Der Rio Negro ist teilweise schon bräunlich verfärbt. Foto: Imago/Michael Runkel

Die zunehmende Bräunung von Flüssen und Seen erschwert die Trinkwasserversorgung, führt zu einem erhöhten CO2-Ausstoß und kann lokal sogar Tierarten gefährden. Auch in Deutschland sind viele Gebiete betroffen.

Der Weltklimarat berichtete 2022 erstmals über ein neues Phänomen des Klimawandels, der Bräunung von Gewässern. Flüsse und Seen werden brauner, weil mehr organisches Material und Mikroorganismen entstehen. Wenn Gewässer sich braun verfärben, können dort lebende Tiere sterben, auch das Trinkwasser wird ungenießbar.

Diesen Vorgang untersuchten Forscher zuerst in der kaltgemäßigten Klimazone von Skandinavien. Der Weltklimabericht bezieht sich auf eine Studie der deutsch-schwedische Erdsystem-Wissenschaftlerin Gesa Weyhenmeyer von der Universität Uppsala, die als eine der Ersten dieses Phänomen mit den Klimaveränderungen in Verbindung gebracht hat.

Werden auch in Deutschland Gewässer brauner?

Nicht nur in Schweden, auch in Deutschland sind viele Gebiete betroffen. Generell zählen zu den Risikogebieten Regionen, in denen es deutlich wärmer, aber nicht trockener wird. Vor allem Flüsse in den Waldgebieten der Mittelgebirge werden brauner, da es öfter zu Starkregen kommt. Da die Niederschlagsmengen räumlich und zeitlich sehr unterschiedlich sind, lässt sich der genaue Bräunungsgrad eines Gewässers nur schwer vorhersagen.

Von welchen Faktoren hängt die Bräunung von Gewässern ab?

Ob und wie stark sich ein Gewässer verfärbt, ist von der Landnutzung, Lufttemperatur und dem Niederschlag abhängig. Nadelwälder und vor allem Moore begünstigen den Prozess, da sich dort organische Substanzen im Vergleich zu Laubstreu langsamer abbauen und dort stärker im Boden anreichern. Besonders bei Starkregen, der im Zuge des Klimawandels häufiger auftritt, waschen organische Substanzen aus den Böden stärker aus und gelangen so in die Oberflächengewässer.

Betrifft die Bräunung auch die Versorgung mit Trinkwasser?

Die Wasserwirtschaft in Deutschland muss sich auf die zunehmende Bräunung einstellen. Wenn das Wasser als Trinkwasser benutzt wird, wird der Reinigungsprozess sehr viel teuer und umständlicher. Das organische Material im Wasser dient Mikroorganismen als Nahrung. Bei der Trinkwasseraufbereitung werden die gefährlichsten Mikroorganismen durch chemische Prozesse getötet. Wenn braunes Wasser mit Chlor behandelt wird, können chlororganische Verbindungen entstehen. Sie schmecken nicht nur schlecht, sondern können auch die Gesundheit gefährden.

Wie wirkt die Bräunung auf die Tier- und Pflanzenwelt?

Das Wasser wird durch die Verfärbung immer wärmer, weil es die Sonnenstrahlen absorbiert, anstatt sie zu reflektieren. Für die Tierwelt hat das Folgen. Habitate verändern sich. Lokal kann das zum Aussterben von Tierarten beitragen. Außerdem ist das Licht in braunem Wasser deutlich schwächer. Deshalb sind davon alle Organismen betroffen, die Licht brauchen. Außerdem kann sich die Wasserschichtung verstärken, womit es zu Sauerstoffmangel in den Gewässern kommen kann. Hauptsächlich die am Boden lebenden Lebewesen leiden dann unter Sauerstoffmangel. Wasserpflanzen und bodenliebende Wassertiere können dann absterben. Das geschah beispielsweise bereits am Kleinen Gollinsee nördlich von Berlin.

Beeinflusst die Bräunung der Gewässer den Klimawandel?

Die Bräunung verursacht einen erhöhten Ausstoß von Kohlendioxid. Das liegt am organischen Material, welches die Bräunung verursacht. Millionen von Mikroorganismen, die es in den Gewässern gibt, wandeln das organische Material effektiv um zu Kohlendioxid (CO2), das dann aus den Gewässern ausgestoßen wird. So können sich Gewässer von einer CO2-Senke zu einer CO2-Quelle wandeln. Starke Niederschläge können den CO2-Ausstoß verstärken, weil dann mehr Nahrung in Form von organischem Material in die Gewässer gespült wird.

Wie kann das Wasser wieder klarer werden?

Die Farbe des Gewässers kann sich aufgrund von chemischen Einflüssen wie etwa der Versauerung und physikalischen Faktoren wie etwa der Temperatur und dem Niederschlag kurzfristig und langfristig ändern. Spezielle Schutzzonen um Gewässer könnten als Filter dienen, so dass viel weniger organisches Material in einen See oder Fluss eingespült wird. Eine Renaturierung der Flüsse und die Wiederanbindung an Auen könnte also nicht nur die zunehmende Bräunung eindämmen, sondern auch Raum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt schaffen. Nur neun Prozent der Auen in Deutschland sind noch ökologisch weitestgehend intakt.