Die Spanische Wegschnecke fühlt sich in deutschen Schrebergärten pudelwohl. Foto: imago//Ernst Weingartner

Die Spanische Wegschnecke breitet sich hierzulande immer weiter aus. Unter der steigenden Population der Schneckenart leiden jedoch nicht nur die Gärtner.

Nach üppigem Taufall oder einem Schauer gibt’s kein Halten mehr: Nacktschnecken kommen aus ihren schattigen Unterschlüpfen gekrochen und machen sich über mühsam Herangezogenes im Garten her. Erdbeeren, Sonnenblumen, Salat – überall lungern die schleimigen Tiere herum und fressen im Akkord. Oft dabei ist die Spanische Wegschnecke, eine invasive Art. Anders als der Name suggeriert, ist nicht sicher, woher sie ursprünglich stammt. Vermutlich aus Südwestfrankreich nahe den Pyrenäen. „Sie kommt mittlerweile überall in Deutschland vor, zumindest in der Nähe des Menschen, also Gärten und Hinterhöfen“, sagt Heike Reise vom Senckenberg-Museum für Naturkunde in Görlitz. Die Biologin ist sich sicher: „Wir werden sie nicht mehr los und müssen uns mit ihr arrangieren.“

Der Erfolg der Spanischen Wegschnecke habe mehrere Gründe. Lebensraum und Futterangebot sind günstig; Fressfeinde wie Vögel, Igel oder der Tigerschlegel – eine gestreifte Nacktschnecke – kommen gegen die Vielzahl der Individuen nicht an, um sie nachhaltig zu dezimieren. Derweil vermehrt sich die Spanische Schnecke effektiv, paart sich auch mit heimischen Wegschnecken und bringt Hybride hervor, die aussehen wie die angestammten Arten. Das verringert die Chance, dass eine heimische Variante bei der Paarung auf eine „echte“ Artgenossin trifft, die Zahl der Nachkommen sinkt, während Arion vulgaris immer mehr hervorbringt.

Spanische Wegschnecke verdängt einheimische Schnecken

Das hat, neben den Fraßschäden, noch weitere Folgen. In einzelnen Regionen hat die Spanische Wegschnecke die äußerlich ähnliche einheimische Rote Wegschnecke verdrängt. „Der Verdacht bestand bereits länger“, sagt Reise. „Für Görlitz und Umgebung haben wir das in einer Untersuchung klar belegen können.“ Binnen 20 Jahren hatten die Tiere im Stadtgebiet die ursprünglichen Vertreter verdrängt. Sie können auch der Flora gefährlich werden. In der Nähe von Görlitz wurde an verschiedenen Standorten versucht, zehn gefährdete Pflanzenarten wieder anzusiedeln. Die meisten Spezies schafften es aber nicht. Sie wurden von der Spanischen Wegschnecke gefressen, wie in den Publikationen der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz berichtet wird.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.warum-kommen-schnecken-nach-dem-regen-raus-mhsd.54bdba71-b424-44a7-9fb7-b0e2e33c9ba1.html

„Vor allem junge Pflanzen sind gefährdet“, sagt Reise. Im Garten, rät sie, sollte man Setzlinge entweder dort auspflanzen, wo es kaum Schnecken gibt, oder in den ersten Nächten einen Eimer überstülpen. „Größere Pflanzen sind widerstandsfähiger.“

Bekämpfung mit Eisen-III-Phosphat und Metaldehyd

Nimmt es überhand mit den Schnecken, helfe nur absammeln. Und mit reichlich sprudelnd kochendem Wasser übergießen. „Dann ist es schnell vorbei“, sagt Reise. Die Tiere in größerer Entfernung wieder freizulassen oder gar in den Wald zu werfen, sollte man tunlichst lassen. „Gerade bei invasiven Arten wie der Spanischen Wegschnecke wird so die Ausbreitung befördert, was die heimische Tier- und Pflanzenwelt schädigt.“

„Grundsätzlich sind zwei Wirkstoffe zugelassen, die auch in der gewerblichen Landwirtschaft verwendet werden“, sagt Bianka Zimmer vom Pflanzenschutzdienst im Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung in Frankfurt/Oder. Eisen-III-Phosphat führt zu Veränderungen an Kropf und Mitteldarm und bewirkt einen Fraßstopp. Metaldehyd schädigt die schleimbildenden Zellen. „Die Schnecke vertrocknet.“ Zusätzlich gibt es biologische Präparate, die Würmer der Gattung Phasmarhabditis hermaphrodita enthalten. „Sie dringen in die Atemöffnung der Schnecken ein, sondern ein Bakterium ab, das die Tiere schließlich tötet“, so Zimmer.

Kurzer Rasen um das Beet hält Schnecken fern

Eine prophylaktische Behandlung gebe es nicht, sagt Zimmer. „Es muss schon eine gewisse Schadschwelle überschritten sein, bevor die Mittel eingesetzt werden.“ Schließlich koste das Zeit und Arbeitskraft, in manchen Fällen ist auch nur eine bestimmte Anzahl an Behandlungen pro Jahr erlaubt.

Eisen-III-Phosphat ist grundsätzlich auch im Ökolandbau zugelassen, wobei die Anbauverbände teils abweichende Regeln haben. Bei „Naturland“ beispielsweise ist das chemische Mittel erlaubt, wie Sprecher Markus Fadl erklärt. „Wobei es professionelle Gärtner leichter haben als Kleingärtner.“

Um Schnecken fernzuhalten, rät Fadl: „Man kann einen 1,5 Meter breiten Streifen um das Beet abfräsen oder wenigstens den Rasen extrem kurz halten – das mögen Schnecken nicht.“ Oder Nützlinge befördern und beispielsweise Lesesteinhaufen anlegen. „Manche setzen auch Enten ein, die die Nacktschnecken fressen.“ Am besten sei es, so Fadl, auf „eine friedliche Koexistenz“ hinzuarbeiten.

Durch den Klimawandel sind in den vergangenen Jahren neben der Spanischen Wegschnecke noch weitere Arten eingewandert. Die Kantige Laubschnecke oder die Gefleckte Weinbergschnecke beispielsweise haben inzwischen große Teile Mittel- und Westeuropas erreicht. Die Weichtierforscherin Reise prognostiziert: „Die Zusammensetzung der Schnecken in unseren Gärten wird sich auf jeden Fall weiter verändern.“