Ein Durchhänger: Was zum launigen Stück „„Außer Kontrolle“ der Rems-Murr-Bühne Leutenbach gehört, gilt es hinter den Kulissen zu vermeiden. Foto: Gottfried Stoppel

Die Rems-Murr-Bühne Leutenbach hat bei der Premiere seines neuen Mundartstücks die Zuschauer gut unterhalten – und würde das auch gern an anderen Orten. Die Akquise für Gastspiele ist nicht die einzige Herausforderung für Amateurtheater.

Es gab viel zu lachen, und beste Unterhaltung auf Schwäbisch war garantiert für die rund 800 Zuschauer, die sich am Wochenende an zwei Abenden das neue Stück „Außer Kontrolle“ der Rems-Murr-Bühne Leutenbach angeschaut haben. „Das Feedback war durchgehend positiv“, sagt der Vereinsvorsitzende Stefan Orner. Aber seine Freude über die erfolgreiche Premiere ist gleichwohl ein wenig getrübt.

Das Ensemble würde gerne öfter auftreten, tut sich aber schwer, gebucht zu werden. Er habe „25 Städte und Gemeinden angeschrieben“, um das Ensemble für ein Gastspiel ins Spiel zu bringen. „Aber es kam nichts zurück“, sagt er enttäuscht. Lediglich dann, wenn es persönliche Kontakte zu einem Kulturamt gebe, könne dies zu einem Engagement führen. „Wir sind alle Ehrenamtliche und Amateure, bis auf den Regisseur“, sagt Stefan Orner und spricht den mit einer Akquise verbundenen Zeitaufwand an. Prinzipiell scheue er davor nicht zurück, würde sich jedoch wünschen, dass er Gehör findet und eine Antwort bekommt, in welcher Form auch immer. Vor der Premiere hatte er dafür keine Zeit, die Leutenbacher haben mit ihrem Regisseur Bernhard Linke täglich geprobt.

Die Zahl der Auftritte sinkt

Jetzt ist erst mal Pause. Wie es derzeit aussieht, ist der nächste Auftritt der Leutenbacher erst im kommenden Jahr, am 4. Februar in der Gemeindehalle in Weiler zum Stein. Orner sagt, „dass künstlerisch wertvolles Mundart-Tourneetheater in der Region seinen Platz zwischen Profibereich und Laienschauspiel“ finden müsse.

An Beachtung fehlte es in der Vergangenheit nicht – zwei Landespreise gab es und zwei SWR-Aufzeichnungen. Aber jetzt, nach Corona, würden es in dieser Spielzeit wohl „kaum mehr als sechs bis acht Vorstellungen“. Vor 20 Jahren seien es noch 16 in 14 unterschiedlichen Orten gewesen. Stefan Orner würde sich deshalb „wünschen, dass die Großen Kreisstädte wie Waiblingen, Schorndorf oder Fellbach, aber auch die kleineren Gemeinden im Kulturbereich schauen, ob es nicht lokale Künstler und Ensembles aus dem Landkreis gibt, die man durch ein Engagement fördern könnte“.

Dabei geht es ihm primär nicht um die Finanzen seines Vereins, die seien zufriedenstellend, sondern um die Möglichkeit, Schauspieler für ihre Mühe und das Publikum mit Unterhaltung durch Auftritte gleichermaßen zufrieden zu stellen. Mit Mundart ließen sich Säle füllen, das zeigten Auftritte von Profis wie Heinrich del Core, Dodokay oder „Dui do ond de sell.“ Diese werden jedoch über Agenturen gebucht. Ein probates Angebot, auf das auch Maja Heidenreich, Kulturamtsleiterin in Fellbach, setzt. „Bei der Zusammensetzung unseres Spielplans für die Miete-Angebote gehen wir unterschiedliche Wege“, sagt sie. So gebe es jährlich die Messe Inthega in Bielefeld, quasi ein „Theatermarkt“ für Profikünstler. Beim Thema Mundart und Amateurtheater setze sie gerne auf Kooperationsveranstaltungen, „da können wir unterstützen“. Ein Exposé sei zunächst immer gut, „und dann lade ich die Personen gerne zu einem persönlichen Gespräch bei mir ein“.

Von persönlichen Kontakten profitiert auch der Verein Plüderhäuser Theaterbrettle, ebenfalls ein ehrenamtliches Amateurtheater, das sich der Mundart verschrieben hat. Es hat eine feste Spielstätte und geht seit einigen Jahren nicht mehr auf Tournee, erzählt die Vorsitzende Martina Schmid. Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, weil das Einpacken und Aufbauen eines Bühnenbildes immer mit viel Aufwand verbunden sei. „Jetzt kommen die Leute zu uns nach Plüderhausen, in Bussen aus Heidenheim, Tübingen und Aalen“, zählt sie auf.

Was sagt der Landesverband für Amateurtheater?

Vieles gehe „über Mund-zu-Mund-Propaganda, aber auch Facebook nutzen wir“. Am Samstag, 12. November, ist mit dem Stück „Landeier“ Premiere für die neue Spielzeit. Im Publikum wird dann auch ein Mitglied aus dem Vorstand des Bundes Deutscher Amateurtheater sitzen, sagt Schmid. „Zu dem haben wir einen guten Kontakt.“ Für die neue Spielzeit „ habe ich nicht mehr viele Karten“, sagt sie erfreut.

Raphael Wohlfahrt ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart zuständig. Er beobachtet, dass der jährlich stattfindende Verbandstag, an dem alle Mitglieder teilnehmen können, auch „zum Austausch und Netzwerken“ genutzt wird. Eine „Börse oder Liste“, auf der eingetragen sei, welche Theater auf Tournee gehen und welches Stück sie im Repertoire haben, habe der Verband nicht. Wohlfahrt räumt ein, dass das hilfreich sein könnte für Personen und Organisationen, die ein Amateur-Mundart-Ensemble engagieren wollen. Für planende Kulturmanager sei das sicher eine Hilfe, aber auch für Firmen-Events.

Unterhaltung seit vielen Jahrzehnten

Tradition
 1981 wurde der Amateur-Theaterverein Rems-Murr-Bühne Leutenbach gegründet, er hat keine feste Spielstätte. Der Verein mit gut 50 Mitgliedern spielt alle Stücke in Mundart. „Außer Kontrolle“ ist das erste Werk nach langer Corona-Pause.

Ehrenamt
Das Plüderhäuser Theaterbrettle gibt es seit 1986, es hat eine eigene Spielstätte mit Bewirtung – und stemmt alles im Ehrenamt. Nachdem die Corona-Verordnungen wieder Auftritte mit Publikum zuließen, wurden am Kitzbüheler Platz in Plüderhausen wieder Veranstaltungen angeboten. Am Samstag, 12. November, ist um 19.30 Uhr Premiere für die neue Spielzeit mit „Landeier“.

Organisation
Der Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg ist ein Verein mit Sitz in Stuttgart und die Dachorganisation der Amateurtheater im Land. Er ist Mitglied im Bund Deutscher Amateurtheater. Der Landesverband „hat die Förderung und Verbreitung des Amateurtheaters zur Aufgabe“, gut 600 Bühnen sind Mitglied.