Die Stadtkapelle Böblingen spielt eindrucksvoll in der bestens besuchten Martin-Luther-Kirche. Foto: Eibner-Pressefoto/Manuel Flierl

Ereignisse für musikalische Feinschmecker gibt es in Böblingen bemerkenswert viele. Jüngstes Beispiel: Das famose Klangkörper-Konzert der Stadtkapelle in der Martin-Luther-Kirche.

Die Erkenntnis ist zwar nicht ganz neu, aber doch immer wieder erstaunlich. Böblingen hat sich zu einer Musikmetropole entwickelt, Beispiele sind: das letzte Konzert des Pianistenfestivals im Februar war ausverkauft, die letzte Jazztime und das Konzert der Kantorei in der Stadtkirche platzten aus allen Nähten.

Außerdem: Das jüngste Konzert der Stadtkapelle in der Martin-Luther-Kirche lockte 250 Zuhörer an. Dies ist umso bemerkenswerter, als alle Konzerte durchaus fordernde Programme hatten.

Die Kapelle durfte nicht abtreten

Das wechselvolle Programm enthielt Stimmungen und Empfindungen unterschiedlichster Art. Die Stadtkapelle erntete so viel Beifall, dass sie ohne Zugabe nicht gehen durfte. Bemerkenswerterweise war diese Zugabe das älteste Stück des Programms, nämlich der neunte Satz aus Edward Elgars Enigma-Variationen, die 1898 uraufgeführt wurden. Ältester Komponist war darüber hinaus der Tscheche Pavel Stanek, der mit 98 Jahren vor wenigen Wochen gestorben ist.

Anschaulich und lebendig vorgetragen waren die einzelnen Programmerläuterungen von Orchestermitglied Fabian Strauch, im Hauptberuf Pressesprecher der Stadt Böblingen.

Seit Anfang des Jahres hatten die rund 50 Musiker und Musikerinnen wöchentlich geprobt und realisierten nun unter dem Motto Klangkörper ein bemerkenswertes Konzert, das auch religiöse Aspekte thematisierte. „A Sign for Freedom“ nannte der Österreicher Thomas Asanger seine Komposition, die unter anderem den Flüchtlingen gewidmet ist. Die Stadtkapelle bewies bereits hier eine animierende Mischung aus schillernden Klangfarben der unterschiedlichen Holz- und Blechblasinstrumente.

Asanger ist übrigens Landeskapellmeister-Stellvertreter eines Blasmusikverbandes. So ist er im allerweitesten Sinne auch Kollege des Leiters der Stadtkapelle Daniel Wolkober, der neben seiner Arbeit als Dirigent auch als musizierender Trompeter und Dozent agiert. Bei Staneks „Legende“ überzeugten die Musiker durch konzertanten Schwung und eine gut nachvollziehbare Mehrstimmigkeit der polyfonen Kompositionselemente.

Nach den Werken eines Österreichers und Tschechen erklang dann „La Basilica di San Marco“ des Schweizers Mario Bürki. Hier gestaltete die Stadtkapelle mit Einfühlungsvermögen aber auch Lebendigkeit die Atmosphäre der unglaublichen Erhabenheit, die diese bedeutende Kirche ausstrahlt, vor allem wenn man sich den Eindrücken der Innenarchitektur hingibt.

Beinahe singt das Publikum mit

Alfred Bösendorfer könnte man ebenso in Österreich vermuten, dahinter verbirgt sich aber Holländer Kees Vlak, der in seinem Stück „Crith Mhonadh“ Elemente aus dem 23. Psalm und schottische Folklorerhythmen herrlich kombiniert. Mit „Lead me Home“ von Janes Hosay und „Spiritual Moments“ von Dizzy Stratford glänzte die Stadtkapelle dann mit klingenden Impressionen der amerikanischen Blues-, Country- und Popmusik.

Nahezu zum Mitsingen eignete sich dann ein Medley aus dem Musical „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd Webber, der 19 Musicals (unter anderem Cats, Evita) schuf. Zu den textlich/musikalischen Inhalten der Gospels passten auch die Impulse von Pfarrerin Eva Schury, die nachdenkenswerte Sätze zum Thema geistige/seelische Heimat beisteuerte.