Ein Selfie mit Fahrrad – Boris Palmer postet den Schnappschuss auf Facebook. Foto: priva/t

Der Tübinger Oberbürgermeister postet auf Facebook ein Foto seines neuen „Dienstwagens“. Statt Auto fährt Palmer ein hochwertiges E-Bike – und verrät die Anschaffungskosten.

Tübingen - Stolz lächelnd präsentiert Boris Palmer auf Facebook ein Handyfoto von sich und seinem neuen Dienstfahrzeug. Es habe ordentlich Zugkraft, schaffe maximal 45 Stundenkilometer und sei ideal für die Stadt, sagt der grüne Tübinger Oberbürgermeister über sein neues Pedelec.

Das Auto samt Chauffeur hat der Klimaschützer, als er zwei Jahre im Amt war, komplett abgeschafft. Zu viel Dreck, zu unrentabel – und gefahren zu werden, ist nicht besonders gut für die Fitness. Boris Palmer radelt. Mit Helm, Spiegel am Lenker und einem Aufkleber am anthrazitfarbenen Rahmen. „Dienstwagen“ steht dort unübersehbar, das kleine Geschenk einer „taz“-Fotografin, die ihn neulich porträtiert hat.

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Wegen Elektronikproblemen musste er nach zehn Jahren das Vorgängergefährt aus der Schweiz abgeben. Es werde im städtischen Fuhrpark aber noch verwendet, versichert Palmer. Er habe sich jetzt für „ein Edel-Pedelec“ entschieden, 4500 Euro teuer. „Das darf es ja auch kosten, es ist ja die Analogie zum schwäbischen Dienst-Mercedes.“ Als „kraftvoll“ und „schnittig“ beschreibt er das neue Rad, er lobt es für seine Sparsamkeit. Umgerechnet verbrauche es 0,1 Liter Sprit auf 100 Kilometer.

Überhaupt sei das Oberbürgermeisterfahrrad für die Kommune viel günstiger als ein Auto. Zu Beginn seiner Amtszeit hätten Dienstwagen und Chauffeur jährliche Kosten von rund 60 000 Euro verursacht. „Ich würde mir wünschen, dass in allen Anzugsbranchen das Dienst-Pedelec allmählich das Auto ersetzt“, sagt der sportliche 49-Jährige. In seiner Freizeit kurvt er hoch auf die Schwäbische Alb, macht im Sommer regelmäßig Alpentouren, „alles ohne Akku“, er setzt sich aus Trainingsgründen aufs Trekkingbike. Schwitzen gehört dazu.

Palmer kritisiert die Radwege in Berlin

Gefallen hat Palmer der umweltbewusste Aufritt seines Parteikollegen Cem Özdemir neulich in Berlin. Der neue Bundeslandwirtschaftsminister holte sich seine Ernennungsurkunde im Schloss Bellevue mit dem E-Bike ab und packte sie auf den Gepäckträger. „Ich fand das gut“, kommentiert Palmer die Anti-Limousinen-Aktion. „Das war keine Show, so macht er das immer in Berlin.“ An den Radwegen der Hauptstadt lässt der Tübinger Vielradler allerdings kein gutes Haar. Schlechte Kreuzungsbereiche, pro Kopf die meisten tödlichen Radunfälle bundesweit, überhaupt: „Berlin ist beim Radfahrnetz eine Entwicklungsstadt“, kritisiert der Oberbürgermeister. Sein Vorschlag: Da dürften schon ein paar Euros mehr in die Infrastruktur investiert werden.

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So wie in Tübingen. Dort gibt es neuerdings eine beheizbare Fahrradbrücke, gekostet hat sie 1,7 Millionen Euro. Laut Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club ADFC die erste ihrer Art in Deutschland. Statt mit Streusalz, das die Lebenszeit der Stahlkonstruktion verringert, wird Eisbildung und Glätte durch eine Fußbodenheizung verhindert. Erstaunlicherweise wurde das blaue Band dennoch mit Split bestreut, ein Schild warnte Anfang Dezember vor Rutschgefahr. Der Grund: Probleme mit der Heizung, die Baufirma hat sie noch nicht in Betrieb genommen.