Verkehr ist für etwa ein Drittel des Feinstaubs am Neckartor verantwortlich (Symbolbild). Foto: imago/Blickwinkel

Eine AOK-Studie zeigt, dass Feinstaub zu mehr Influenzafällen führt. In Baden-Württemberg sind die Werte höher als die EU für 2030 anpeilt.

Eine hohe Feinstaubbelastung führt zu mehr Grippefällen. Das ergibt eine groß angelegte Studie des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) und der AOK Baden-Württemberg. Eine Verdopplung der Konzentration kleiner Feinstaubteilchen führt demnach statistisch zu doppelt so vielen Grippefällen. Dazu kommt ein nochmals deutlich stärkerer Zusammenhang mit der Temperatur. „Das Risiko ist in Regionen am höchsten, in denen es besonders kalt und die Feinstaubkonzentration besonders hoch ist“, sagt der Chef der AOK im Land, Johannes Bauernfeind.

Der Zusammenhang von Feinstaub und Grippe ist nicht neu, die Stärke schon. Feinstaub entsteht auch drinnen, etwa beim Kochen oder Heizen. Wie viel Menschen einatmen, hänge aber „maßgeblich von der Belastung im Außenbereich ab“, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Studie. Sie fällt mitten in eine sehr starke Welle von Atemwegserkrankungen, darunter viele Influenzafälle. Die Zahl der Arztbesuche sei so hoch wie sonst „nur in Spitzenwochen starker Grippewellen“, schreibt das Robert-Koch-Institut.

Daten von Millionen Versicherten

Die AOK-Studie nutzt Daten von mehr als 4 Millionen Versicherten sowie satellitengestützte Daten zur Luftqualität aus 2010 bis 2018. Beim Feinstaub sind besonders Partikel mit einem Durchmesser unter 2,5 Mikrometer für Influenza relevant. Am höchsten waren die Werte bis 2018 in der Region Stuttgart sowie um Mannheim und Kehl mit 12 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im langjährigen Mittel, am niedrigsten im Hochschwarzwald (unter 9 Mikrogramm).

Die Ende Oktober von der EU-Kommission für 2030 vorgeschlagenen schärferen Feinstaub-Grenzwerte könnten derzeit kaum eingehalten werden. 2018 lagen im ganzen Land exakt neun Schwarzwaldgemeinden unter den vorgeschlagenen höchstens 10 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft. Messungen der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) bestätigen diesen Befund – mit Ausnahme des Coronajahrs 2021. Für 2022 liegen noch keine Daten vor.

Um die Werte zu senken, seien „europaweit großräumig angelegte Maßnahmen nötig, die viele Bereiche umfassen“, sagt die LUBW-Sprecherin Tatjana Erkert. Am Stuttgarter Neckartor sei 2020 fast die Hälfte des Feinstaubs von außerhalb gekommen. Ein weiteres starkes Drittel sei dem Verkehr zuzurechnen, etwa Abgasen und Reifenabrieb. In ländlichen Gebieten sei die Landwirtschaft ein relevanter Faktor.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verschärfungen begrüßt. Sie könnten eingehalten werden, wenn der Verkehr klimafreundlich werde, zudem seien „voraussichtlich noch Verbesserungen bei den Holzfeuerungen notwendig“.