In seinen neuen Drohungen verwies Präsident Erdogan erneut auf die Mittelstreckenrakete Tayfun als mögliche Angriffswaffe gegen Griechenland. Foto:  

Die Spannungen zwischen den Nato-Partnern Türkei und Griechenland spitzen sich zu. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan droht dem Nachbarland wieder mit einem Raketenbeschuss. Deutschland versucht hinter den Kulissen zu vermitteln.

Erst vor zehn Tagen hatte der türkische Präsident Erdogan im Dauerstreit mit Griechenland gewarnt, türkische Raketen könnten „Athen treffen“. Jetzt wiederholt er seine Drohungen. „Legt euch nicht mit uns an“, sagte Erdogan am Wochenende in der südosttürkischen Stadt Mardin an die Adresse der Griechen. „Wenn sie sich weiterhin danebenbenehmen, werden wir plötzlich eines Nachts kommen“, so Erdogan. Er habe seine Mitarbeiter angewiesen, „alles Nötige zu tun“. Der Präsident verwies in diesem Zusammenhang erneut auf die türkische Mittelstreckenrakete Tayfun als mögliche Angriffswaffe gegen Griechenland. Am 11. Dezember hatte Erdogan in der Schwarzmeerstadt Samsun den Beginn der Serienproduktion der Rakete angekündigt. „Tayfun macht den Griechen Angst, sie fürchten, die Rakete werde Athen treffen“, sagte Erdogan in einer Rede. „Ja, sie wird Athen treffen, wenn sich die Griechen nicht ruhig verhalten“, drohte der Staatschef.

Reichweite von Mittelstreckenrakete soll erhöht werden

Jetzt kündigte Erdogan an, die Türkei werde die Reichweite der Mittelstreckenrakete von 560 auf 1000 Kilometer erhöhen. Die ballistische Rakete, die für den Angriff auf Bodenziele ausgelegt ist, könnte damit von Istanbul aus sogar Rom erreichen. Die Türkei hatte die selbst entwickelte Tayfun erstmals am 18. Oktober erfolgreich über dem Schwarzen Meer getestet.

Der griechische Außenminister Nikos Dendias zog vergangene Woche eine Parallele zwischen den Drohungen Erdogans und dem Raketenprogramm des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un. „Nordkoreanische Verhaltensweisen dürfen nicht in der Nato Einzug halten“, sagte Dendias.

Griechenland und Türkei sind seit Jahrzehnten verfeindet

Die beiden historisch verfeindeten Nato-Verbündeten Griechenland und Türkei streiten seit Jahrzehnten über die Hoheitsrechte und Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer sowie um den militärischen Status von zwei Dutzend griechischen Ägäisinseln. Bereits dreimal standen die Länder kurz vor einem militärischen Konflikt, zuletzt im Sommer 2020, als Ankara und Athen im Streit über Erdgasexplorationen ihre Kriegsflotten gefechtsbereit gegeneinander auffahren ließen. Die Nato und die Bundesregierung konnten damals einen Krieg in letzter Minute abwenden.

Auch jetzt bemüht sich Berlin um Vermittlung. Vergangene Woche gab es in Brüssel ein Geheimtreffen. Teilnehmer waren Ismail Kalin, der engste Berater Erdogans, Anna-Maria Boura, die diplomatische Chefberaterin des griechischen Premierministers Kyriakos Mitsotakis, und Jens Plötner, außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz. Plötner ist mit der Materie gut vertraut, er war von 2017 bis 2019 deutscher Botschafter in Griechenland. Bei dem Brüsseler Treffen, über dessen Verlauf nichts bekannt wurde, wollte die Bundesregierung offenbar sondieren, ob es die Möglichkeit neuer Gespräche zwischen Athen und Ankara gibt. Erdogan hatte im Frühjahr alle Kontakte zu Griechenland abgebrochen. Primer Mitsotakis existiere für ihn nicht mehr, sagte der türkische Staatschef damals.