„Es war noch nie so schlimm“ wie jetzt, sagt Gerhard Brand. Foto: dpa/Uwe Anspach

Laut einer Studie war Im vergangenen Jahr in fast allen Kitas im Land zeitweise nicht einmal mehr eine Minimalbesetzung im Dienst.

Jede dritte Kita in Baden-Württemberg war im vergangenen Jahr an vier von zehn Tagen so schlecht besetzt, dass die Aufsichtspflicht in der Einrichtung gefährdet war. In jeder sechsten Kita war das sogar an sechs von zehn Tagen der Fall, das ist doppelt so häufig wie im Jahr zuvor. Das ist das Ergebnis der Studie des Deutschen Kitaleitungs-Kongresses (DKLK), einer Befragung von bundesweit 4827 Kitaleitungen im Auftrag des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE). Knapp 2000 Befragte kommen aus dem Südwesten. Die personelle Lage der Kindertagesstätten „war noch nie schlimmer“, sagte der baden-württembergische VBE-Chef Gerhard Brand, und sie werde sich weiter zuspitzen, warnte er.

Brand rechnet damit, dass mit dem Beginn der ukrainischen Sommerferien noch mehr Familien ihr Land verlassen in andere Länder fliehen werden. Im Übrigen hat ab dem Schuljahr 2026/2027 jedes Grundschulkind einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz, sodass in diesem Bereich noch mehr pädagogische Fachkräfte als jetzt gebraucht werden, die den Kitas dann fehlen.

„Wir machen Abstriche an der Sicherheit der Kinder“

Aktuell arbeiten 98 000 Fachkräfte in den Kitas im Land. Für eine angemessene Betreuung wären aber fast doppelt so viele notwendig, so Brand, nämlich 80 000 mehr. „Wenn wir es nicht schaffen, mehr Personal in die Kitas zu bekommen, werden wir Einrichtungen schließen müssen.“ Aktuell mache man Abstriche nicht nur an der Qualität der Betreuung, sondern „auch an der Sicherheit der Kinder“.

In Baden-Württemberg gilt ein Betreuungsschlüssel für unter Dreijährige von einer Fachkraft auf drei Kinder. Bei den Drei- bis Sechsjährigen sollen laut der Empfehlung ein Erzieher 7,5 Kinder betreuen. Tatsächlich betreue aber in jeder zehnten Krippe im Land eine Fachkraft acht unter Dreijährige. In mehr als jeder vierten Kita ist eine Erzieherin für zwölf Kinder oder mehr verantwortlich.

Genommen wird wer kommt

83 Prozent der befragten Kita-Leiter hatten denn auch angegeben, die Personalnot habe sich in den vergangenen zwölf Monaten verschärft. Im Jahr zuvor lag diese Quote noch bei 70 Prozent. Das sorge auch dafür, dass genommen wird wer kommt: Fast 60 Prozent der Befragten gaben an, mittlerweile würde Personal eingestellt, das früher noch keinen Arbeitsvertrag bekommen hätte.

Der VBE fordert eine landesweite abgestimmte, flächendeckende Fachkräfteoffensive. Die Kita-Leitungen bräuchten mehr Unterstützung, etwa durch mehr Stunden, die tatsächlich für die Leitungsaufgaben reserviert sind, aber auch durch nichtpädagogische Mitarbeiter, die sich um Verwaltungsarbeit kümmern könnten, wie etwa die Aufnahme von Kindern in einer Einrichtung. Die SPD nannte die Ergebnisse erschreckend.