„Sons of Anarchy“, „The Afterparty“, „After Life“, „Krabat“ „Der Rausch“ (von links oben im Uhrzeigersinn) Foto: Disney+, Apple TV+, Netflix, Arte, Amazon Prime

Welche neue Serie sollten Sie jetzt bingen? Welchen Film schauen, wenn Sie am Wochenende nur wenig Zeit haben? Gibt es bei Netflix, Amazon und Co. Schätze, die Sie übersehen haben? Hier erfahren Sie, was sich gerade zu schauen lohnt.

So viele Streamingdienste, so viele Mediatheken, so viele Serien, Filme und Dokus – und so wenig Zeit. Und weil das Wochenende viel zu kostbar ist, um es vor dem Fernseher bei einem schlechtem Programm zu vergeuden, verraten wir Ihnen hier, was sich jetzt besonders zu schauen lohnt.

► Ich mag Agatha-Christie-Krimis. Welche neue Serie passt da zu mir?

The Afterparty

Zu sehen bei Apple TV+

Wenn Sie Agatha-Christie-Fan sind, könnte Sie natürlich das Offensichtliche machen und Ihr Glück bei der schwedischen Serie „Agatha Christies Hjerson“ versuchen, die in einem fiktionalen Agatha-Christie-Universum spielt und ganz frisch in der ZDF-Mediathek verfügbar ist. Sie erzählt vom exzentrischen Ermittler Sven Hjerson, der Gastgeber einer True-Crime-Show werden soll.

Klingt interessant. Ja, ans Herz legen möchten wir Ihnen aber trotzdem eine andere Serie: „The Afterparty“ bei Apple TV+, eine wunderbare Murder-Mystery-Comedyserie, die noch etwas näher dran an der Krimitradition Agatha Christies ist.

Aniq will beim Klassentreffen seine Highschool-Liebe zurückerobern. Yasper hofft einen Schulkameraden zu einem Businessdeal überreden zu können. Xavier, der inzwischen als Popstar Karriere gemacht hat, nutzt die Gelegenheit, um mit seinem Ruhm und Reichtum zu protzen und fliegt mit dem Helikopter ein. Und was Indigo will, weiß wahrscheinlich nicht einmal Indigo selbst. Jedenfalls endet die Afterparty in Xaviers Luxusvilla abrupt mit dem Tod des Gastgebers. Die Polizei geht von Mord aus, und die Frage ist, wer der Gäste hat ihn umgebracht?

Den Achtteiler mischt Showrunner Chris Miller („The Lego Movie“, „The last Man on Earth“) aber noch ein bisschen mit Akira Kurosawas „Rashomon“ auf: In jeder Episode schildert ein andere Verdächtiger, eine andere Verdächtige beim Verhör eine eigene Version der Geschehnisse des Abends – und verwandelt die Serie abhängig vom jeweiligen Protagonisten mal in ein Thriller, mal in ein Musical, und macht „The Afterparty“ damit zu einem kurzweiligen, zu allerlei Albernheiten neigenden Whodunnit. (gun)

         

► Ich liebe das Kino. Welchen Film habe ich da während Corona vielleicht verpasst?

Der Rausch

Zu sehen bei Amazon Prime

in diesem sehr zeitgemäßen Gesellschaftsdrama des Dänen Thomas Vinterberg („Das Fest“) spielt Mads Mikkelsen („Casino Royale“) einen ausgelutschten Lehrer, der seine Frau ebenso langweilt wie seine Schüler. Drei von Martins Kollegen stecken in ähnlichen Krisen. Gemeinsam beschließen sie, ihr tristes Dasein durch ganztägigen Alkoholkonsum aufzuhellen. Inspiration und frische Ideen folgen auf dem Fuß, doch das Experiment erweist als riskant.

Vinterberg bleibt eng an seinen Figuren, während diese am Rande des Abgrunds tanzen. Er hat dafür den Auslands-Oscar bekommen und war auch für die Regie nominiert. Mikkelsen sprüht vor Spiellust: Zunächst wirkt er als Martin wie einer, dem alle Luft entwichen ist, später reißt er seine Schüler von den Sitzen und feiert ausgelassen mit ihnen ihr bestandenes Abitur, als wäre er noch einmal 19.

Natürlich wird auch dabei Alkohol getrunken, doch Vinterberg ist weit davon entfernt, die Volksdroge zu verherrlichen. Sie dient hier als eine Art Trigger, der Erstarrte wiedererweckt und zu sich zurückbringt, so dass sie sich daran erinnern, was für ein großartiger Rausch das pralle Leben an sich sein kann. (ha)

     

► Disney+ setzt auf Familienunterhaltung, aber es gibt auch Platz für Shakespeare-Tragödien.

Sons of Anarchy

Zu sehen bei Disney+

Shakespeare lauert einem immer und überall im Serienfernsehen auf. Eine besonders gelungene „Hamlet“-Adaption ist die TV-Serie „Sons of Anarchy“ (2008-2014). Der Hamlet in Kurt Sutters Serie heißt Jax Teller, ist nicht Prinz von Dänemark, sondern Stiefsohn des Anführers einer Rockerbande ist. Doch auch er ist lange Zeit ein Zauderer.

In „Sons of Anarchy“ geht es um die Ich-Krise der Hauptfigur, um Sein oder Nichtsein, um Drogen oder Waffen. Das furios inszenierte Mord-, Verschwörungs- und Rachedrama erweist sich als raffiniertes Shakespeare-Tragödien-Update – sieben Staffeln voller dunkler Vorahnungen und Briefen von toten Vätern. Der Rest ist Schweigen. (gun)

         

► Alle „Harry Potter“-Filme schon gesehen? Es gibt noch andere Zauberschüler!

Krabat

Zu sehen bis 24. März in der Arte-Mediathek

Der arme Waisenjunge, der in der Wassermühle im Koselbruch gemeinsam mit elf anderen Jungs beim „Meister“ in die Lehre geht und nach und nach die Abgründe der Schwarzen Magie kennenlernt...

Als dieser Film 2008 in die Kinos kam, gab es viele strenge Kritiken; das können wir hier nicht verschweigen. Penibel listeten alle Fans des großartigen „Krabat“-Romans von Otfried Preußler die Kino-Abweichungen vom literarischen Original auf.

Dabei hatte der damals 30-jährigen Regisseur Marco Kreuzpaintner doch nur alles richtig gemacht – nämlich seinen eigenen Blick auf den Jugendbuch-Klassiker gesucht und gefunden: als einen großen Kampf zwischen Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe auf der einen, Ausbeutung, Abschied und Tod auf der anderen Seite des Lebens.

Große, düstere Bilder (gedreht wurde unter anderem im Rumänien, aber auch, grins, im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck); große, eindrucksvolle Darsteller aus der ersten deutschen Künstler-Reihe (David Kross, Daniel Brühl, Christian Redl, Robert Stadlober, Paula Kalenberg, Anna Thalbach, Charly Hübner) – heute kann man sich unbefangen durch die knapp zwei Stunden gruseln. Und bekommt nach dem halbwegs guten Ende vielleicht Lust, das Buch (neu) zu lesen.

Otfried Preußler selbst (er starb 2013) hat die Verfilmung übrigens ausdrücklich gelobt: „Marco Kreuzpaintner hat tatsächlich das Kunststück fertig gebracht, sowohl dem Medium Film als auch meinem Buch gerecht zu werden.“ Und auch das verbindet diesen „Krabat“ ja dann mit „Harry Potter“. (schl)

         

► Ich liebe Ricky Gervais, habe aber schon alle „The Office“-Folgen gesehen

After Life

Zu sehen bei Netflix

Der grandiose Komödiant Ricky Gervais hat seinen spitzen englischen Humor als unmöglicher Chef in der Serie „The Office“ gezeigt, der Vorlage für „Stromberg“, und auch schon als Moderator bei den Golden Globes, wo er mit seinen Gemeinheiten die versammelte Hollywood-Prominenz verstörte.

In seiner selbst entwickelten Serie „After Life“ spielt Gervais den Lokaljournalisten Tony in einer englischen Vorzeige-Kleinstadt, der nicht über den Krebstod seiner Frau Lisa hinwegkommt. Er ist ein ambivalenter Charakter, mal hilfsbereit und dann wieder ein Eulenspiegel gegenüber Verwandten, Kollegen und Randgestalten.

In der dritten Staffel nun scheint nichts geblieben zu sein vom neuen Lebensmut, den Tony in der zweiten gesammelt hatte. Er kann sich nicht auf die pfiffige Altenpflegerin Emma (Ashley Jensen) einlassen und schaut noch häufiger Filme von Lisa an.

Irgendwann wird klar, wieso sie so besonders für ihn war, und es entwickelt sich eine ungeheure Dynamik: Tony offenbart ein großes Herz, alle Freaks finden ihren Platz, das große, emotionale Finale hallt lange nach. Wer kann, sollte es mit der englischen Originalfassung und Untertiteln versuchen – solcherlei Witz lässt sich nie ganz übersetzen. (ha)