Das Schleppen der Pumpen ist ganz schöne Knochenarbeit – ohne Teamwork geht da gar nichts. Foto: Ralf Poller/Avanti

Die Feuerwehren des Landkreises Ludwigsburg haben in Besigheim die Bekämpfung eines Waldbrandes geprobt – mit großem Erfolg, wie der Kreisbrandmeister lobte.

Blaulicht blitzt über gelben Rapsfeldern. Riesenschlangen gleich liegen gelbe und grau Rohre neben dem befestigten Sträßchen im Gras. Ein rotes Auto jagt den Weg hinauf: „Incendium“ – lateinisch: der Brand – hat begonnen, eine große Waldbrand-Übung des Landkreises Ludwigsburg. 14 Feuerwehren und insgesamt 167 Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen üben den Ernstfall: ein Forst steht in Flammen.

Ort des Geschehens: der Wald zwischen Bietigheim und Besigheim. Die Annahme: Beim Waldhof brennt es. Feuerwehrfahrzeuge aus den Kommunen sind alarmiert und unterwegs. An der Bundesstraße 27, unweit der Enz, hat die Einsatzleitung bereits ihre Fahrzeuge geparkt und leitet die Aktion.

Feuer wird allerdings keines angezündet; das Wasser steht im Mittelpunkt. „Wir üben vor allem zwei Dinge,“ sagt Kreisbrandmeister Andy Dorroch. „Wie bekommen wir das Wasser zum Brandherd? Und wie kooperieren und kommunizieren die verschiedenen Feuerwehren miteinander?“

Die logistische Herausforderung: Das Löschwasser wird der Enz entnommen und muss dann über vier Kilometer weit auf einem leicht ansteigenden Terrain geleitet werden. Welch einen Aufwand das bedeutet, macht Dorroch klar. „Ein Schlauch ist jeweils 20 Meter lang, und wir müssen die Leitung doppelt legen, zur Absicherung.“ Solch eine Aufgabe können nur mehrere Feuerwehren gemeinsam meistern. Die Fahrzeuggruppen für jeweils einen bestimmten Abschnitt werden in der Fachsprache Löschwassermodule genannt. Elf solche Module können die Feuerwehren des Kreises aufbieten. An diesem Vormittag sind vier Module im Einsatz.

Pro Minute fließen 2000 Liter Wasser

Jeder Feuerwehr ist eine bestimmte Aufgabe zugewiesen. Direkt an der Enz sind die Ingersheimer aktiv. Sie haben dort zwei Pumpen installiert, die in jeder Minute gemeinsam rund 2000 Liter Wasser aus dem Fluss ziehen. „Im September hatten wir die Übung schon einmal geplant,“ berichtet Dorroch. „Aber da war Niedrigwasser, der Wasserstand niedrig, der Landwirtschaft war die Wasserentnahme verboten.“ Und da musste auch die Übung zurückstehen.

Jetzt aber strömt reichlich Wasser, und so ist die Abnahme kein Problem. Die bereits ausgerollten und ausgelegten, gerade noch platten Schläuche füllen und runden sich und leiten das Wasser mit rund neun bar Druck aufwärts. Um diesen Wert zu stabilisieren, sind immer wieder Pumpen dazwischen geschaltet – insgesamt 17 – die den natürlichen Abfall des Drucks ausgleichen.

Gleich neben dem Gewässer baut die Feuerwehr Vaihingen eine riesige, leuchtorangene Struktur auf, einen Behälter, der einer umgedrehten Suppenschüssel ähnelt. Ein Faltbehälter, so der Fachausdruck, der über einen eigenen Anschluss mit 35 000 Liter Enzwasser gefüllt wird. Dieses Reservoir wird nur probeweise aufgestellt, denn ein wichtiger Akteur bei einer richtigen Waldbrandbekämpfung fehlt. Aus diesem oben offenen Reservoir könnte ein Hubschrauber mit einem angehängten 1000-Liter-Behälter Löschwasser schöpfen – um es dann über dem Brandherd abzuwerfen.

Aufbau, Anschlüsse und Weiterleitungen gehen zügig voran, und Tausende Liter Enzwasser steigen die Höhe hinauf. An allen Abschnitten wachen Männer und Frauen darüber, dass kein Schlauch platzt und kein größeres Leck auftritt. Ersatzschläuche sind in der Nähe deponiert.

Die Leitung funktioniert reibungslos

Oben am „Brandherd“ züngeln keine Flammen – der Wald selber wie auch die Tier- und Pflanzenwelt sollen ja geschont werden. „Gelöscht“ wird lediglich eine Wiese. Das Ziel ist erfüllt, als klar wird, dass die Leitung reibungslos funktioniert. Geprobt werden bei „Incendium“ aber auch die rasche Kommunikation und die Koordination. Dazu preschen unter anderem zwei Feuerwehrmänner auf geländegängigen Motorrädern über die Wege, auch ein so gekennzeichnetes Erkunder-Fahrrad, leicht und robust, wird genutzt.

Drohnen kommen zum Einsatz, betreut von der Feuerwehr Walheim. So kann die Einsatzleitung an der B 27 in Echtzeit verfolgen, wie die Kollegen in vier Kilometer Entfernung ihre Schläuche positionieren. Eines der Fluggeräte verfügt auch über eine Wärmebildkamera. Sehr praktisch, denn so kann man auch versteckte, im Unterholz oder Boden glimmende Brände aufspüren.

Kreisbrandmeister Dorroch zieht Bilanz. „Ich bin extrem positiv überrascht,“ sagt er. „Das lief heute wie geschnitten Brot.“ In nur anderthalb Stunden sei es gelungen, die vier Kilometer Schlauch doppelt zu verlegen. Um 8.30 Uhr sei die Enz angezapft worden, kurz vor 10 Uhr war das Wasser mit dem erforderlichen Druck oben bei den Löscheinheiten. Und, ebenfalls positiv zu vermerken: „Die Feuerwehren haben das alles selber organisiert.“ Alle Aufgaben in kurzer Zeit gelöst – Andy Dorroch meint: „Die Bevölkerung kann beruhigt sein.“

Bislang sind die Risiken überschaubar

Fläche
 Der Landkreis Ludwigsburg ist der waldärmste in ganz Baden-Württemberg: Lediglich 12 700 Hektar, das sind 18,5 Prozent, sind von Wald bedeckt. 72 Prozent davon gehört den Kommunen, 16 Prozent sind im Privatbesitz, 12 Prozent sind Staatswald.

Struktur
Etliche Faktoren im Kreis mindern die Waldbrandgefahr. „Wir haben keine Monokulturen,“ sagt Kurt Zoller, im Landratsamt im Bereich Bevölkerungsschutz tätig und Zugführer in der Feuerwehr Vaihingen. Der Forst ist artenreich und gut durchmischt, es gibt keine vorherrschende Baumart und wenig Totholz, das die Flammen nähren könnte.

Topografie
Besonders anfällig für Feuer sind stark harzhaltige Bäume wie Kiefern und Tannen. Auch der Boden, in der Region teilweise mit felsigem Untergrund, reduziert die Anfälligkeit, im Gegensatz etwa zu Sandböden wie in Brandenburg. Dazu kommen ein gutes Wegenetz und die gute Kartierung; beides erleichtert Feuerwehren den raschen Zugang zu Brandherden.

Zunahme
Waldbrände sind in der Region bisher selten. Dennoch sind im Zuge der zunehmenden Erwärmung durch den Klimawandel schon mehr Wald- und Vegetationsbrände zu beobachten, so Kreisbrandmeister Andy Dorroch.