Das belgische Atomkraftwerk Tihange gilt als Pannenreaktor. Im Jahr 2016 musste ein Block des umstrittenen Meilers unweit von Aachen wegen technischer Probleme automatisch abgeschaltet werden. Foto: dpa/Oliver Berg

Viele Politiker stellen das Ende der Meiler in Frage, doch am Ende entscheidet wohl der Markt über eine Verlängerung der Laufzeit

Brüssel - Im Jahr 2025 soll in Belgien Schluss sein mit der Atomkraft. Doch inzwischen wird in ganz Europa über längere Laufzeiten und sogar den Neubau von Kernkraftwerken diskutiert, weswegen auch das Parlament in Brüssel noch einmal über die Pläne neu nachdenkt. Am Freitag legt Energieministerin Tinne Van der Straeten einen Fortschrittsbericht vor, der vom Ministerrat beraten wird. In dem Papier sollen zwei zentrale Frage beantwortet werden. Erstens: Gefährdet das Abschalten der Atomkraftwerke die Stromversorgung des Landes? Zweitens: Werden die Strompreise steigen? In den nächsten Wochen wird die Regierung dann entscheiden, ob die Meiler stillgelegt werden oder einige Reaktoren länger am Netz bleiben.

Die Stromversorgung ist in Belgien gesichert

Wie die belgische Tageszeitung „Le Soir“ vorab berichtet, kommen die Fachleute in dem Fortschrittsbericht zu dem Schluss, dass die Versorgungssicherheit auch nach dem Abschalten aller Atomkraftwerke gesichert sei. Im Moment gebe es noch eine Lücke, die etwa an langen und kalten Winterabenden noch nicht gedeckt werden könne, heißt es. Doch sei durch den Ausbau von erneuerbaren Energien, Gaskraftwerken und besseren Speichermöglichkeiten dieses Problem bis spätestens 2025 durchaus zu lösen. Und auch in Sachen Strompreise für die Haushalte geben die Experten Entwarnung. Natürlich würden sich die Kosten in den nächsten Jahren durch den möglichen Ausstieg aus der Kernenergie erhöhen, doch seien diese Steigerungen eher minimal.

Die Befürworter der Atomkraft wollen sich aber nicht geschlagen geben. Sie fragen, wie Belgien die geforderten Klimaziele einhalten will, wenn die Meiler keinen Strom mehr liefern? Gaskraftwerke seien keine Alternative, da sie das klimaschädliche CO2 ausstoßen.

Kritik an den Pannenmeilern an der Grenze

Nicht nur viele Belgier fordern das Ende der Atomkraft in ihrem Land. Auch Deutschland und Luxemburg stoßen sich vor allem an zwei Pannenmeilern in den beiden belgischen Kernkraftwerken Tihange bei Lüttich und Doel bei Antwerpen. In den Blöcken Tihange 2 und Doel 3 fanden Experten bereits im Jahr 2012 tausende Haarrisse in den Reaktordruckbehältern. Dennoch beschloss Belgien 2015 eine Laufzeitverlängerung bis 2025, ohne die Nachbarländer anzuhören und ohne die Umweltverträglichkeit zu prüfen - widerrechtlich, wie unter anderem der Europäische Gerichtshof urteilte.

Möglich ist, dass diese Frage am Ende vom Markt geregelt wird. Das französische Energieunternehmen Engie, das die Meiler betreibt, hat längst erklärt hat, dass die Kraftwerke in Belgien keine Zukunft mehr hätten. Es sei angesichts der fehlenden Betriebsgenehmigungen kaum möglich, die Reaktoren über das Jahr 2025 hinaus am Netz zu lassen. Neue Genehmigungsverfahren würden viele Jahre dauern, zudem müssten dann teure Reparaturarbeiten durchgeführt und neues Uran eingekauft werden, was so schnell auch nicht möglich sei. So diskutieren die Politiker im Brüsseler Parlament über die Atomkraft, deren Ende im Grunde wohl längst besiegelt ist.