Kompetenzgerangel: BKA-Frau Holly Valentin (Elisa Schlott) und LKA-Mann Gabriel Bach (Jürgen Vogel) Foto: NDR

Zuerst auf Arte, dann in der ARD: In der spannenden TV-Serie „Informant – Angst über der Stadt“ spielt Jürgen Vogel einen Hamburger LKA-Kommissar, der einen Anschlag auf die Elbphilharmonie verhindern will – aber von seiner dunklen Vergangenheit eingeholt wird.

Der LKA-Kommissar Gabriel Bach (Jürgen Vogel) gilt als ausgebrannt und hätte den Rest seiner Dienstzeit wohl auf dem Abstellgleis verbracht, wenn es nicht zu einer extremen Gefahrenlage gekommen wäre: Ein für diverse Anschläge verantwortlicher islamistischer Terrorist war zuletzt mehrfach in Hamburg. Die Behörden müssen davon ausgehen, dass auch in der Hansestadt demnächst eine Bombe explodieren wird, und kaum ein Ort wäre als Anschlagsziel symbolträchtiger als die Elbphilharmonie.

„Informant“: Eine Ecstasy-Pille zuviel

Um nähere Informationen zu bekommen, soll Bach jemanden in die muslimische Szene einschleusen. Dass es ausgerechnet Raza Shaheen (Ivar Wafaei) trifft, ist eine bittere Ironie des Schicksals. Der junge Mann mit den afghanischen Wurzeln ist vorbildlich integriert, er unterrichtet Deutsch für Flüchtlinge an der Volkshochschule. Seine Freundin Sadia (Bayan Layla) träumt von einem eigenen Laden, hat aber keine gültigen Papiere. Der Absturz des Paars beginnt, als sie im Club eine Ecstasy-Pille zu viel einwirft und er im Krankenhaus verhaftet wird. Sadias Status macht Raza erpressbar, außerdem ist er Mitglied eines Kampfsportclubs, in dem sich finstere Burschen tummeln; das macht ihn zum idealen Kandidaten für Bach.

Ivar Wafaei als Raza (li.), Jürgen Vogel als Gabriel Bach (Mitte), Elisa Schlott als Holly Valentin (re.) Foto: NDR Presse und Information

„Informant – Angst über der Stadt“ basiert auf der britischen Serie „Informer“ (2018, BBC). Matthias Glasner (Buch und Regie) hat die Drehbücher geschickt auf hiesige Verhältnisse übertragen, und das gilt nicht nur für das typisch deutsche Kompetenzgerangel zwischen LKA, BKA und BND. Auch der Schauplatz Hamburg ist gut gewählt; allein die Szenen in der voll besetzten Elbphilharmonie, in der am Abend des mutmaßlichen Anschlags Panik ausbricht, als ein Schuss fällt, sind spektakulär. Mit diesem Ereignis sowie den Befragungen der Beteiligten im Rahmen eines Untersuchungsausschusses beginnt jede der sechs Episoden; dann folgt ein Countdown („9 Tage bis zum Anschlag“).

Der besondere Reiz liegt in der Kombination aus Thriller und Drama, denn Glasner, der seit dreißig Jahren mit Jürgen Vogel zusammenarbeitet, konzentriert sich im Wesentlichen auf den Strudel, in den die Beteiligten geraten: Die Entwicklung, die Bach und die junge BKA-Kollegin Holly Valentin (Elisa Schlott) angestoßen haben, nimmt eine fatale Eigendynamik an. Die interessantesten Figuren sind dabei der von Vogel am Rande des psychischen Wracks verkörperte Kommissar, der vor Jahren als verdeckter Ermittler Charlie in der Neonaziszene gearbeitet hat und nun von seiner Vergangenheit eingeholt wird, sowie der unbescholtene Raza, der wider Erwarten zunehmend Gefallen an seiner neuen Rolle findet, allerdings unbeabsichtigt beinahe auch zum Mörder wird.

„Informant“: Wer ist Gabriel wirklich?

Dank Elisa Schlott ist die ehrgeizige BKA-Frau weit mehr als bloß ein junges blondes Ding an der Seite des erfahrenen Kollegen, Claudia Michelsen holt eine Menge aus ihrer Rolle als Polizistengattin; Gabriela Maria Schmeide ist als mütterliche Chefin ebenfalls treffend besetzt. Trotzdem sind die männlichen Figuren facettenreicher, vor allem aber Bach, den seine Frau für einen Avatar hält, weil lange offen bleibt, wer eigentlich der echte Gabriel ist: das finstere Nazi-Alter-Ego oder der Kommissar.

Informant – Angst über der Stadt: Jeweils drei Folgen 10., 11. Oktober, 20.15 Uhr, Arte; 16., 17. Oktober, 20.15 Uhr, ARD. In der Mediathek von Arte und ARD ab 10. und 11. Oktober.