Die Publikumsstimmen haben nicht gereicht fürs Schwein: Katrin Müller-Hohenstein musste am Schluss der ersten Runde ihre Maske lüften. Foto: dpa/Willi Weber

Endlich! „The Masked Singer“ geht bei Pro Sieben in die vierte Staffel und präsentiert zehn grandiose neue Kostüme. Schade nur, dass am Ende gleich die erste Kandidatin ausscheiden musste – obwohl manch anderer noch schlechter gesungen hat!

Köln - Manno, wie schade! Nicht, dass beim Auftakt der vierten Staffel von „The Masked Singer“ auf Pro Sieben das Schwein die stärkste Gesangsnummer hingelegt hätte. Aber das Kostüm war einfach grandios und hätte zweifellos in den kommenden Wochen noch zwei, drei Runden mehr verdient. Doch das Publikum hat um kurz nach 23 Uhr am Dienstagabend entschieden und mehrheitlich für Demaskierung votiert. Und zum Vorschein kam – nein, nicht Senta Berger, wie die Jury zum Schluss allen Ernstes geglaubt hatte, sondern die ZDF-„Sportstudio“-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein.

Wobei: gut, dass der Moderator Matthias Opdenhövel das Rätsel schnell auflöste und den Namen nannte, denn die 55-jährige Journalistin kam derart zerzaust, verschwitzt und derangiert unter ihrem Schweinskopf hervor, dass man die ansonsten ja stets äußerst distinguiert auftretende Sportsfrau auf Anhieb überhaupt nicht erkennen konnte. Und in dieser Sekunde wurde vielleicht auch der Jury bewusst, dass bei allem Respekt vor der großen Kunst die beinahe 80-jährige Schauspielerin Senta Berger einer derart kiloschweren Strapaze wie bei „The Masked Singer“ wohl kaum gewachsen wäre, womöglich gar über Wochen hinweg.

Die Schnute traurig, um den Hals eine Kette aus Bonbons

Auch in der vierten Runde zeigte die bisher so ungemein erfolgreiche Abendshow, die Pro Sieben vom südkoreanischen Fernsehen eingekauft hat, all ihre Unterhaltungsqualitäten. Die Kostüme – Dinosaurier, Leopard, Küken, Flamingo, Monstronaut, Stier, Einhorn, Quokka, Schildkröte und eben Schwein – sind mittlerweile noch einen Tick fantasievoller wie früher. Das Schwein beispielsweise: letztlich ein psychedelischer Traum mit großen Augen und trauriger Schnute, um den Hals eine Kette aus Bonbons, auf dem Kopf als Hut ein Regenschirm mit herab baumelnden Edelsteinen. Ausgesprochen elegant und selbstbewusst bewegte sich Müller-Hohenstein darin. Die gebürtige Erlangerin sang mit leicht fränkisch-rollendem R, was die Jury prompt für österreichisch hielt; darum wohl der Tipp Senta Berger.

Aber das ist eben auch „The Masked Singer“ – dieses herrliche Stochern der Juroren im Studio und der Zuschauer daheim im Promi-Nebel. Ruth Moschner und Rea Garvey sind fest im Rateteam, als Gast war zum Auftakt die Kabarettistin Carolin Kebekus dabei. Man könnte die Diskussionen der drei nach jedem Auftritt oft einen kleinen Tick abkürzen; meist läuft es doch immer nur auf die Aussagen hinaus: „Dein Gesang kam von Herzen“ (was wohl heißen soll: es klang schrecklich), oder: „Ich kenne diese Stimme! Ich kenne dich wahrscheinlich auch persönlich! Aber ich werde wahnsinnig, ich komm nicht drauf!“ (übersetzt: Mensch, ich kenne inzwischen derart viele Leute, ich kann mir einfach nicht alle Namen merken).

Die Schildkröte kann sehr gut singen

Aber der größte Spaßfaktor an dieser Show sind natürlich die Auftritte der maskierten Sänger selbst. Im Gegensatz zu fast allem, was im Fernsehen sonst so läuft, ist hier halt nichts geskripted oder vorher abgesprochen: Die Promis, die hier mitmachen, werden über Wochen vom Sender isoliert und nur inkognito ins Studio gelassen; selbst untereinander wissen sie nichts von ihren Engagements. Rein musikalisch stach in der ersten Show am Dienstag nur eine Maske deutlich heraus: Die Schildkröte lieferte in bester Performance eine stimmlich großartige Version von Phil Collins Allzeit-Hit „In the Air Tonight“. Alle anderen Masken waren musikalisch dagegen nur là-là; da klangen viele nach der Abteilung „singender Schauspieler“ oder „musikalisch ehrgeiziger Spaßvogel“.

Doch das kann täuschen, denn auch die wirklichen Profis unter den Masken-Promis halten erfahrungsgemäß mit ihrem Talent anfangs ein bisschen hinterm Berg, um das Publikum und die Jury zu verwirren. Und so entfalteten Moschner, Kebekus und Garvey im Laufe des Abends einen bunten Strauß an Möglichkeiten, wer in dieser Showstaffel wohl alles auf der Bühne versammelt sein könnte, von Florian Silbereisen bis Maxi Arland, von Bill Kaulitz bis Lukas Podolski, von Jenny Elvers bis Lena Gercke. Ach, das kann noch herrlich werden.

Und um dies zur Sicherheit abschließend für ein medien- und kulturkritisches Publikum noch zu Protokoll zu geben: Ja, „The Masked Singer“ ist ein bisschen Kindergeburtstag für Erwachsene. Ja, es ist alles ein bisschen infantil. Ja, der Gesang ist oft ziemlich mäßig, auch wenn die Jury stets das Gegenteil behauptet. Ja, die Sendung zieht sich ein bisschen in die Länge. Ja, man muss das alles nicht sehen; ein gutes Buch zu lesen wäre in jedem Fall eine Alternative. Aber es macht einfach großen Spaß. Und Matthias Opdenhövel hatte bei seiner Begrüßung am Vorabend des Aschermittwochs absolut recht: „Jetzt starten wir die Staffel und kommen zu Ihnen jeden Dienstag. Und wenn wir fertig sind, dann ist Frühling!“ Exakt so wird’s sein.