Der Stadtrat Richard Pitterle bei einer Veranstaltung in Sindelfingen Foto: Eibner/Archiv

Der Sindelfinger Stadtrat Richard Pitterle verlässt die Partei „Die Linke“ nach Jahrzehnten, will vor Ort aber weiterhin linke Inhalte vertreten. Wechselt er zum Bündnis Sarah Wagenknecht?

Er ist das Gesicht der Linken im Kreis Böblingen: Richard Pitterle war der erste Kreisvorsitzende der Linken, er sitzt seit 2009 im Sindelfinger Gemeinderat und gehörte acht Jahre lang zur Linke-Fraktion im Deutschen Bundestag. Doch jetzt ist er aus der Partei ausgetreten, wie er am Montag über Facebook bekannt gab. Er sehe keine „positive Fortführungsprognose“ für die Linke – mehr wolle er dazu nicht sagen.

Der Austritt sei bereits am 16. Juli erfolgt, direkt nach der Konstituierung des Sindelfinger Gemeinderats. Da war es Pitterle gelungen, die „Zählgemeinschaft Vielfalt Sindelfingen / Linke Plus“ mit jeweils einem Sitz zu installieren. Das sei ihm wichtig gewesen, und an seiner politischen Arbeit im Gemeinderat werde sich nach seinem Parteiaustritt nicht viel ändern. „Aus meiner Sicht bleibt die Zählgemeinschaft Vielfalt Sindelfingen / Linke Plus weiter bestehen“, erläutert der 65-Jährige auf Nachfrage, „wobei ich mich jetzt zum Plus zähle, aber mich in meiner Arbeit an das von mir mitbeschlossene Wahlprogramm der Linken gebunden fühle.“ Er werde weiterhin für die Interessen von Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, eintreten, gebührenfreie Kitas und eine Sozialquote bei den Wohnungen vertreten.

Bereits seit dem Europawahl-Parteitag der Linken im November 2023 habe er darüber nachgedacht, die Partei zu verlassen, verrät Pitterle, er wollte aber die Kommunalwahl abwarten. „Irgendwie gehört es zu meinem Lebenswerk, und ich glaube, für mich in Anspruch nehmen zu können, die Linke vor Ort aus einem Schmuddelkind zu einem im demokratischen Spektrum angesehenen Partner gemacht zu haben“, bilanziert er, „dieser Aufgabe habe ich bis zur Kommunalwahl alles untergeordnet.“ Denn eine Kraft links von der Sozialdemokratie halte er im Gemeinderat für „unverzichtbar“.

Auf Facebook schreibt Pitterle: „Da ich mich noch nicht so alt fühle, um in den politischen Ruhestand zu gehen, werde ich die Bundestagsabgeordneten Jessica Tatti beim Aufbau der BSW-Strukturen in Baden-Württemberg unterstützen.“ Schließt er sich damit also dem Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) an? „Das wird man sehen“, sagt Pitterle auf die Nachfrage, ob er einen Parteiwechsel plane, „aber ja, das erwäge ich.“

Bereits kurz nach der Wiedervereinigung 1990 war Richard Pitterle der PDS beigetreten und anschließend viele Jahre im Landes- und Kreisvorstand aktiv. Mit der Fusion von PDS und WASG zur Partei „Die Linke“ im Juni 2007 saß er sofort dem Kreisverband vor und hat die Linkspartei lange Jahre geprägt – bis zu diesem Sommer.