Eine Folge des Kriegs: Die Inflation, von der viele Bürger persönlich betroffen sind Foto: dpa/Monika Skolimowska

Russlands Krieg in der Ukraine und dessen Folgen belasten die Deutschen laut einer repräsentativen Umfrage stark. Auch wächst die Angst, selbst in militärische Konflikte hineingezogen werden zu können.

Was bereitet den Deutschen die größten Sorgen? Mehr als 80 Prozent der Deutschen nennen in einer Umfrage die Inflation und den Krieg in der Ukraine. Besonders stark gestiegen ist die Angst, dass Deutschland in militärische Konflikte gezogen werden könnte. Davor fürchten sich 63 Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es noch 37 Prozent.

Das sind zentrale Ergebnisse des „Sicherheitsreports 2023“, den das Meinungsforschungsinstitut Allensbach am Dienstag mit dem Centrum für Strategie und Höhere Führung vorgestellt hat. Die repräsentative Umfrage zeigt, dass noch weitere Entwicklungen mehr als die Hälfte der Bevölkerung beunruhigen: darunter die Sorge vor einem erneuten Flüchtlingsandrang, aber auch die Angst, dass man im Krankheitsfall medizinisch nicht gut versorgt werden könnte.

57 Prozent der Befragten geben zudem an, sie machten sich große Sorgen über den zunehmenden Unterschied zwischen Arm und Reich. Der Klimawandel und die Angst, die Energieversorgung könne nicht mehr gesichert sein, beschäftigt zwar mehr als jeden Zweiten in Deutschland – die Sorgen wegen des Krieges und der Inflation sind aber deutlich stärker. Die Corona-Pandemie spielt, was die Ängste der Deutschen angeht, nur noch eine eher untergeordnete Rolle.

Renate Köcher, Geschäftsführerin des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, sagte bei der Vorstellung des Reports, man müsse zwischen generellen Sorgen und der Frage, wie stark der einzelne Bürger sich persönlich bedroht fühle, unterscheiden. Letzteres sei gerade bei der Inflation der Fall – und eben auch bei der Frage militärischer Auseinandersetzungen. „Das haben wir Jahrzehnte nicht gehabt“, sagte sie. So fühlten sich 2021 lediglich 10 Prozent der Bevölkerung durch Krieg und militärische Auseinandersetzungen, in die Deutschland verwickelt ist, persönlich bedroht, ein Jahr später waren es 21 Prozent. Anfang des Jahres 2023 sind es nun 47 Prozent, die sich auch persönlich bedroht fühlen.

Uneinigkeit in Bezug auf Nato-Verpflichtung

Vor dem Hintergrund der weltpolitischen Lage wurde in der Umfrage auch ausdrücklich nach dem Umgang mit der Nato-Bündnispflicht gefragt. Das Ergebnis ist zwiegespalten: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, die Nato sei wichtig und Deutschlands Mitgliedschaft im Militärbündnis richtig. Doch nur 45 Prozent befürworten es, dass Deutschland gemäß Artikel Fünf des Nato-Bündnisvertrags im Ernstfall zur Verteidigung eines anderen Nato-Mitgliedsstaats beiträgt – auch mit Waffengewalt. 35 Prozent sagen, Deutschland solle sich in diesem Fall heraushalten, weitere 20 Prozent sind unentschieden.

Hier gibt es Unterschiede zwischen Ost und West. Während sich 48 Prozent der Deutschen im Westen in so einem Fall für eine Beteiligung am Militäreinsatz aussprechen, sind es im Osten nur 30 Prozent. Ebenso fällt der Blick auf die Vereinigten Staaten als einen der wichtigsten Bündnispartner unterschiedlich aus: In Westdeutschland hält jeder zweite die Großmacht für einen verlässlichen Bündnispartner, in den neuen Bundesländern nur etwas mehr als ein Viertel (26 Prozent).

Noch immer Unterschiede zwischen Ost und West

Auch im Blick auf Russland gibt es Unterschiede. Im Westen sagen 84 Prozent der Menschen, sie sähen Russland als größte Gefahr für den Weltfrieden. Im Osten sind 73 Prozent dieser Auffassung – 10 Prozentpunkte weniger also. Für Gesamtdeutschland liegt der Wert bei 82 Prozent. Das ist angesichts der aktuellen Lage verständlich, aber auch bemerkenswert. Vor zwei Jahren hielten nur 32 Prozent Russland für die größte Gefahr.

Noch etwas zeigt der Report sehr klar: Die Diskussion über die Ausstattung der Bundeswehr sowie über Deutschlands Verteidigungsfähigkeit hat sich verändert. Aktuell sprechen sich etwa zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) dafür aus, dass der Staat hier mehr investieren soll. Klaus Schweinsberg, Gründer des Centrums für Strategie und Höhere Führung, sagte, dass die Bevölkerung aktiv für mehr Investitionen in Verteidigung und bessere Ausstattung der Bundeswehr plädiere, habe es lange nicht gegeben.