Die Kliniken sind derzeit „an der Belastungsgrenze“. Foto: dpa//Waltraud Grubitzsch

Es kommen mehr Patienten als üblich, dazu sind viele Mitarbeiter krank oder im Urlaub. Die Lage weckt Sorgen vor dem Herbst.

Die Krankenhäuser ächzen unter der Corona-Sommerwelle. Das habe aber nur zum Teil mit den Covid-Patienten zu tun, sagt der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Schwerer wögen Personalausfälle durch Quarantäne und Erkrankung. Acht bis zehn Prozent des Klinikpersonals seien derzeit krank – etwa doppelt so viel wie im Sommer üblich. „Das führt dazu, dass Krankenhäuser immer wieder Bereiche abmelden und Operationen verschieben müssen“, so Gaß.

Die Zahl der mit Coronainfektion neu ins Krankenhaus eingewiesenen Patienten liegt derzeit mit knapp sieben Menschen je 100 000 Einwohner mehr als zwölfmal so hoch wie vor einem Jahr (0,5), die der Covid-Intensivpatienten ist mit knapp 1500 etwa viermal so hoch. Etwa 800 Intensivstationen melden derzeit einen nur eingeschränkten Betrieb, rund 370 arbeiten regulär. Zuletzt sanken die Werte leicht, ähnlich wie die bestätigten Neuinfektionen. In Nöte kommen die Kliniken aber vor allem, weil die Sommerwelle auch das Personal erfasst. Zudem sind viele ferienbedingt im Urlaub.

„An der Belastungsgrenze“

Aus diesen Gründen lägen Notaufnahmen und Normalstationen „an der Belastungsgrenze“, heißt es aus den Medius-Kliniken im Kreis Esslingen. Unter anderem im Marienhospital in Stuttgart und im Klinikverbund Südwest mussten oder müssen wegen Personalmangels Betten auf den Normalstationen leer bleiben. Das Klinikum Stuttgart meldet, dass planbare und weniger dringliche Operationen verschoben würden.

Zu den Coronapatienten kämen in der Notaufnahme akute hitzebedingte Erkrankungen, heißt es aus mehreren Häusern. An der Filderstädter Filderklinik ist die Notaufnahme „stark überlastet, vor allem weil die Notaufnahmen anderer Kliniken bisweilen abgemeldet waren“, so eine Sprecherin. Die Situation sei „dauerhaft so nicht tragbar“, sagt eine Sprecherin der Alb-Fils-Kliniken.

Fünf Tage nach der Infektion wieder zur Arbeit

Die Probleme zeichnen sich seit Wochen ab. Baden-Württemberg hat daher vor einer Woche die Quarantäneregeln für Klinikpersonal gelockert. Am sechsten Tag nach einem positiven PCR-Test dürfen Mitarbeiter wieder arbeiten. Einzelne Krankenhäuser im Land machen davon bereits Gebrauch. Das Sozialministerium hat dazu keine Zahlen. Man gehe davon aus, dass das „nur der allerletzte Ausweg ist, um die Versorgung aufrechtzuerhalten“, so ein Sprecher.

Angesichts der verglichen mit den ersten Pandemiesommern dramatischen Lage sorgen sich viele Klinikchefs vor dem Herbst. „Wer sich jetzt ansteckt, ist nur paar ein Wochen gegen eine neuerliche Infektion immun“, sagt der Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses, Mark Dominik Alscher. Hinzu komme ein erhöhtes Ansteckungsrisiko in Innenräumen. „Ich vermute, dass wir diesen Herbst deutlich mehr Probleme haben werden als im Vorjahr“, so Alscher.