Aamodt Kilde ist in der Abfahrt eine Klasse für sich. Foto: IMAGO/GEPA pictures/IMAGO/GEPA pictures/ Mario Buehner

Aleksander Aamodt Kilde schreibt auf der Streif in Kitzbühel nach harten Tagen Geschichte, während Beat Feuz einen emotionalen Abschied feiert.

Es gibt sie fast jedes Jahr, diese Heldengeschichten beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel. Tragische manchmal, weil Abfahrer im Fangzaun landen und sich schwer verletzen, aber eben auch viele schöne, emotionale. Und auch ganz besondere sind immer wieder dabei.

Alleine die Tatsache, dass Aleksander Aamodt Kilde die Abfahrt am Samstag gewonnen hat, ist noch keine große Überraschung. Für den Norweger war es bereits der siebte Saisonsieg, der fünfte in der Abfahrt. Er hatte auch in der vergangenen Saison in Kitzbühel gewonnen, allerdings damals das Freitagsrennen und nicht die noch ein bisschen wichtigere Hahnenkammabfahrt. Aber die Umstände, das, was Kilde in den Tagen davor erlebt hat, macht den Sieg dann doch zu einem ganz besonderen, ungewöhnlichen Ereignis. „Das ist sicher einer meiner größten Siege“, sagte er. „Wenn nicht der größte.“

Beim Abschlusstraining am Donnerstag war Kilde mit der rechten Hand in den Schnee geraten und hatte sich einen Bruch der Handwurzel zugezogen. Er habe zwar Schmerzen, ließ er wissen, aber das werde ihn nicht von einem Start bei den beiden Rennen am Freitag und Samstag abhalten. Bei der ersten Abfahrt wäre er dann beinahe in der Ausfahrt Traverse gestürzt. Eine gute halbe Stunde später musste Kilde dann auch noch zuschauen, wie sein Teamkollegen Henrik Røa über die Ziellinie flog, sich eine Wadenbeinfraktur zuzog und mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht wurde.

„Es waren harte Tage“, gibt Kilde zu. Am Freitagabend habe er noch nicht gewusst, wie er die Hahnenkammabfahrt angehen solle. Es habe „ein bisschen Chaos in meinem Kopf“ geherrscht. Am nächsten Morgen war die Sicherheit zurück, die Gewissheit, bereit zu sein für das vielleicht spektakulärste Skirennen der Welt. „Ich hatte einen Plan“ – und der ging voll auf. Am Ende war er knapp sieben Zehntelsekunden schneller als Johan Clarey. Der Franzose sicherte sich mit seinem zweiten Platz ebenfalls ein Kapitel im Buch der Skiheroen. Mit 42 Jahren ist er der älteste Athlet, der jemals im Weltcup auf dem Siegerpodest stand.

Die vielleicht noch emotionalere Geschichte als die von Kilde schrieb ein Athlet, der mit seinem Abschwung im Ziel in die Skirente ging. Beat Feuz hatte sich für sein Karriereende die Streif ausgesucht, jene Piste also, auf der er drei seiner 16 Weltcup-Siege geschafft hat. Genau genommen nahm der Schweizer seit seiner Ankündigung Ende Dezember bei jeder der verbliebenen Starts Abschied. Zuerst in Wengen, vor seinen Landsleuten, und nun in Kitzbühel. Das 217. und letzte Weltcup-Rennen seiner erfolgreichen Karriere war für ihn das reinste Vergnügen, trotz der widrigen Wetterbedingungen. „Ich konnte es schon genießen“, sagte Feuz. Romed Baumann gab zu, „beinahe eine kleine Träne im Auge“ gehabt zu haben, als der Schweizer abschwang. „Sportlich wie menschlich war er einer der Besten“, sagte der 37-Jährige, der als Achter bester Deutscher war und sich ganz gut präpariert sieht für den Saisonhöhepunkt, die Ski-WM in Courchevel/Méribel im Februar. Feuz dagegen ist nur noch froh, die Reisetasche endlich in die Ecke stellen zu können. „Und wenn ich die erst wieder im September aufmache, ist es auch okay.“ Dass er zum Abschluss einer Karriere nur auf dem 16. Platz landete, war nebensächlich: „Ich bin gesund im Ziel, das ist das Wichtigste“, sagte der Olympiasieger von 2022.

Das gelingt auf der Streif ja bekanntlich nicht immer allen. Am Samstag schieden acht Athleten aus, darunter Thomas Dreßen. Anders als der Österreicher Julian Schütter, der einen Kreuzbandriss erlitt, blieb der 29-Jährige vom SC Mittenwald unverletzt. Dreßen warf seinen Helm danach in den Schnee und schimpfte minutenlang vor sich hin, „weil du dich hingelegt hast und du einfach so ein Depp bist“, sagte er.

Ein bisschen später nahm er aber auch den Veranstalter und den internationalen Skiverband in die Kritik. Zum einen hätte man die Strecke verkürzen müssen angesichts des Schneefalls, meinte er. Zum anderen vermisste er in bestimmten Streckenabschnitten jene blaue Farbe, durch die unter anderem auf Bodenunebenheiten hingewiesen wird. Allerdings erwischte es Dreße n an einer Stelle, an der kein anderer Abfahrer Probleme hatte. Der Streif-Sieger von 2018 spielte in den Geschichten aus Kitzbühel dieses Mal nur eine Nebenrolle.