Im Bad der Farben, Emotionen und Melodien: Die Hanke Brothers präsentieren ihre Reise um die Welt. Foto: Stefanie Schlecht

Eine Menge Applaus in Sindelfingen: In ihrer Komposition „Seven Continents“ rauscht die Gruppe Hanke Brothers mit dem Komponisten Aleksey Igudesman in 100 Minuten musikalisch durch die Welt.

In 80 Tagen um die Welt – so heißt ein berühmter Roman von Jules Verne. Er steckt voller abstruser Abenteuer. In Anlehnung an den literarischen Titel haben die Sindelfinger Hanke Brothers jetzt ein neues Projekt realisiert, das in der Sindelfinger Stadthalle seine frenetisch beklatscht Premiere feierte: „Seven Continents“ – in 80 Minuten um die Welt. Nun, am Ende waren es etwa 100 Minuten, aber abenteuerlich und unterhaltsam war’s allemal. Den Hanke Brothers zur Seite stand der Komponist Aleksey Igudesman. Musik, flirrende Klänge und suggestive Geräusche waren dessen Grundmaterial.

Der gebürtige Sankt Petersburger ist Geiger und Komponist und hat sich einen Namen gemacht im Bereich Filmmusik, Musik-Comedy und Cross-over. Wie aber bringt man sieben verschiedene Kontinente klingend auf die Bühne? Die Sindelfinger Musik-Eigengewächse haben sich hierzu auch den Regisseur Thomas Doppler an die Seite geholt und bieten auf der Bühne eine äußerst unterhaltsame Musikshow, die nicht überdreht ist. Da ist ein argentinischer Tango ebenso dabei wie ein Wiener Walzer oder Zigeuner-Csardas und ein Pas de deux. Gemeinsam kreiert haben sie diese Uraufführung mit den beiden Technikern Chris Bollinger (Ton) und Licht (Fabian Balle).

Für die Zuschauer gibt’s Emotionen satt

Quasi im Zeitraffer rauscht der musikalische D-Zug temporeich durch die Stadthalle. Die Pausen sind kurz. Und die Zuschauer sind offensichtlich auch bereit, sich den beabsichtigten Emotionen hinzugeben.

In der Arktis ist alles gefroren oder äußerst langsam. Die Mischung aus Geräuschen und Klangfarben, die aus Livemusik und Elektronik raffiniert gemischt werden, verkörpert das Spektrum scheinbarer Bewegungslosigkeit bis hin zu einem eisigen Wind. Erfrorene Klänge dominieren.

Keine Angst, Grenzen zu überschreiten

Noch besser zuzuordnen ist der musikalische Überflug über Asien. Musikalische Gewürze in Form von typischer Pentatonik werden gemischt mit beschwörenden Flötenklängen und raffinierter Perkussion. Spätestens hier wird augenfällig, dass die vier Musiker keine Angst vor Grenzüberschreitungen haben, dass sie eine scheinbar unbändige Fantasie haben, Musik und Geräusch kreativ zu mischen, und dass alle auf mehreren Instrumenten mehr als zu Hause sind: Tuba, Geige, Flöte, Klavier und Perkussion.

Australisches Didgeridoo und gregorianische Gesänge

Ehe man sich versieht, kommt ein Kontinent, der als solcher kaum in unserem Bewusstsein ist: Australien, dessen Bewohnerursprünglich vor allem aus Europa stammen. Aber es gibt auch die Aborigines. Zunächst erklingt die tiefe Tuba und man wähnt sich auf einem Dampfer vor der Hafeneinfahrt von Sydney. Aber weit gefehlt, es gibt das tief timbrierte Didgeridoo.

Auch beim Zwischenstopp in Europa fasziniert wiederum die malerische Klangkulisse, untermalt durch raffinierte Lichtspektakel, aus den sich heraus Stimmungen entwickeln, denen immer wieder bekannte Melodien entwachsen: gregorianische Chorgesänge, impressionistische Evergreens, französische Chansons, Volkslieder und Griegs unnachahmliche Morgenstimmung. Natürlich darf auch eine Reminiszenz an Johann Sebastian Bach nicht fehlen.

Rhythmen aus Afrika

Ganz anders ist die Musiksprache in Afrika. Jetzt realisieren die Hanke Brothers wirkungsvoll nächtliche Dschungel-Stimmungen, lassen Perkussionsklangfarben durch den Raum schweben und trommeln sich nahezu in einen Rausch, um die geheimnisvollen Rhythmen dieses Kontinents zum Leben zu erwecken. Hier hätte an sich auch der Blues hingehört, der seine Wurzeln in Afrika hat, aber erst in den USA populär wurde.

Akustisch suggestiv werden die großen Weiten der faszinierenden amerikanischen Landschaften vor Augen geführt. Aber dann erklingen auch die Elemente amerikanischer Musikkultur, die dieser Kontinent uns vererbt hat: Blues, schwere Rockrhythmen, aber auch so köstliche Stücke wie der Yankee Doodle, der bei den amerikanischen Unabhängigkeitskriegen eine große Rolle gespielt hat. Die damals noch anwesenden Engländer machten sich mit diesem Song über die ungebildeten Amerikaner lustig.

Zum Schluss gibt es Tango, Samba und Flötenklänge

Äußerst farbig geht es dann zum Schluss zu, wenn Südamerika klanglich vor Augen geführt wird. Indianische Flötenklänge drängen sich verführerisch ins Ohr und unnachahmliche Rhythmen wie der argentinische Tango oder die brasilianischen Samba und Rumba lassen grüßen.

An dieser Stelle äußerten sich viele enttäuscht, dass die musikalische Weltreise zu Ende geht. Donnernder Applaus verlangte eine Zugabe. Aus 100 Minuten wurden knapp zehn, in denen die wesentlichen Elemente noch mal amalgamiert wurden.