrohstoffen hergestellt sind, etwa Holz für die Papierherstellung.

Ein großes Problem sind zudem die verschwenderischen und überflüssigen Verpackungen. Zum Beispiel ein kleines Parfümfläschchen, geliefert in einem großen Karton, der zudem mit Plastikfüllmaterial vollgestopft ist. Darüber hinaus nimmt nach Beobachtungen der EU-Kommission der Anteil der Verpackungen zu, die nicht wiederverwertet werden können. Umweltschädigend sei auch der sehr geringe Anteil recycelter Materialien in Kunststoffverpackungen. Ziel der neuen Verpackungsrichtlinie der Kommission ist, nicht nur den Müll zu reduzieren, sondern auch festzuschreiben, dass bis 2030 alle Verpackungen recycelbar gemacht werden müssen.

Mit Müll kann man Millionen verdienen

Am Donnerstag hat sich auch das Europaparlament mit dem Thema befasst. Dabei staunte die SPD-Abgeordnete Delara Burkhardt darüber, dass sie „noch nie so viele Lobbyanfragen erhalten“ habe wie im Fall der Beratung über die geplante Verpackungsverordnung. Der Grund ist die wirtschaftliche Bedeutung der Herstellung von Verpackungen und deren Entsorgung. Das ist ein Sektor, der nach Angaben der Kommission einen EU-weiten Gesamtumsatz von rund 370 Milliarden Euro verzeichnet.

Delara Burkhardt, die im zuständigen Parlamentsausschuss als sogenannte Schattenberichterstatterin eine maßgebliche Rolle spielt, betont: „Wir können uns nicht aus der Abfallkrise herausrecyceln“, auch wenn die Industrie das gerne behaupte. Sie fordert, dass „Abfallvermeidung und Wiederverwendung an der Spitze der Verpackungsvorschriften stehen“ müssten. In dieselbe Kerbe schlägt der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss: „Wir müssen anfangen, Produkte so zu gestalten, dass sie nicht nur gebraucht, sondern auch wieder gebraucht werden. Produkte müssen reparierbar, austauschbar und recycelbar sein. Nur ein Kreislauf ist nachhaltig.“

Auch die Verbraucher sind gefordert

Die CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele sieht auch die Konsumenten in der Pflicht. „Den Verbrauchern muss deutlich gemacht werden, dass der größte Verpackungszuwachs durch Onlinebestellungen entstanden ist“, sagt die Politikerin und erkennt in diesem Bereich bei der Ausarbeitung der neuen EU-Verordnung noch einigen Klärungsbedarf. „Hier betreten wir als Gesetzgeber Neuland und ringen noch um die besten Antworten.“ Sie plädiert vehement dafür, die Recyclingquoten deutlich zu erhöhen.

Auch die EU-Kommission betont, dass die Verbraucher „eine aktive Rolle bei der Abfallreduzierung spielen“. Sie müssten am Ende die wiederbefüllbaren Verpackungen auch tatsächlich benutzen und zudem den Recyclingkreislauf aufrechterhalten. Als kleine Motivationshilfe sieht Brüssel in diesem Fall zum Beispiel vor, in Zukunft ein europaweites, verpflichtendes Pfandsysteme für Kunststoffflaschen und Aluminiumdosen aufzubauen.