Mehrere Tausend Migranten sitzen unter unmenschlichen Bedingungen seit Tagen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest. Foto: dpa/Leonid Shcheglov

Die Lage in Belarus ist Topthema bei einem Treffen der Außenminister in Brüssel. Doch das ist nur einer von mehreren Krisenherden an der EU-Grenze.

Brüssel - Europas Außenminister treffen sich in sehr unruhigen Zeiten. An den Grenzen im Osten des Kontinents schwelen größere und kleinere Konflikte. Aus diesem Grund ist der Zeitplan bei ihrem Gipfel am Montag in Brüssel voll gefüllt. Topthema, so heißt es aus Teilnehmerkreisen, sei natürlich die Flüchtlingskrise an der polnischen Grenze zu Belarus. Ziel der Außenminister sei es, „eine klare Botschaft“ an Minsk zu senden. Dazu zählten nicht nur neue Sanktionen gegen einzelne Personen, im Gespräch ist offensichtlich auch, die Maßnahmen auf ganze Bereiche der belarussischen Wirtschaft auszudehnen.

Angedrohte Sanktionen für Transitländer

Zufrieden wird registriert, dass jene Länder, über die die Migranten nach Belarus gelangen, inzwischen reagiert haben, als auch ihnen Sanktionen angedroht wurden. Am Wochenende etwa teilte die syrische Airline Cham Wings mit, Flüge in die belarussische Hauptstadt Minsk ab sofort einzustellen. Es sei zu schwierig, zwischen Passagieren zu unterscheiden, die tatsächlich nach Belarus wollten und solchen, die von dort weiterziehen wollten, hieß es. Auch die Türkei hat sich entschieden, Staatsbürger mehrerer arabischer Länder nicht mehr von ihrem Staatsgebiet aus nach Belarus fliegen zu lassen.

Inzwischen sind tausende von Migranten aus Krisengebieten in Nahost und Afrika nach Belarus gereist, um von dort in die Europäische Union zu gelangen. Sie sitzen nun seit Tagen an der Grenze zu Polen und Litauen fest bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Am Sonntag meldete Polen mehrere Zwischenfälle. Wie die örtliche Polizei am Sonntag mitteilte, durchbrach eine Gruppe von etwa 50 Migranten die Absperrungen und drang nahe der Ortschaft Starzyna auf polnisches Terrain vor. Die gesamte Gruppe sei zur Grenze nach Belarus zurückgebracht worden. Russlands Präsident Wladimir Putin hat inzwischen seine Hilfe angeboten.

Angespannte Lage auf dem Balkan

Sehr großes Kopfzerbrechen bereitet den Außenministern allerdings auch die Lage auf dem Westbalkan. Der Grund ist, dass in dem Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina das bosnisch-serbische Präsidentschaftsmitglied Milorad Dodik seit Monaten ziemlich aggressiv eine Abspaltung des serbisch dominierten Landesteils vorantreibt. Die Gefahr ist, dass ein Zerfall des Landes die gesamte Region destabilisieren könnte.

Aus Teilnehmerkreisen des Treffens in Brüssel heißt es, dass die Situation „ziemlich beängstigend“ sei, da Milorad Dodik nicht zum ersten Mal „mit dem Feuer“ spiele und die Außenminister nun ein „klares Signal“ senden müssten. Was das konkret heißt, hat der deutsche Außenminister Heiko Maas am Wochenende in einem Interview mit mehreren bosnischen Online-Plattformen deutlich gemacht und dem Land offen mit der Kürzung von Finanzhilfen gedroht. „Wir werden die Fortsetzung dieser verantwortungslosen Politik nicht tatenlos hinnehmen können“, sagte Maas. Der Hohe Repräsentant für Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, hatte zuvor gefordert, dass internationale Hilfsgelder für das Westbalkanland künftig stärker an Auflagen geknüpft werden sollten.

Zerbrechlicher Frieden nach dem Krieg

Das Friedensabkommen von Dayton hatte im Jahr 1995 den dreieinhalbjährigen Krieg zwischen bosnischen Serben, Kroaten und Bosniaken beendet, indem es das Land entlang ethnischer Linien in zwei autonome Regionen aufteilte – die serbisch dominierte Serbische Republik und die von Kroaten und Bosniaken gemeinsam getragene Föderation. Serbische Nationalisten hatten den Zusammenhalt des Bundesstaates aber immer wieder infrage gestellt. Zuletzt haben sie ihre Aktivitäten deutlich verstärkt.

Angesichts der zunehmenden Spannungen in der Region hat sich auch der amerikanische Beauftragte für die Westbalkan-Region, Gabriel Escobar, vermittelnd zu Wort gemeldet. Nach einem Besuch in Sarajevo erklärte der US-Diplomat, dass er keine unmittelbare Kriegsgefahr in Bosnien-Herzegowina sehe. Das sollte wahrscheinlich beruhigend klingen, machte vor allem aber deutlich, wie explosiv die Situation in Bosnien-Herzegowina im Moment ist.