Der Seemannschor Hamburg sang für Uwe Seeler. Foto: WITTERS/LeonieHorky

Eine größere Abschiedsfeier gab es wohl nie für einen deutschen Sportler. Im Hamburger Volksparkstadion gedenkt Fußball-Deutschland des Ausnahmespielers Uwe Seeler.

Fußball-Deutschland nimmt Abschied von einem seiner Größten: Mit einer bewegenden Trauerfeier im Volksparkstadion wurde am Mittwoch der verstorbenen HSV-Legende Uwe Seeler gedacht. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz erwies Seeler die letzte Ehre, rund 5000 Fans versammelten sich im Stadion, um an ihren Helden zu erinnern.

„Mit seiner einzigartigen Karriere ist Uwe Seeler zu einer Legende des Fußballsports geworden, einer der besten deutschen Fußballer aller Zeiten. Sein Andenken geht aber weit darüber hinaus“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher in seiner Trauerrede: „Mit seiner Bodenständigkeit, seiner Nahbarkeit und Ehrlichkeit war er auch menschlich ein großes Vorbild. Hamburg verliert mit Uwe Seeler ein Stück von sich selbst, eine außerordentliche hanseatische Persönlichkeit und einen ganz besonderen Ehrenbürger.“  

Hamburg immer treu geblieben

Seiner Heimatstadt sei er dabei immer treu geblieben.„Damit hat er sich für immer den Respekt und die Zuneigung der Hamburger erworben“, sagte Tschentscher.

Das internationale Ansehen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sei ohne Seeler kaum vorstellbar, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf in seiner Rede. „Uwe Seeler, Ehrenspielführer des Nationalteams, schlug die Brücke zwischen den weltmeisterlichen Generationen von 1954 und 1974, zwischen Fritz Walter und Franz Beckenbauer.“

„Er brauchte keinen Titel, um zu einem Idol zu werden“

Der frühere Torjäger habe keinen großen Titel im Trikot der Nationalmannschaft geholt, aber: „Uwe Seeler brauchte keinen Titel, um zu einem Idol zu werden“, sagte Neuendorf. „Uwe Seeler ist dennoch einer der Größten, er hätte jede Trophäe verdient gehabt.“ Den größten Titel von allen könne man überhaupt nicht gewinnen, er werde einem verliehen. „Von den Menschen, von den Fans, und er kommt von Herzen und er verblasst nicht“, sagte Neuendorf. Dieser Titel sei „Uns Uwe“. Er habe ihn mit Stolz getragen und sei für ihn eine Bestätigung gewesen, so zu bleiben, wie er war. „Bescheiden, bodenständig und nahbar - ohne Allüren und Kapriolen.“

Dabei erwähnte Neuendorf auch Seelers faires Verhalten nach der bitteren Niederlage im Wembley-Finale von 1966. „Uwe Seeler und seine Mannschaftskameraden haben (...) mit ihrem Verhalten und Auftreten das Bild unseres Landes in England und vielleicht auch darüber hinaus verändert“, sagte der DFB-Boss.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der unter den Gästen war, zeigte sich vom Menschen Seeler beeindruckt. „Für mich ist das Tollste an Uwe Seeler, dass er so normal geblieben ist und so geerdet. Das ‚Uns Uwe’, das kommt nicht von ungefähr. Das ist tief aus ihm heraus gewachsen“, sagte er im NDR-Fernsehen.

„Es war dieser Gedanke: Jetzt bist Du allein.“

Seeler war am 21. Juli im Alter von 85 Jahren gestorben und am vergangenen Donnerstag auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf im engsten Familienkreis beigesetzt worden. „Als ich von seinem Tod erfuhr, hatte ich für einen kurzen Moment wieder dieses Gefühl wie 2014, als meine Eltern kurz nacheinander verstorben waren“, sagte Schauspieler und Seeler-Freund Olli Dittrich, der auf Wunsch von Ehefrau Ilka Seeler die Abschlussrede hielt. „Es war dieser Gedanke: Jetzt bist Du allein.“

Noch einmal stand das Volksparkstadion ganz im Zeichen des „größten HSVer aller Zeiten“ (Boldt). Neben zwei riesigen gesprühten Bildnissen Seelers auf dem Rasen des Volksparkstadions, die ihn als Torjäger in Aktion mit der Unterschrift „Uns Uwe“ zeigten, war ein Podium für die Redner aufgebaut.

Zum Abschied „La Paloma“

Unterbrochen wurden die Trauerreden von Musikstücken, die zu Seelers Lieblingsmelodien gehörten und von der Familie ausgesucht worden waren, darunter „La Paloma“ von Hans Albers gesungen und „An de Eck steiht’n Jung mit Tüddelband“ von Heidi Kabel. Am Flügel spielte der international bekannte Hamburger Jazz-Pianist Joja Wendt, unterstützt vom Seemannschor Hamburg. Gemeinsam spielten sie „Hammonia“, die Hymne Hamburgs.

Schon zuvor hatte sich Franz Beckenbauer in im „Hamburger Abendblatt“ von seinem langjährigen Freund Seeler verabschiedet. „Mit Dir, mein Freund, in der deutschen Nationalmannschaft spielen zu dürfen, war mir, dem neun Jahre jüngeren, eine große Ehre“, schrieb der 76 Jahre alte Weltmeister von 1974. Beckenbauer konnte nach eigenen Angaben aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Hamburg reisen.

Der langjährige Kapitän und Präsident des FC Bayern München und Seeler spielten unter anderem bei den WM-Turnieren 1966 in England und 1970 in Mexiko zusammen. Er habe schon damals „eine ganz besondere Zuneigung“ gespürt. Der Brief endet mit den Worten: „Lieber Uwe, dieser letzte Gruß kommt aus tiefstem Herzen: Du bleibst für immer unvergessen. Servus und Tschüs.“

Im Stadion endete die Feier mit dem Stück: „In Hamburg sagt man Tschüss.“ Und die Fans sangen: „Uwe Seeler, Uwe Seeler - du bist der beste Mann.“

Bei Seelers großer Beliebtheit waren mehr Zuschauer in der 57 000 Plätze bietenden Arena erwartet worden. Doch die Ferien- und Urlaubszeit sowie die ungünstige Mittagszeit für die Trauerfeier sorgte für einen kleineren Rahmen. Zudem hatten zahlreiche Fans des HSV bereits drei Tage nach Seelers Tod Abschied genommen: Damals waren 54 500 Zuschauer zum Zweitliga-Spiel gegen den FC Hansa Rostock in die Arena gekommen. Mit einer Choreographie aus Spruchbändern und Signaltafeln hatten die Fans auf der Nordtribüne Seeler gedacht.

dpa