Luisa Moroff auf Fuerteventura: Im Trainingslager ordentlich Radkilometer geschrubbt Foto: privat

Triathletin Luisa Moroff aus Darmsheim hat sich ihren größten Wunsch mit der Qualifikation für Hawaii bereits im September erfüllt, würde sich aber dennoch über ein paar neue Laufschuhe unterm Weihnachtsbaum freuen.

Darmsheim - Viel gute Laune hat Luisa Moroff mit nach Hause gebracht. Insgesamt rund 700 Kilometer in den Beinen. Und sogar ein bisschen Farbe. Zehn Tage lang war die Triathletin zusammen mit ihren Eltern auf Fuerteventura. Zum ersten Mal. „Eine Kombi zwischen Trainingslager und Urlaub“, verrät sie. Mit dem Papa („ein idealer Trainingspartner für mich“) etliche Kilometer auf dem Rad geschrubbt, mit der Mama Entspannung am Meer bei 22 Grad genossen. Die Zeit auf den Kanaren hat gut getan. „Auch wenn mir Mallorca besser gefällt“, gibt sie zu, „da gibt’s mehr zu sehen.“

Wenn irgendwie möglich, steht der Trip in den Süden immer im Dezember auf dem Programm. „Weil da einfach ein paar Radkilometer mehr zusammenkommen.“ Denn zu Hause geht’s im Winter vor allem auf die Rolle. Macht sicher weniger Spaß als draußen in der Sonne.

In Klagenfurt nach 9:25:30 Stunden die Ziellinie als Dritte ihrer Altersklasse überquert – das reichte für Hawaii

2015 hat die 25-Jährige ihre „Vision 2020“ ins Leben gerufen, mit der Qualifikation für die WM auf Hawaii auch erreicht. Pandemiebedingt zwar verspätet, aber wenn alles gut geht, wird sie am 6. Oktober 2022 in Kona an der Startlinie stehen. „Geplant war das bereits 2020 in der Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen“, blickt sie zurück. „Da hätte ich an einem guten Tag sogar vorne mitmischen können. Dass es mit der Quali beim Ironman in Klagenfurt jetzt auch gleich in der deutlich stärker besetzten Altersklasse der 25- bis 29-Jährigen geklappt hat, freut mich um so mehr.“ Nach 9:25:30 Stunden Leidenszeit hatte sie im September das Ziel am Wörthersee erreicht. Als Dritte ihrer Altersklasse. Mit schmerzenden Beinen, aber auch Gänsehaut. „Alles Kopfsache“, meinte sie nach der nicht enden wollenden Anstrengung auf der 42,2 Kilometer langen Laufstrecke. „Laufen, verpflegen, laufen, verpflegen – und möglichst keine negativen Gedanken“, dachte sie sich immer wieder. Am Tag danach die Belohnung für die Strapazen: der Startplatz für Hawaii, den die siegreiche Österreicherin Eva Berger ausgeschlagen hatte. In diesem Fall besagt das Regelwerk, dass die Nachfolgende den Slot angeboten bekommt. Luisa Moroff griff zu – ihr Traum wurde wahr. „Jetzt hoffe ich nur, dass das Rennen auf Hawaii im nächsten Jahr auch stattfinden kann“, schaut sie mit ein bisschen Sorge auf die Pandemie-Entwicklung. „Es wäre schade, wenn nicht, nachdem ich so lange darauf hingearbeitet habe.“

Auf einen Start bei der 70.3-Weltmeisterschaft in Utah wird verzichtet

Dafür verzichtet sie auch auf die Teilnahme an der 70.3-Weltmeisterschaft in Utah. Der Name rührt von der Summe der Einzeldistanzen: 1,2 Meilen Schwimmen, 56 Meilen Einzelzeitfahren 13,1 Meilen Laufen. Die Norm dafür hatte sie im August mit ihrem Gesamtsieg in Duisburg erfüllt. Zusammen übrigens mit ihrem Papa, der in seiner Altersklasse ebenfalls Erster wurde. „ Es wäre also tatsächlich naheliegend gewesen, in Utah auch zu starten“, sagt sie. Dennoch war die die 70.3-WM 2022 nie ein Thema. „Kona war das Ziel, deshalb habe ich für das damals noch ausstehende Qualifikationsrennen in Klagenfurt alles auf diese eine Karte gesetzt. Eine WM an einem anderen Ort stand für mich nie zur Debatte.“ Und mit fast schon schwärmerischem Blick: „Ich möchte an den Ort, wo der Sport herkommt, dem ich so viele wunderbare Emotionen, Begegnungen und Erlebnisse zu verdanken habe. Hawaii ist und bleibt der Geburtsort von meinem geliebten Sport, der mir so unglaublich viel Spaß bereitet. Tag für Tag.“

Um noch mehr trainieren zu können, hat sie sogar ihre Arbeitszeit als Regierungsoberinspektorin reduziert

Und wofür sie auch so viel investiert. In einem Ausmaß, der schon an Grenzen stößt. „Das tägliche Ausdauertraining und der damit verbundene Lifestyle mit gesunder Ernährung ist sicherlich mitunter das Beste, was man für seinen Körper tun kann. Dass ein Wettkampf über einen so langen Zeitraum wie bei einer Langdistanz dafür nicht unbedingt gesund ist, versteht sich aber auch von selbst“, gibt sie zu. Deshalb bestreiten selbst gestandene Profis nur zwei oder drei solche Rennen im Jahr. Vernünftigerweise. Auch für Luisa Moroff dauerte dieser Prozess Jahre. „ Ich habe mir für mein Langdistanz-Debüt in Roth ganze vier Jahre Zeit gelassen und meine Trainingsumfänge kontinuierlich gesteigert. Ein effektives Training ist vor allem eines: langfristig angelegt.“ 2019 war es dann so weit.

Bilder aus Big Island haben sie gefesselt

Sich über einen so langen Zeitraum zu motivieren, ist nicht immer einfach. Dazu braucht es vor allem eines: ein großes Ziel am Ende. „Seit ich mit Triathlon begonnen habe, also seit 2015, träume ich schon diesen einen Traum von Hawaii“, sagt sie. Und das ununterbrochen. „Die Bilder aus Big Island und der damit verbundene Mythos haben mich gefesselt. Meine Erfolge, die ich glücklicherweise Jahr für Jahr erzielen konnte, haben mich immer wieder aufs Neue angespornt und in meinem Plan bestätigt.“ Dabei gab es speziell durch Coronaphasen, in denen ihr das alles auch schwer gefallen ist. „Insbesondere die fehlende Möglichkeit, über sechs Monate das Schwimmen nicht trainieren zu können, hat mich mental sehr gefordert.“ Hier hatten Profis und Kaderathleten eindeutig Vorteile, weil sie weiterhin ins Wasser durften. „Aber deswegen meinen Traum zu beenden, ohne ihn gelebt zu haben?“ Das kam für sie nicht in Frage. Ihre Antwort darauf: „Dreams cannot be cancelled. Mein tägliches Training hat mich weitergebracht. Tag für Tag, Schritt für Schritt.“

Arbeitszeit reduziert, um noch mehr trainieren zu können

Und dafür gehen täglich ein paar Stunden drauf. Unter der Woche weniger, am Wochenende und im Trainingslager deutlich mehr. Von kurzen Einheiten, wie der Fahrt mit dem Rad zur Arbeit in Stuttgart-Vaihingen, bis hin zu Ausfahrten über acht Stunden ist alles dabei. „Grundlagen sind für die Langdistanz das A und O“, betont sie. „Es ist schlichtweg nicht möglich, immer nur hart und intensiv zu trainieren, um seine Grenzen neu zu verschieben.“ Abwechslung tut not. Dafür hat sie sogar ihre Arbeitszeit als Regierungsoberinspektorin reduziert. Von 41 Stunden auf 34, also auf knapp 80 Prozent, verteilt auf fünf Tage. Damit an den langen Nachmittagen mehr Zeit fürs Radfahren bleibt. „Auch durch das Homeoffice bin ich da flexibler.“ Aktuell trainiert sie eher „old school“, vernachlässigt Puls- und Wattmessung fast komplett. „Das ermöglicht mir, meinen Körper besser verstehen und kennen zu lernen. Was bringt mir das Wissen, meine theoretisch mögliche Wattzahl nicht treten zu können, weil tagesaktuell nicht mehr geht?“ Deshalb hat sie inzwischen auch ihr Vorhaben, nach minutiösem Plan zu trainieren, wieder aufgegeben. „Weil das Korsett, in das ich mich dadurch gezwängt habe, nichts für mich ist. Es ist eben ein riesengroßer Unterschied, trainieren zu müssen oder trainieren zu können.“ Wenn sie sich platt fühlt, wird einfach ein Ruhetag eingelegt. „So bleibt der Spaß am Sport erhalten. Stress im Leben gibt es schließlich genug – dem will ich mich in meiner Freizeit nicht auch noch aussetzen.“

Keine Überlegungen, Profi zu werden

Als Profi hätte sie vielleicht andere Möglichkeiten. Und vor allem mehr Zeit. „Um diesen Schritt zu gehen, bedarf es allerdings weiterer Sponsoren“, gibt sie ehrlich zu. „Wobei ich mir aber auch fest vorgenommen habe, meine Arbeit für den Sport niemals ganz aufzugeben.“ Diesem Druck, permanent Leistung abliefern zu müssen, um davon leben zu können, will sie sich nicht aussetzen. „Ich bin da eher konservativ unterwegs. Auf zwei Beinen steht es sich besser als auf einem. Triathlon mache ich, weil es für mich der geilste Sport der Welt ist – und so lange ich Spaß daran habe.“

Weitere Sponsoren sind willkommen

Daran ändert auch nichts, dass ihr Hobby grundsätzlich teuer ist. „Alleine die Startgelder, zum Beispiel für Hawaii 1260 Euro, sind in den vergangenen Jahren exorbitant angestiegen“, weiß sie. Hinzu kommen Ausgaben für Reisen, Unterkünfte, Trainingslager und Material. „Glücklicherweise werde ich diesbezüglich bereits seit einigen Jahren von meinem österreichischen Team Mohrenwirt und auch einigen regionalen Unternehmen unterstützt.“ Mehr Sponsoren zu finden, ist für sie als Einzelsportlerin schwer. „Unterm Strich ist mein geliebter Sport daher für mich noch immer ein deutliches Drauflegergschäftle, wie man im Schwäbischen so schön sagt.“

Den Schwerpunkt in den vergangenen zwei Jahren aufs Radfahren gelegt und dabei ordentlich aufgeholt

Was sie nicht davon abhält, sich immer und kontinuierlich verbessern zu wollen. Als gelernte Mittel- und Langstrecklerin in der Jugend hatte sie nach ihrem Wechsel zum Triathlon erst einmal das Laufen als ihre Paradedisziplin auserkoren. Inzwischen hat sie in den anderen Disziplinen aufgeholt. „Der Schwerpunkt wurde in den vergangenen zwei Jahren ganz klar auf das Radfahren gelegt“, betont sie. „Hier konnte ich gegenüber meinen Konkurrentinnen ordentlich aufholen. Was aber auch auf Kosten des Laufens ging.“ Ihre Trainingsziele in der Hawaii-Vorbereitung lassen sich deshalb ganz leicht zusammenfassen; „Im Schwimmen weiter verbessern, dazu die Radleistung von 2021 und die Laufleistung von 2019.“ Dann kann Kona kommen. Im Detail sieht ihre Planung so aus, dass sie vor Hawaii keine Langdistanz mehr bestreiten und sich stattdessen auf zwei oder drei 70.3-Rennen über die Mitteldistanz konzentrieren wird.

Auf dem Weihnachtswunschzettel steht ein Paar neuer Laufschuhe

Was sehr vernünftig klingt. Und was danach kommt, darüber macht sie sich heute noch überhaupt keinen Kopf. Zumindest nicht für 2022. „Ich konnte mich als Altersklassen-Athletin für die WM auf Hawaii qualifizierten. Ob ich das später mit einer Profi-Lizenz noch einmal erreichen könnte, steht in den Sternen. Das Leben ist zu kurz für irgendwann. Ich freue mich ungemein auf diesen einen Tag im Oktober 2022.“

Doch jetzt kommt erst mal Weihnachten. Ihren größten Wunsch hat sie sich bereits im September erfüllt. Außerdem steht auf ihrem Zettel: „Natürlich Gesundheit – für mich, meine Familie und Freunde.“ Eine Verletzung wäre das Letzte, was sie jetzt gebrauchen kann. Und mit einem Schmunzeln: „Was ich mir auch noch wünsche, ist ein Paar neuer Laufschuhe. Meine alten sind alle abgelaufen.“