Dieter Bohlen ist zuletzt mit fragwürdigen politischen Äußerungen auffällig geworden. Foto: dpa/Henning Kaiser (Archiv)

Der Popsänger Dieter Bohlen soll bei den KSK Music Open vor dem Ludwigsburger Schloss auftreten – auch wenn er nach Äußerungen zum Krieg in der Ukraine mehr denn je in der Kritik steht. Nicht alle finden das richtig.

Veranstalter trommeln bisweilen allzu marktschreierisch für die Künstler, die sie an Land ziehen. Das gehört aber zur Natur der Sache, sonst wären die Ausrichter der Shows schlechte Verkäufer. Wahre Lobeshymnen prasseln auch auf Dieter Bohlen nieder, den die Eventstifter für die nächsten KSK Music Open vor dem Ludwigsburger Schloss verpflichtet haben. In der Ankündigung ist von einem „Highlight“ die Rede, wird er als „Poptitan“ angepriesen, werden zudem seine „unverwechselbaren Sprüche“ hervorgehoben.

Mit einer seiner Einlassungen hat er sich allerdings zuletzt ziemlich ins Abseits manövriert: als er nämlich die westlichen Sanktionen im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kritisierte. Ohne diesen Boykott und wenn man sich „vernünftig an einen Tisch gesetzt“ hätte, „dann bräuchten die Leute sich jetzt nicht den ganzen Firlefanz machen. Jetzt müssen wir frieren, jetzt müssen wir dies und das. Das ist doch alles Scheiße“, echauffierte sich der Musiker mit markigen Worten. Sollte man so einem Künstler überhaupt eine Plattform geben, der für seine Äußerungen via Twitter sogar Beifall von AfD-Hardliner Tino Chrupalla bekam?

Wenn es nach Matthias Eckert vom gleichnamigen Konzertbüro in Markgröningen geht, lautet die Antwort eindeutig: nein. „Ich finde, wenn jemand politische Haltungen erkennen lässt, die in die rechte Ecke gehen, oder ein Künstler Verschwörungstheorien verbreitet, ist damit eine Grenze überschritten, zumindest für uns. Mit solchen Leuten würden wir nicht zusammenarbeiten“, erklärt der Geschäftsführer. Insofern würde er weder Bohlen noch beispielsweise Xavier Naidoo, der während der Corona-Pandemie krude Positionen vertreten hat, für ein Konzert engagieren. Eckert will allerdings das Vorgehen der Eventstifter im konkreten Fall nicht bewerten. „Grundsätzlich ist es aber schon so, dass es in der Branche Kollegen gibt, die in der Hinsicht nicht zimperlich sind und eben auf die Veranstaltungen setzen, die Quote bringen“, sagt er.

Was den Auftritt von Bohlen direkt anbelangt, habe ihn „vor allem entsetzt, dass sich die Kreissparkasse Ludwigsburg als Namensgeber und Mit-Veranstalter der KSK Music Open bislang nicht dazu geäußert hat“. Der Adressat dieses Vorwurfs verweist jedoch darauf, dass die Künstlerauswahl den Eventstiftern obliege. „Die Kreissparkasse Ludwigsburg ist lediglich Namenssponsor“, konstatiert Pressesprecherin Isabel Kurz. Sie hebt außerdem hervor, dass Dieter Bohlen „nach unserem Kenntnisstand“ zwischenzeitlich auf die Kritik zu seinen Äußerungen reagiert habe, er „weder Position für oder wider die Kriegsparteien bezogen und sich für Gespräche ausgesprochen“ habe. Ferner sei der Vertrag mit dem Sänger und Musikproduzenten schon abgeschlossen gewesen, als dieser seine umstrittenen Aussagen gemacht habe.

Verweis auf die Meinungsfreiheit

Ähnlich – teils sogar gleichlautend – klingt die Argumentation der Eventstifter. Bohlen habe längst auf die Kritik reagiert und erklärt, dass er „absolut gegen den Krieg“ sei, erklärt Lilly Scholz. „In keinster Weise hat er Position für oder wider die Kriegsparteien bezogen, sondern sich für Gespräche ausgesprochen.“ Im Übrigen seien seine kritischen Äußerungen zu den Sanktionen Teil der Meinungsfreiheit, „die es in unserem Land erfreulicherweise gibt“. Verpflichtet habe man den umstrittenen Sänger, der schon in der Talentshow „Deutschland sucht den Superstar“ wiederholt Kandidaten mit markigen Worten heruntergeputzt hat, „weil er ein erfolgreicher Entertainer und populär ist“. Bohlen sei im nächsten Jahr bundesweit auf Tour. Und „im Ludwigsburger Schloss bei den Music Open aufzutreten, ist für ihn äußerst attraktiv“, erklärt Scholz, die freilich keinen Hehl daraus macht, dass seine Einlassungen zum Krieg in der Ukraine „durchaus auch in unserem Management diskutiert wurden“.

Wenngleich sich Matthias Eckert in einer solchen internen Debatte wohl gegen eine weitere Zusammenarbeit mit Bohlen ausgesprochen hätte, warnt er generell davor, Künstler in eine bestimmte Ecke zu stellen. „Vor allem im Kabarett-Comedy-Bereich muss man vorsichtig sein“, gibt er zu bedenken. „Ich finde, es muss zum Beispiel erlaubt sein, wenn ein Kabarettist die Corona-Politik, die man in Teilen ja durchaus kritisch hinterfragen kann, satirisch beleuchtet, obwohl ich definitiv kein Corona-Leugner und dreimal geimpft bin“, erklärt er.

Eine Lanze bricht er zudem für Lisa Eckhart, die er für Auftritte engagiert, obwohl ihren Witzen mitunter eine latente Judenfeindlichkeit unterstellt wird. „Ich kenne Lisa Eckhart und kann klar sagen, dass sie definitiv nicht antisemitisch ist, sondern einfach eine grandiose Kabarettistin mit bitterbösem schwarzem Humor“, sagt er.

„Das ist insgesamt ein komplexes Thema, das immer einer Einzelfallbetrachtung bedarf“, bestätigt Edgar Lichtner, Geschäftsführer der Ludwigsburger Scala Kultur Live. „Wir hatten bislang nicht den Fall, dass wir vor dem Engagement eines Künstlers standen, der mit einer fragwürdigen politischen Haltung auffällig geworden wäre“, sagt er. Das könne womöglich daran liegen, dass bestimmte Musiker im soziokulturellen Flair des Scala auch gar nicht auftreten wollten. „Aber wenn uns da was auffallen würde, würden wir das natürlich diskutieren“, erklärt Lichtner. Den Fall Bohlen könne er aus der Distanz nicht bewerten.

Weiteren Star engagiert

Besetzung
Das Line-up der KSK Music Open im Sommer 2023 nimmt immer mehr Gestalt an. Neben Dieter Bohlen sind auch die Brass-Band LaBrassBanda und die Punkrockband Broilers am Start. Außerdem gaben die Eventstifter als Veranstalter nun bekannt, dass auch Lea vor dem Ludwigsburger Schloss auftreten wird.

Tickets
Die Pop-Musikerin wird am 3. August auftreten. Bekannt wurde die Singer-Songwriterin mit Songs wie „Leiser“ oder „Drei Uhr nachts“, einem Duett mit Mark Forster. Tickets für das Konzert von Lea sind über www.ticket.eventstifter.de und an allen gängigen Vorverkaufsstellen erhältlich.